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Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Unterholz: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Wort Polizei aus dem trüben Vokalklumpen heraus und rechnet den unverständlichen Satz auf etwas furchtbar Gefährliches hoch. Ganshagel wunderte sich noch, dass die beiden nicht aufblickten, dass ihre Kapuzen stur nach unten gerichtet waren, da lag er schon bäuchlings am Boden, die Hände schmerzhaft auf den Rücken gedreht. Bevor er nach Luft schnappen konnte, saß ein dritter Mensch auf seinen Kniekehlen und fixierte seine Beine. Er hätte vor Schmerz aufgejault, wenn er gekonnt hätte, denn sein Kopf war roh auf die Erde gedrückt worden, mit dem Gesicht ins Gras, und in seinen Mund hatte eine große Hand ein oder zwei Pfund knirschende Almerde hineingestopft. Ganshagel begriff, dass das nicht die Bayerische Polizei sein konnte.

    Währenddessen saßen der Österreicher und der Russe immer noch im Jeep des Hüttenwirts.
    »Was ist denn das für ein Weg?«, fragte der Russe.
    »Ein uralter Schleichweg von Bayern über Österreich nach Italien«, antwortete Karl Swoboda.
    »Ich verlasse mich ganz auf dich, Swoboda. Schade, dass das Seminar so abrupt beendet worden ist. Die Tage auf der Alm waren herrlich. Berge, Vorträge, Saure Knödel, alles vom Feinsten. Und man brauchte seine Identität nicht preiszugeben. Jetzt müssen wir wieder auf gefälschte Pässe zurückgreifen.«
    »So ist das nun einmal, Flassi.«
    »In einer Zeitung habe ich gelesen, dass es bald möglich sein wird, aus einem alten Fingerknöchelchen über die DNA den ganzen Menschen zu rekonstruieren. Aussehen, genaues Alter, Herkunft, alles.«
    »Ja, hab ich auch gelesen. Ein Skelett in der U-Bahn – mit blauen Augen. Keine guten Zukunftsperspektiven für euren ehrbaren Beruf.«

    Ganshagel lag immer noch auf dem Boden, starr vor Schreck und unfähig, sich zu bewegen. Er verstand die geflüsterte Unterhaltung der Männer nicht. Er konnte die Sprache keinem Land zuordnen. Der, der seinen Kopf nach unten gedrückt hielt, tastete ihn von oben bis unten nach Waffen ab. Panische Angst stieg in ihm auf. Das waren die Mörder von Luisa-Maria Miller! Er hatte gleich so eine Ahnung gehabt, dass es mehrere gewesen sein mussten, die die Frau so zugerichtet hatten. Sie mussten von außerhalb gekommen sein, das waren keine Almgäste. Und jetzt schlugen sie wieder zu. Aber warum er? Was war er für ein Idiot gewesen, der Polizei nicht alles zu erzählen. Er zappelte in rasender Todesangst, der Druck, der ihn an mehreren Stellen des Körpers umschloss, wurde stärker und äußerst schmerzhaft. Die drei Männer riefen sich etwas zu. Er konnte die Sprache nicht gleich einordnen. Aber er hatte sie schon einmal gehört. Damals, bei der Veranstaltung des Bürgermeisters. Natürlich, das war was Indisches!
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite. Bitte geben Sie Ihre Identität preis«, rief ihm der, der auf seinen Kniekehlen saß, ins Ohr. Der andere, der seine Arme auf den Rücken gedreht hatte, sagte gar nichts. Ganshagel nickte verzweifelt. Er spürte einen Griff, der seinen Unterkiefer umschloss und ihn seitlich in die Wangen drückte. Er konnte den erdigen Knebel ausspucken.
    »Ich bin Ganshagel!«, schrie er. »Hüttenwirt! Master of the cottage!«
    »Ach so, Ganshagel!«, sagte Pratap Prakash. »Lasst ihn los, er gehört zu uns.«
    Sie lösten ihre Klammergriffe, halfen ihm auf die Beine und klopften ihm auf die Schultern.
    »Wir bitten, unsere Übervorsichtigkeiten zu verzeihen«, sagte Dilip Advani und verbeugte sich mit zusätzlich gesenktem Kopf, was in der indischen Kultur der Entschuldigung einen besonderen Nachdruck verleiht. Ganshagel konnte das nicht sehen, Erde und Gezweig bedeckten sein Gesicht, es war lodenmanteldunkel.
    »Wo sind die anderen?«, fragte Pratap Prakash.
    »Ja, wo sind unsere Freunde?«, wiederholte Dilip Advani.
    »Sie sind – leider – abgereist«, erklärte Ganshagel, heute nun schon zum zweiten Mal.
    »Abgereist?«, fragte Pratap Prakash misstrauisch.
    Die Körperhaltung aller drei Männer spannte sich.
    »Es gab einen Zwischenfall. Eine tote Frau«, krächzte Ganshagel. »Eine Seminarteilnehmerin wurde ermordet. Ihr Gesicht ist unkenntlich. Die Polizei ist jetzt auf dem Hof.«
    Bei dem Wort ›tote Frau‹ hatten sich die Mienen aller drei verfinstert. Einer sagte irgendwas auf Indisch, und Ganshagel wusste, dass es ›Wir müssen sofort verschwinden‹ hieß.

    »Du bist Ganshagel«, sagte Dilip Advani ruhig und trotzdem drohend. »Wir sind eigens von Mumbai hierhergekommen. Man hat uns in Mumbai

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