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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Zeitungsfoto mit Siegfried Schulz gefaxt bekommen, und auf dem war er mit einem solchen Hut zu sehen gewesen.
    »Das verhilft uns auch nicht zu sonderlich neuen Erkenntnissen«, stellte Schneeganß fest. »Ohne Leiche kein Mord und ohne Lösegeldforderung keine Entführung.«
    »Und ohne Abschiedsbrief kein Selbstmord«, fügte Hinz hinzu. »Daran hat bisher gar keiner gedacht.«
    Mittmann sah die beiden Berliner an. »Ich denke, wir kommen nur weiter, wenn ihr in Berlin das Umfeld von Schulz unter die Lupe nehmt.«
    »Ach!«, rief Hinz. »Die Arbeit auf uns abwälzen!«
    Schneeganß hingegen freute sich über Mittmanns Vorschlag, denn die Sache mit Schulz erschien ihm spektakulär genug, um damit in die Medien zu kommen und bei Freundinnen und Freunden Pluspunkte zu sammeln.

     
    *
    Für Schneeganß und Hinz war es naheliegend, zuerst mit Sandra Schulz, der Ehefrau des Vermissten, zu sprechen, doch die sollte erst am späten Nachmittag aus Mailand zurückkommen. Also fuhren sie von Oranienburg zur Firmenzentrale am Sachsendamm. Erst hatte Hinz ausgerufen »Mein Gott, nicht durch die ganze Stadt durch!«, dann aber hatte sich herausgestellt, dass sie über den Zubringer Oranienburg, die A 111 und die Berliner Stadtautobahn ganz feudal ans Ziel gelangen konnten.
    Kurz vor der Ausfahrt telefonierte Hinz noch einmal per Handy mit den Brandenburgern. Die hatten inzwischen mit einer Reihe von Einheimischen gesprochen und konnten mit einiger Sicherheit sagen, dass der Porsche an diesem Freitag zwischen 5.30 Uhr und 6.15 Uhr in den Oder-Spree-Kanal gestürzt war. Jetzt war es 11.30 Uhr, und noch immer gab es keine Spur von Siegfried Schulz, auch war nirgendwo eine Forderung nach Lösegeld eingegangen. Der Geschäftspartner oben in Rostock hatte keine Erklärung für dessen Verschwinden.
    Die beiden Kripobeamten rollten auf den Firmenparkplatz und hielten auf der weiß umrahmten Fläche, die für den Firmeninhaber reserviert war.
    Hinz stieg aus, reckte sich und stöhnte. »Au, meine Bandscheibe! Das lange Sitzen im Auto, wenn das mal nicht wieder ein Vorfall wird.«
    Schneeganß konnte nicht sofort antworten, denn vor ihnen stolzierte eine jener Blondinen, über die zahllose Witze kursierten. Sie gab sich alle Mühe, mit ihren High Heels nicht umzuknicken. Offensichtlich war sie dabei, eine Reihe von Umlaufmappen von A nach B zu transportieren.
    »Wenn dir der Hintere vom Sitzen wehtut, so ist es von jetzt an bei mir der Vordere vom Stehen«, sagte Schneeganß.
    »Wie?« Hinz konnte ihm nicht folgen.
    »Ach, lass nur, das ist etwas, was du nicht mehr kennst.«
    Hinz gähnte. »Ich will nur eins: ins Bett.«
    »Ich auch«, erwiderte Schneeganß und machte sich an die Verfolgung der Blondine, die ihn entfernt an Sharon Stone erinnerte. »Sorry, sind wir hier richtig beim Casting?«
    »Wieso?« Die Blondine blieb stehen.
    »Na, weil du doch hier bist.«
    »Ich arbeite hier.«
    »Beim Film?«, fragte Schneeganß.
    »Nein, bei Auto-Schulz.«
    »Du könntest aber auch beim Film sein. Du in einer Lovestory – und sie hätten eine Einschaltquote von 130 Prozent.«
    Die Blondine grinste. »Und du willst mich also zum Film bringen …?«
    »Was meinst du, wen ich schon alles wohin gebracht habe?«, fragte Schneeganß zurück.
    »Hast du ’n Bestattungsunternehmen?«
    »Ja, und ich suche noch ’n Model für Totenhemden.«
    Hinz missfiel das Geplänkel der beiden, und er platzte damit heraus, dass sie von der Kripo seien. »Und wir sind hier, weil Ihr Chef verschwunden ist.«
    »Endlich!«, rief die junge Dame.
    »Wieso endlich?«, fragte Schneeganß.
    »Weil alle unter ihm gelitten haben.«
    Wieder grinste Schneeganß. »Wirklich unter ihm …?«
    »Einige wohl schon, ich nicht.«
    »Und keiner ist zur Polizei gegangen?«, fragte Hinz.
    »Keine«, korrigierte ihn Schneeganß.
    »Nein, was tut man heute nicht alles, um seinen Arbeitsplatz zu behalten. Und es war ja alles freiwillig, und Schulz hat sich nie lumpen lassen.«
    »Aber er war doch verheiratet«, kam der Einwand von Hinz.
    »Na und?«, erwiderte die Blondine. »Aber mal im Ernst: Was ist denn mit Herrn Schulz?«
    »Das möchten wir ja gerne von euch wissen. Sein Porsche hat oben bei Oranienburg im Oder-Havel-Kanal gesteckt – aber leer, und von Schulz keine Spur. Vielleicht ist er bei einem Unfall ertrunken, vielleicht ist er entführt worden, vielleicht hat ihn jemand ermordet, die Leiche irgendwo entsorgt und den Wagen dann im Kanal versenkt – keiner weiß es. Wenn

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