Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
dir von der Seele reden willst, dann tu es.“
Fred überlegte noch einen Moment. Kevin wollte schon das Thema wechseln, um die peinliche Pause zu überbrücken.
Da sagte Fred plötzlich: „Gestern Abend bevor ich duschen ging, sprachen wir ganz vernünftig miteinander. Sie ließ mich sogar an sich heran. Ich massierte sanft ihren Nacken, das tat ihr gut. Schließlich stand ich auf und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Dann meinte sie, dass ich nach Pferd rieche. ‚Ich gehe schnell unter die Dusche, warte hier auf mich’ sagte ich zu ihr, und sie meinte scherzhaft: ‚Ich kann dir doch nicht weglaufen.’ Daraufhin beeilte ich mich, es hat keine fünf Minuten gedauert. Die Kinder waren im Bett, und als ich nackt aus dem Bad kam, dachte ich, ich bin im falschen Film. Sie rief laut und hysterisch: ‚Eh, Kinder kommt raus aus dem Bett und seht euch euren fetten Vater an. Der sieht doch wirklich wie ein Hängebauchschwein aus, was man zur Schlachtbank führt.’ Dann zeigte sie auf meinen Unterleib und sagte: ‚Was willst du mit diesem verkümmerten Ding anfangen, das eignet sich doch im Höchstfall nur noch zum Pinkeln.’ Natürlich standen in der Zeit die Kinder in der Tür. Shirley hatte ja nicht den Sinn verstanden, aber Bradley hat sich für seine Mum sehr geschämt. Eine Decke, die über dem Stuhl hing, gab er mir, um mich abzudecken. Er umarmte mich und sagte: ‚Dad, sei ihr nicht böse, sie weiß nicht, was sie sagt.’ Dabei weinte er herzzerreißend.“
Kevin wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Es war wirklich sehr beschämend.
Als Franziska von diesem Vorfall hörte, meinte sie dazu: „Vielleicht wäre es für alle besser, wenn wir für Cecilia ein Pflegeheim finden würden. Ihre Kinder leiden zu sehr unter ihrer Tyrannei. Apropos Tyrannei, ist dir schon aufgefallen, dass Randy auch einen Drang dazu hat?“
„Franziska, wie kannst du so etwas behaupten! Lass das nicht Sabrina hören.“
„Kevin, mir ist Ernst damit. Beobachte ihn heimlich, und du wirst feststellen, dass er gar nicht brüderlich mit Sarah umgeht. Er stellt Unfug an und dreht es dann jedes Mal so, dass wir mit Sarah schimpfen. Weint diese schließlich, steht er irgendwo versteckt und grinst. Ich mache mir ernsthaft Sorgen. Wäre es nicht möglich, dass die Erbanlagen von Neils Vater durchkommen?“
„Nun male nur nicht den Teufel an die Wand. Wir haben bereits genug Probleme und Sorgen mit Cecilia.“
Aus großer Verzweiflung
Es hatte bereits zwei Jahre nicht geregnet, und die Trockenheit und Hitze machten jedem Lebewesen zu schaffen. Um die Mittagszeit, wenn die Hitze am größten war, arbeitete niemand. Jeder suchte sich ein schattiges Plätzchen. Die Männer suchten im Schatten hinter den Ställen Abkühlung und die Frauen unter den Bäumen. Cecilia spürte in wachen Momenten genau, dass sie nicht nur für ihre Familie, sondern auch für die anderen eine Zumutung geworden war. Fred war nicht bei den anderen, er musste nachdenken und ging in den Busch, um sich etwas abzukühlen. Er liebte die großen schattigen Akazienbäume. Wenn es auch dort noch schwüler war, fühlte er sich doch sehr wohl im Schatten.
Diese Zeit nutzte heute Cecilia, um einen Brief zu schreiben. Sie benötigte dafür sehr viel Zeit, da sie schon lange nicht mehr geschrieben hatte. Die Finger wollten ihr nicht so recht gehorchen.
Danach fuhr sie mit dem Rollstuhl ins Schlafzimmer, legte den Brief unter die Bettdecke von Fred. Anschließend verließ sie im Rollstuhl das Haus.
„Hey, Mum, wo willst du hin? Es ist doch jetzt viel zu heiß. Kann ich dir helfen?“, rief ihr Bradley nach, der merkte, dass sie hinaus wollte.
„Lass nur, Bradley“, sagte sie „ich komme schon klar. Ich will nur die Sonne genießen.“
„Hier setz wenigstens deinen Sonnenhut auf“, er setzte seiner Mum den Hut auf den Kopf und machte sich weiter keine Gedanken darüber, da es bereits öfters vorgekommen war, dass sie sich allein auf der Farm bewegte.
Kein Mensch war um diese Zeit zu sehen. Cecilia fuhr an den Fluss hinunter. Am Ufer blieb sie stehen. Tränen rannen über ihre Wangen, und sie schauten auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Nach kurzem Zögern lenkte sie den Rollstuhl in das Wasser. Sie befürchtete, dass sie am Flussufer im Schlamm stecken bleiben könnte, aber durch die große Hitze war auch der Morast sehr schnell ausgetrocknet. Sie wusste genau, was sie wollte. Als sie in der Mitte des Flusses war, schaute noch ihr Kopf aus dem Wasser.
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