Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
konnte, überall weiße Sandstrände waren. An dem Ufer befanden sich eigenartig verkrüppelte Bäume und Palmen. Kreischende Möwen kreisten über dem Schiff, und der Himmel über ihr war so blau, dass Franziska das Gefühl hatte, sie könne hindurch sehen bis in das Weltall.
„Diese Bucht nannte Kapitän Cook, Port Jackson. Hier wurde auch die erste Sträflingskolonie Australiens errichtet“, holte Kapitän Ignatz Franziska aus ihren Träumen.
„Wann war das, als Australien entdeckt wurde?“
„1606 erfolgte die erste Landung auf diesem Kontinent mit dem holländischen Schiff Duyfken , das von der holländischen Kolonialstadt Batavia kam. Der Kapitän William Jansz gewann allerdings keinen guten Eindruck von der Ostküste und der Cape Yorkhalbinsel mit ihren ‚ grausamen schwarzen Wilden ’, wie er es nannte.
1770 hatte James Cook diesen Naturhafen entdeckt, aber erst am 26. Januar 1788, fast achtzehn Jahre später, ging dieser Tag als erster Geburtstag Australiens in die Geschichte ein. Es war der Tag, an dem Arthur Phillip die britische Flagge hissen ließ, und er taufte den Landeplatz um in Sydney. Dies war der Name des damaligen britischen Innenministers. Die ersten Weißen , die auf dem Kontinent sesshaft wurden, waren Sträflinge, die wegen guter Führung entlassen wurden. Auch ihre Wärter ließen die eigenen Familien nachkommen, als sie merkten, wie schön dieses Land war. Bereits in den späten zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts war Sydney eine Millionenstadt geworden und ist mit keiner Stadt in Deutschland zu vergleichen“, erklärte stolz der Kapitän.
Franziska stand mit ihrer Tochter an der Reling, während das Schiff langsam in den Hafen einfuhr.
Als eine riesige Brücke in Sicht kam, erklärte ihr der Kapitän: „Diese Brücke heißt – Harbour Bridge – von der Bevölkerung liebevoll Coathanger genannt. Übersetzt heißt das Kleiderbügel.“ Franziska musste herzhaft lachen, sogar Sabrina lachte mit, weil auch sie den Sinn der Worte verstand. Er erzählte weiter. „Die Brücke ist erst vor zwei Jahren, 1932, eröffnet worden. Es ist das Wahrzeichen von Sydney, sowie von Australien. Die Bauzeit hat acht Jahre gedauert, und die Brücke erhebt sich 134 Meter über dem Wasser.“
Franziska war begeistert von so viel Information. „Woher haben Sie das ganze Wissen?“
„Als ich vor Jahren das erste Mal nach Australien fuhr, wurde ich von den mitfahrenden Gästen und auch von der Mannschaft mit Fragen über dieses Land nur so bombardiert. Da mein Wissen gleich Null war, machte ich mich daran, soviel wie möglich über dieses Land in Erfahrung zu bringen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man die neugierigen Fragen der anderen beantworten kann.“
Franziska vertrat sich wie jedes Mal mit Sabrina und Rainer die Füße an Land. Aber schon nach dreistündigem Aufenthalt legten sie am späten Nachmittag bereits wieder ab. Sie kamen an kilometerlangen Sandstränden vorbei. Morgens und abends, wenn die Sonne tief stand, leuchtete der Küstenstreifen golden. Er wirkte auf Franziska, als wäre sie im Paradies. Auf ihrer letzten Fahrt verbrachte sie fast den ganzen Tag mit dem Kapitän.
„Haben Sie meinem Namensvetter von dieser Reise berichtet?“
„Wie meinen Sie das? Ich kenne niemand, der Ignatz heißt!“
„Ich meine nicht meinen Nachnamen, sondern meinen Rufnamen – Peter. So hieß doch der junge Mann, der Sie an Bord begleitet hatte.“
„Ja, ich habe in jedem Hafen einen Brief nach Deutschland geschickt. Vor allem, weil ich denke, dass es für mich wichtig ist, eine Verbindung in die alte Heimat aufrecht zu erhalten.“
Am nächsten Morgen sollte es nun endlich soweit sein. Der Kapitän lud sie zum Abschied zu einem königlichen Abendessen ein. Auch Rainer war dazu eingeladen. Der Kapitän öffnete eine Sektflasche von sehr guter Qualität, wie er sagte. „Diesen Tropfen habe ich mir für einen ganz besonderen Anlass aufgehoben. Und ich denke, dass heute ein ganz besonderer Tag ist. Mrs. Winter, ich wünsche mir sehr, dass wir auch weiterhin in Verbindung bleiben.“
Sie verbrachten einen sehr schönen Abend, der sicherlich allen Beteiligten noch lange in guter Erinnerung bleiben wird. Die Vorfreude ließ sie kaum einschlafen. Als die Morgendämmerung über das Meer zog, hielt sie nichts mehr in ihrer Kabine. Der Tag, an dem beide die Marie-Ann verlassen würden , war nun gekommen. In ihre Vorfreude mischte sich nun auch etwas Sorge.
„Sie können wohl nicht mehr
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