Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
retten.“
„Sie machen mich neugierig, Kapitän, was kann das sein?“ Wie immer griff er sich verlegen in seinen Bart und begann zu erzählen. „Das Kreuz des Südens. Es ist ein Sternzeichen, das nur auf der südlichen Halbkugel zu finden ist. Schon seit Jahrhunderten wird es von Seefahrern zur Navigation benutzt und zeigt ihnen den richtigen Weg auf See und auch auf dem Land. Sollten Sie sich im Outback verlaufen, dann irren Sie nicht sinnlos herum, sondern warten bis die Nacht einbricht. Sie suchen das Kreuz des Südens, und wenn Sie sich die Richtung markieren, wissen Sie bei Tag genau, wohin Sie gehen müssen.“
„Das hört sich sehr interessant an, ich glaube schon, dass dieses Wissen gut zu gebrauchen ist!“
„Also gut, gegen dreiundzwanzig Uhr treffen wir uns wieder hier“ und damit ging er seinen Pflichten nach.
Wie verabredet trafen sie sich bei Eintritt der Dunkelheit an der Reling.
„Schauen Sie auf die Verlängerung meines Fingers, dort – sehen Sie diese zwei hellen Sterne, die ganz dicht beieinander stehen?“
„Ja.“
„Die merken sie sich. Und jetzt schauen Sie ein wenig weiter nach rechts unten. Da kann man vier helle Sterne sehen, die einem länglichen Drachen ähneln. Dazwischen sieht man noch einen Stern, der meist nur ganz schwach schimmert. Heute allerdings sieht man ihn sehr gut. Sehen Sie Ihn?“
„Ja.“
„Nun denken Sie sich eine Linie mitten durch den Drachen, und eine weitere Linie, die zwischen den beiden einzelnen hellen Sternen links beginnt, die wir zuerst gefunden hatten. Dort, wo diese beiden Linien sich treffen, ist der Himmelssüdpol. Von diesem Punkt denken Sie sich wiederum eine Senkrechte zum Horizont und genau dort ist Süden. Wenn Sie diesen Punkt finden, wissen Sie immer, in welche Richtung gegangen werden muss, um sich wieder nach Hause zu finden. Es hört sich vielleicht alles ein wenig kompliziert an, aber wenn man diese Sterne mit ihren gedachten Linien erst einmal gefunden hat, vergisst man es auch nicht wieder.“
Franziska war fasziniert. „Was meinen Sie, Kapitän, ob das auch Sabrina verstehen wird? Denn auch sie kann sich verirren.“
„Schon, aber damit würde ich noch warten. Es sind viele Sterne am Himmel, woher wollen Sie wissen, ob sie die richtigen Sterne sieht?“
„Ja, da haben Sie Recht, das habe ich nicht bedacht.“
„Die Aborigines richten sich nach ganz anderen Dingen. Vielleicht nutzen sie nachts auch die Sterne, aber am Tage orientieren sie sich auf ihren Wanderungen durch die Wüste an bestimmten Merkmalen in der Natur. Sie nennen es Traumpfade. Diese sind für uns W eiße nicht zu erkennen, weil wir uns einfach nicht die Mühe machen, uns an der Natur zu orientieren. Es gibt keine Markierungen, aber sie finden immer wieder den richtigen Pfad. Sie nehmen die Natur zur Hilfe, Hügelketten, Senken, Felsen, Felsvorsprünge oder ähnliches. Es ist erstaunlich, jedenfalls für mich, wie sicher sie immer wieder ihr Ziel erreichen.“
„Können Sie mir noch mehr darüber erzählen?“
„Tut mir leid, mein Wissen über die Aborigines ist sehr begrenzt, aber sicher werden Sie am Ort Ihrer Bestimmung mehr darüber erfahren.“ Der Kapitän verabschiedete sich, und Franziska genoss die leichte Brise, die die Nacht brachte.
„Ich glaube, es wird Zeit, mal wieder unter freiem Himmel zu schlafen.“ Sie holte sich eine Decke aus ihrer Kabine und legte sich in den Liegestuhl.
Die Sonne schien unbarmherzig, aber Franziska und Sabrina gewöhnten sich langsam an die Hitze. Hastige Bewegungen führten zu Schweißausbrüchen und zur Ermüdung, das hatte Franziska schon bald gelernt. Alles wurde in Ruhe erledigt, ohne Hektik, und schon konnte man das Klima gut ertragen. Trotzdem kam es Franziska wie eine Ewigkeit vor, bis sie den nächsten Hafen erreichten.
„Sehen Sie, da vorn – die zwei steilen Klippen? Das ist der Hafen von Sydney. Wir werden hier vor Reede gehen und in der Morgendämmerung dort einfahren“, erklärte Kapitän Ignatz. „Die beiden Landzungen beschützen den Hafen vor den Stürmen, die der Pazifik mit sich bringt.“
Der Himmel sah wunderschön aus. Im Licht der untergehenden Sonne färbte er sich purpurfarben, und Franziska konnte sich nicht satt daran sehen.
„Mami, der Himmel sieht aus wie das Feuer im Ofen von Jürgenstorf.“
„Ja, mein Schatz, das hast du sehr gut beobachtet. Er sieht tatsächlich so aus, als ob er brennt.“
Am nächsten Morgen stellte Franziska fest, dass, soweit sie sehen
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