Unterm Messer
und mich zu quälen. Bis zum Sieg.“
„Und gewonnen haben Sie viel“, meint Vesna. „Ich habe nachgesehen.“
„Wir waren Idioten“, murmelt der jüngste der drei Männer. Er ist sicher nicht älter als fünfundzwanzig. „Jeder nimmt doch heute irgendwas, heißt es. Und das wird schon wahr sein. Aber auf die Idee, dass dieser Professor mit uns etwas ganz Besonderes probiert, sind wir nicht gekommen. Ich schwöre es.“
„Muss einem doch zu denken geben, wenn man plötzlich deutlich mehr Ausdauer und Kraft hat“, sagt die Wissenschaftlerin ungerührt.
„Ja, doch“, murmelt der Dritte und jetzt sehe ich, dass er keine Haare hat. „Aber Grünwald hat uns gesagt, dass das vor allem die Resveratrol-Kapseln sind. Wir haben im Internet eine Menge Spannendes darüber gelesen. Er hat gemeint, er möchte sie durch so etwas wie einen Proteincocktail ergänzen, das würde die körpereigenen Fähigkeiten stimulieren. Leider dauere es eben lange, bis man so etwas offiziell machen könne, also hat er uns gebeten, darüber nichts zu erzählen. Wir wollten ohnehin nicht, dass andere davon erfahren.“
„Wir sind zigmal auf Doping getestet worden“, ergänzt der Jurist. „Nichts. Warum hätten wir Grünwald nicht glauben sollen?“
Ich nicke. Vesna fragt weiter: „Sie waren die Einzigen mit so einer Sonderbehandlung?“
Der Jüngste schüttelt den Kopf. „Wir waren offenbar die einzigen Leistungssportler. Aber ich glaube, er hat seine Mittel auch an einigen anderen aus dem Fitnesscenter getestet. Er hat uns regelmäßig in der ,Beauty Oasis‘ untersucht. Als ich einmal gewartet habe, habe ich gehört, wie eine Frau zu einer anderen gesagt hat, dass die ,Aufbaukur‘ von Professor Grünwald ganz toll wirke. Sie habe viel mehr Ausdauer und auch schon mehr Muskeln.“
„Wer hat Ihnen eigentlich die Spritzen gegeben? Professor Grünwald?“
„Aber nein, das war einer der Fitnesstrainer.“
„Ein Amerikaner?“, frage ich hoffnungsfroh.
„Warum ein Amerikaner? Es war ein Student aus Graz“, zerstört der Jurist meine Theorie.
„Ich habe mit den dreien schon über mögliche Folgeschäden geredet. Und ich weiß alles über die Frequenz, in der sie die Mittel bekommen haben, und über die Untersuchungen. Wir haben vereinbart, dass sie mit mir nach Wien kommen und sich einer Reihe von Tests am Genetikinstitut der Medizinuni unterziehen“, meint Nat.
„Für Sie ist es wahrscheinlich ziemlich interessant, was Grünwald mit uns angestellt hat“, sagt Harald Fandl.
Natalie Veith nickt. „Natürlich. Sinnlos, das abzustreiten. Ich hoffe, wir bekommen relevante Ergebnisse und können daraus unsere Schlüsse ziehen. Ist übrigens zu Ihrem Besten. Vielleicht gibt es durch diese Menschenversuche eine gewisse Chance, herauszufinden, wie Telomere auf bestimmte Substanzen reagieren und wann sie, unwissenschaftlich gesagt, auszucken. Und was es bedeutet, wenn gewisse DNA-Abschnitte ihre Muster ändern. Ich arbeite ja nicht an einem Gendopingpräparat oder einem Elixier zur Lebensverlängerung. Mich interessieren die Grundlagen, das Verhalten unseres Genoms. Und natürlich will ich, dass wir durch diese Erkenntnisse mehr im Kampf gegen Krebs tun können.“
„Das klingt alles so umsichtig“, sagt Harald Fandl. „Wenn Sie irgendetwas haben, das Sie testen wollen und das mir helfen könnte: Bitte sagen Sie es mir. Ihnen vertraue ich.“
„Sie haben schon zu oft vertraut“, sagt Vesna trocken.
„Es hat schon seinen Grund, dass wir nicht einfach alles an Menschen testen“, antwortet die Genetikerin. „Aber wenn ich meinen Kollegen an der Medizinuni richtig verstanden habe, haben Sie eine ziemlich gute Prognose. Dazu kommt: Ihr Krebs ist weder durch Umweltbedingungen noch durch genetische Veranlagung entstanden, sondern durch eine ganz bestimmte Behandlung mit genaktivierenden Stoffen. Die Substanzen sind jetzt abgesetzt. Wir werden sehen, was das bedeutet.“
„Wir werden Professor Grünwald natürlich anzeigen“, macht der Jurist klar.
Natürlich. Ist ja klar. Warum bin ich nicht schon heute bei Grünwald und bei Sam gewesen? Wenn Knobloch eine Anzeige des Juristen von der Bezirksverwaltung gegen Grünwald auf den Tisch bekommt, dann wird er sich von seinem Chef wohl nicht verbieten lassen zu ermitteln. Sollte Waltensdorfer das unter diesen Umständen überhaupt noch wollen.
„Sie warten damit noch einen Tag, ja?“, sagt Nat und lächelt in die Runde. „Grünwald hat einflussreiche Freunde. Wir
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