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Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Unterholz: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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grimmig. »Diesmal muss sie Spuren hinterlassen haben.«
    Dann stürmten alle los.

56
Ja, unterstreiche es nur, automatische Rechtschreibprüfung!
Ich schreibe es trotzdem, auf gut Bayrisch, so hin:
Untahoiz!
Mich untahoiz jedenfalls.
1. Platz
    Natürlich gab es einen Ausweg. Sie war schon durch ganz andere Schlupflöcher geschlüpft. Mit kräftigen Schritten eilte sie bergaufwärts. Sie musste nur zu einer bestimmten Stelle auf dem Wolzmüller-Gelände gelangen. Wenn sie die erreicht hatte, dann konnte sie die Verfolger endgültig abschütteln. Genaue Recherchen lohnten sich immer. Goldene Regel: Wo du auch hinkommst, sieh dir zuerst die Fluchtwege an. Wenn du nicht mindestens drei Fluchtwege gefunden hast, verlasse den Ort schleunigst.

    Mitten durch das Gelände der Alm führte eine mit Gräsern und Farnen zugewucherte Holzriese. Die älteren unter den Einheimischen wussten mit diesem Begriff noch etwas anzufangen, mancher Förster oder Jäger war auch schon einmal fluchend über die meterbreite Rinne gestolpert. Die Holzriesen waren einst angelegt worden, um die im Hochwald gefällten Baumstämme nach unten zu transportieren, zu einem See, zu einem Fluss oder gleich zum Sägewerk. So gab es in waldreichen und bergigen Gebieten viele dieser Riesen, Rutschen, Huschen, Laaßen, Ploßen oder Swenden – je nachdem, wo. Auch der nahe gelegene Riessersee hatte seinen Namen daher. Natürlich waren diese Rutschen schon seit langem nicht mehr in Betrieb. Das einstmals sorgfältig gebeizte Schalholz faulte langsam weg, die Gräben waren zugewachsen, man bemerkte sie erst auf den zweiten Blick, hielt sie zunächst für ausgetrocknete Bachläufe. Ganz anders lag der Fall auf der Wolzmüller-Alm. Da hatte es noch bis vor vierzig Jahren einen dichten Zirbel- und Lärchenbestand gegeben, und mancher, der zum Beispiel in diesem Augenblick ein gebundenes Buch in Händen hält, der kann sich nicht sicher sein, ob das chlorfrei gebleichte Papier nicht genau aus diesen Beständen stammt. Er kann so den Niedergang der Wolzmüller-Alm zweifach miterleben, einmal im übertragenen, einmal im wörtlichen Sinne.

    Der Äbtissin waren diese hölzernen Kanalisationswege schon am Tag ihrer Ankunft aufgefallen, und sie waren ihr von Anfang an sympathisch gewesen. Sie war spezialisiert auf potentielle Fluchtwege. So hat jeder seine Obsession. Der Bürger sucht Glück, der Philosoph Wahrheit, der Auftragskiller Fluchtwege. Die Äbtissin hatte sich umgesehen im Gelände, sie war auf mehrere solcher Kanäle gestoßen, hatte dann einen uralten, halbblinden und fast tauben Schwammerlsucher danach gefragt. Der Heinzlinger Blasi hatte ihr den Begriff genannt. Sie hatte im Internet nachgeschlagen, und auf der Webseite eines werdenfelserischen Heimatpflegers hatte sie sogar das weitverzweigte Netz von bekannten Holzriesen im Talkessel gefunden. Die meisten führten zur Loisach, einige zum Pflegersee oder in die entgegengesetzte Richtung, hinüber nach Österreich, ins unergründliche Dickicht Tirols.

    Die Äbtissin war inzwischen am Hauptgebäude der Alm angekommen. Es wimmelte von rotweißen Polizeiabsperrungen, es befanden sich jedoch offensichtlich keine Spurensicherer mehr auf dem Gelände. Sie sah sich um. Sie wusste, dass ein paar hundert Meter hinter ihr die Polizistenmeute heranstürmte, vielleicht waren es vier, vielleicht auch fünf verschwitzte Helden für die gerechte Sache. Sie musste sich beeilen. Während des Laufens hatte sie einen Plan gefasst. Auch der frei stehende Holzstapel war ihr schon am ersten Tag aufgefallen. Sie löste das Brett, das die Stämme hielt, und sofort polterten die Zirbel- und Lärchenhölzer mit einem dumpfen, archaischen Grunzen auseinander. Manche der Stämme blieben gleich wieder liegen, andere fanden den Weg zum Abhang. Durch das Getöse wussten die Polizisten zwar jetzt, wo sie sich befand, aber was auf sie zukam, das wussten sie nicht.

    Jennerwein hatte es sich nicht nehmen lassen, mitzukommen. Das Blut, das aus seinen Schnittwunden tropfte, markierte den Weg. Mit schnellem Schritt ging es voran. Er hielt das Tempo der anderen, die unverletzt waren.
    »Gehts Ihnen gut, Hubertus?«, rief ihm Maria zu.
    »Fragen Sie mich das bitte erst wieder, wenn wir diese Frau gefasst haben.«
    Maria schwieg. Ja, so war er eben, dieser Hubertus Jennerwein: vielleicht ebenfalls so eine Art von Savant. Nicht Idiot, aber Savant sicherlich. Maria schüttelte die Gedanken ab. Auch sie musste sich konzentrieren. Ab und zu

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