Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Lücke im Damm gespült wurde, wandte er sich auf der Kommandobrücke der Santa Rita zu Zhou um. »Er will den Pegelstand verringern, um uns lahmzulegen. Wir müssen sofort in die Schleuse einfahren.«
Zhou sagte nichts. Er hatte keinerlei Kontrolle über die Schleusentore und war überrascht, als sie sich einen Moment später wie auf Kommando öffneten. Der chinesische Frachter kroch langsam vorwärts und tastete sich in die Schleusenkammer, während Leinen an den kleinen Lokomotiven auf dem Kai befestigt wurden.
Als regelmäßiger Benutzer des Kanals und seiner Schleusen erkannte Bolcke sofort, dass etwas nicht so war wie sonst. Das Hauptdeck des Frachters befand sich deutlich unterhalb der Oberkante des Schleusenkais. Das durfte eigentlich erst der Fall sein, wenn sich die Schleusenkammer geleert hatte. Der Pegel war bereits erheblich gesunken und einige Meter niedriger als normal.
Mit wenigen schnellen Schritten war er am Funkgerät und brüllte ins Mikrofon. »Hallo, Schleusenzentrale, hier ist die Santa Rita . Schließen Sie sofort die Tore hinter uns. Ich wiederhole, Tore sofort hinter uns schließen!«
Im Schleusenhaus der Miraflores-Schleusen wurde Bolckes Forderung jedoch ignoriert. Das Personal war damit beschäftigt herauszufinden, was am Überlauf geschehen war. Jemand hatte in der Nähe die Sea Splendour ein Schleppboot gesehen, aber niemand hatte etwas Ungewöhnliches bemerkt, bis der Lastkahn über den Damm geschwemmt wurde. Der Sicherheitsdienst der Schleusen wurde sofort alarmiert, und dann setzte man Boote in Marsch, um beide Seiten des Damms zu inspizieren.
Ein schwarz-weißes Motorboot kam Pitt entgegen, als er in Richtung Schleusen fuhr.
Ehe ihn einer der Wachmänner fragen konnte, stoppte Pitt sein Boot und rief: »Ein kleines Schiff ist außer Kontrolle geraten und durch den Damm gebrochen. Es hatte zahlreiche Passagiere an Bord. Sie müssen nach Überlebenden suchen. Ich fahre zur Schleuse, um zusätzliche Hilfe zu holen.«
Der Führer des Wachboots kaufte Pitt seine Geschichte ab und gab Befehl, den Vorfall zu untersuchen. Erst später würde er der Frage nachgehen, was Pitt auf einem Schlepper der Kanalverwaltung zu suchen hatte.
Pitt setzte die Schlepperfahrt mit voller Kraft fort und gewahrte in einiger Entfernung ein graues Schiff, das darauf wartete, vom anderen Ende in die südliche Schleusenkammer gewunken zu werden. Er steuerte weiter auf die nördliche Kammer zu, um der Santa Rita zu folgen, und stellte fest, dass sich der schmale See weitaus schneller leerte, als er erwartet hatte. Die Öffnung eines Zuflussrohrs, durch das bei ordnungsgemäßem Betrieb Wasser aus dem See in die Schleusenkammer strömte, war über der Wasseroberfläche zunehmend deutlicher zu erkennen.
Zu seiner großen Erleichterung standen die Schleusentore noch offen, also konnte er das Schleppboot hinter der Santa Rita in die Kammer manövrieren. Dort war noch deutlicher zu erkennen, wie viel Wasser bereits abgeflossen war. Die Santa Rita lag tief in der Kammer, und ihr Hauptdeck lag mindestens sieben Meter unterhalb des Kais.
Aber das reichte nicht ganz. Die Santa Rita befand sich im Transit zum Pazifik und würde um insgesamt neun Meter abgesenkt werden, ehe sie die Kammer verlassen konnte. Der Wasserpegel müsste deutlich darunterliegen, um ihre Weiterfahrt zu verhindern.
»Die Schleusenzentrale ruft Hilfsschlepper 16, bitte geben Sie Meldung über Ihre Aktivitäten«, drang eine Stimme aus dem Lautsprecher des Funkgeräts.
Pitt griff nach dem Mikrofon. »Hallo, Schleusenzentrale, hier ist der Sicherheitsdienst. Ich überprüfe die Tore der nördlichen Kammer auf mögliche Schäden.«
Bolcke brauchte nicht lange, um sich einzuschalten. »Hallo, Schleusenzentrale, der Führer des Schleppers ist ein Betrüger. Er ist selbst für die Schäden am Damm verantwortlich. Verhaften Sie ihn augenblicklich.«
Pitt schaltete das Funkgerät aus, da er wusste, dass seine Scharade beendet war. Alles, was er jetzt noch tun konnte, war, mit dem Schleppboot die Tore zu blockieren, so dass sie nicht geschlossen wurden – und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass er dabei nicht den Tod fand. Voraus erschien eine Handvoll Männer auf dem Deck der Santa Rita und ging an der Seiten- und der Heckreling in Stellung. Außerhalb von Pitts Gesichtsfeld verließ ein Kontingent Wachmänner der Kanalverwaltung das Schleusenhaus und näherte sich im Laufschritt dem Schleppboot.
In ein paar hundert Metern Entfernung gaben die
Weitere Kostenlose Bücher