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Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Unterholz: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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hoch. Ich möchte in den Hubschrauber steigen.«
    Ostler hatte nichts davon gehört, aber er hatte die Szene beobachtet. Er nahm seine letzte Kraft zusammen.
    »Nein!«, schrie er. »Steigen Sie auf keinen Fall mit ihr in den Hubschrauber. Sie trägt eine Waffe. Ich bin Poli–«
    Doch da hatte die Äbtissin ihre Uzi schon unter dem Anorak hervorgezogen. Entsetzt wichen die Touristen zurück. Einige liefen kreischend davon. Keiner dachte mehr an Ostler, der sich mit letzter Kraft unter den Hubschrauber gerettet hatte.

    Im Inneren des Helikopters schienen die Rotorengeräusche noch lauter zu dröhnen. Doch der unsanfte Stoß mit der Uzi in den Rücken sprach eine eigene Sprache. Der Pilot stolperte mit erhobenen Händen auf seinen Sitz zu.
    »Machen Sie schnell!«, schrie die Äbtissin. »Los, starten Sie!«
    Der Pilot setzte den Kopfhörer auf.
    »Starten Sie endlich!«
    »Ich muss mich – erst mit der Leitstelle – in Verbindung setzen!«, schrie der Pilot stotternd.
    Sie gab ihm einen Stoß mit der Waffe in den Rücken. Er nickte wimmernd. Er drückte eine Reihe von Knöpfen, er legte Schalter um, er drehte an chromblitzenden Rädchen, seine Hände zitterten sichtlich, er keuchte laut, er blickte sich angstvoll um.
    »Worauf warten Sie?«, schrie die Äbtissin. »Verdammt nochmal, starten Sie endlich!«
    Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie war darauf geeicht, Gefahren zu erkennen, gegen Titanen zu kämpfen, gefährliche Bedrohungen auszuschalten – mit solch einem devoten Warmduscher hatte sie nicht gerechnet. Dieser Mann da schwitzte und wimmerte, er machte sich wahrscheinlich gerade vor Angst in die Hose. Jetzt drehte sich das Weichei nochmals um und blickte sie flehentlich an.
    »Bitte, ich kann nicht einfach losfliegen – die Leitstelle – ich habe eine Familie mit Kindern –«
    »Na, ganz toll! Eine Familie mit Kindern. Das hat mir gerade noch gefehlt.«
    Sie packte ihn mit einer Hand an den Schultern und riss ihn hoch, sie versuchte, ihn aus dem Sitz zu heben.
    »Los, stehen Sie auf. Schnell. Ich werde selbst fliegen.«
    Der Mann stolperte ungeschickt aus dem Sitz, er riss sich die Kopfhörer vom Kopf, dann taumelte er ein paar Schritte und sackte zusammen. Weinte der Typ? Sie legte ihre Uzi auf den Boden und packte ihn mit beiden Händen am Kragen, um ihn ganz aus dem Weg zu schaffen. Endlich saß er wimmernd auf einer Werkzeugkiste. Die Äbtissin warf einen kurzen Blick aus der offenen Tür. In der Ferne waren ein paar der flüchtenden Touristen zu sehen. Sonst weit und breit kein Mensch.

    »Stengele, Sie geben mir Deckung, ich schleiche mich im toten Winkel zum Hubschrauber«, sagte Jennerwein. »Nicole, Sie folgen mir in einigem Abstand. Sie kümmern sich um den leblosen Mann unter dem Hubschrauber. Hölleisen, verfolgen Sie weiter den Funkverkehr zwischen Pilot und Leitstelle, vielleicht können wir so die Situation besser einschätzen. Maria, Sie –«
    »Ich weiß«, sagte die Psychologin. »Ich kümmere mich um die verschreckten Touristen.«
    Alle reckten ihre Daumen in die Luft, um sich gegenseitig Glück zu wünschen. Jennerwein warf einen kurzen Blick zu Maria. Sie wusste, dass sie ihn nicht zurückhalten konnte. Jennerwein lief los.

    Sie musste sich beeilen. Als sie kontrolliert hatte, ob sich außer diesem idiotischen Piloten sonst noch jemand im Hubschrauber befand, hatte sie dreißig Meter hinter dem Heck einen Mercedes bemerkt. Was sollte denn das? Sie musste endlich los.

    Jennerwein war bis unter die Einstiegsluke gerobbt, nun kauerte er dort und wartete auf eine günstige Gelegenheit zum Zugriff. Er hatte sich gerade noch rechtzeitig weggeducken können, als die Äbtissin sich umgedreht und aus der offenen Luke geschaut hatte. Es wurde vollkommen ruhig um Jennerwein. Er wusste, wenn er diese Aufgabe erledigt hatte, dann hatte er seine Arbeit vollständig und ganz erledigt. Er hörte nichts mehr, keinen Mucks, keinen Laut. Die Hubschrauberrotoren liefen auf Hochtouren, aber er hörte keine Geräusche. Er war nur noch auf seine Hand konzentriert, die eine Pistole hielt, und auf die Äbtissin, die dort im Hubschrauber über einen liegenden Mann gestiegen war, kurz hinausgesehen hatte, dann wieder zu ihrer Uzi gegriffen hatte. Jennerweins Blick blieb an der leblosen Gestalt hängen, die unter dem Hubschrauber lag. Um Gottes willen, das war Ostler! Wie kam Johann Ostler hierher? Er konnte ihm jetzt nicht helfen, Nicole würde gleich da sein und sich um ihn kümmern. Jennerwein

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