Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Lebens, und um seine Lippen spielte ein amüsiertes Grinsen. Und dann waren da noch diese verwirrend grünen Augen, in denen eine wache Intelligenz funkelte.
»Danke für die Rettung«, sagte Pitt. »Sie haben uns damit ein längeres Bad in diesen idyllischen Gewässern erspart. Jetzt müssen wir nicht an Land schwimmen.«
»Ich habe beobachtet, wie Sie mit Ihrer Nussschale den Frachter attackiert haben«, sagte Franco. »Weshalb so eine Selbstmordaktion?«
»Um das Ruder herumzuwerfen.« Pitts Blick wanderte zum demolierten Heck des Kreuzfahrtschiffes. »Schätze, ich hab’s nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
Der Kapitän erbleichte. »Du lieber Himmel, natürlich! Sie waren es, der den Frachter im letzten Augenblick von seinem Kurs abgebracht hat!«
Er ergriff Pitts Hand und schüttelte sie, bis seinem Schutzengel fast der Arm abfiel. »Sie haben mein Schiff und einige hundert Menschenleben gerettet. Wir hatten keine Zeit für ein Ausweichmanöver – dieser Idiot hätte uns völlig zertrümmert.«
»Er ist über ein Segelboot hinweggerauscht und hätte uns beinahe auch noch erwischt.«
»Das müssen doch Wahnsinnige sein! Sie haben unsere Funkrufe ignoriert und sind einfach weitergefahren. Sehen Sie, jetzt sind sie auf Grund gelaufen.«
»Die Brückenmannschaft muss völlig unfähig sein«, sagte Pitt.
»Das ist sie ganz sicher, wenn ich mit ihr fertig bin.«
Die Barkasse nahm mit dem Kurs auf das gestrandete Schiff Fahrt auf, wobei sie einen gebührenden Abstand zu der immer noch rotierenden Schraube des Frachters hielt. Eine Schar von Neugierigen hatte sich am Strand versammelt und gaffte, während fernes Sirenengeheul das baldige Eintreffen der Polizei aus Valparaiso ankündigte.
Das Schiff lag mit nur geringer Schlagseite nach Steuerbord aufrecht am Strand. An Deck rührte sich nichts. Ein langes Förderband hing an der Rumpfseite wie eine beschädigte Gliedmaße herab und reichte fast bis zum Wasser. Gewöhnlich wurde es benutzt, um die Laderäume des Frachters zu füllen oder seine Ladung zu löschen. Durch die Kollision mit der Sea Splendour war das Förderband aus seiner Verankerung gerissen worden. Franco erkannte darin eine Möglichkeit, an Bord zu kommen, und befahl, die Barkasse so nahe wie möglich heranzumanövrieren.
Die Tragekonstruktion des Förderbandes reichte fast bis in Deckshöhe der Barkasse herab. Ein Matrose erhielt den Befehl hinaufzuklettern, um ihre Tragkraft zu testen. Der Mann machte ein paar vorsichtige Schritte, dann drehte er sich um und gab dem Kapitän mit dem Daumen das Okay-Zeichen. Er kletterte auf dem schweren Förderband weiter nach oben, überquerte die Reling und sprang auf das Schiffsdeck. Kapitän Franco kam als Nächster und tastete sich auf dem mit Gesteinsstaub bedeckten Band aufwärts. Dabei achtete er derart konzentriert darauf, wohin er seine Füße setzte, dass er nicht bemerkte, dass Pitt ihm mit nur wenigen Schritten Abstand folgte.
Franco erreichte das Ende des Förderbandes, wo ihn der Matrose bereits erwartete, um ihm beim Übersteigen der Reling behilflich zu sein. Er erschrak, als Pitt vom Förderband sprang und neben ihm landete. Sichtlich verärgert, dass Pitt ebenfalls an Bord geklettert war, wollte Franco ihn deshalb zurechtweisen, aber Pitt ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
»Wir sollten lieber zuerst die Maschinen stilllegen.« Pitt drängte sich an Franco vorbei und schlug den Weg zur Kommandobrücke ein.
Franco wandte sich an den Matrosen. »Durchsuchen Sie das Deck und die Mannschaftsquartiere, danach kommen Sie zu mir auf die Kommandobrücke.« Er machte kehrt und beeilte sich, Pitt einzuholen.
Die Kommandobrücke saß auf einem mehrstöckigen Aufbau in Hecknähe. Während er nach achtern ging, betrachtete Pitt die großen Abdeckungen auf den fünf Hauptladeräumen des Schiffes. Die letzte stand halb offen. Jede Abdeckung bestand aus zwei Klappen, die hydraulisch geöffnet und geschlossen werden konnten. Als Pitt sich den Laderaumdeckeln direkt vor dem Decksaufbau näherte, konnte er einen Blick durch den Spalt werfen. Der Laderaum war bis auf eine kleine Planierraupe, die mit einer dünnen Schicht silbern glänzenden Staubs bedeckt war, vollkommen leer. Pitt vermutete, dass die vorderen Laderäume noch gefüllt waren, womit sich wahrscheinlich das hochstehende Heck des Frachters erklären ließ. Als er auch auf dem Deck Reste silbernen Gesteins entdeckte, hob er einen größeren Brocken auf, steckte ihn in die Tasche
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