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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Traummaße sind, kann ich schwerer beurteilen. Mir ist er ein wenig zu muskulös. Das Schönheitsideal von Frauen scheint eindeutiger festgelegt zu sein als jenes von Männern. „Was ein Mann schöner is wie ein Aff, is ein Luxus“, hat Torbergs Tante Jolesch gesagt. Insofern ist der Typ auf dem Poster schon Luxus.
    Grünwald ist nicht da. Versucht er tatsächlich, mir aus dem Weg zu gehen? Was wird er als Nächstes tun? Mich von irgendwelchen Hilfsburschen wie Sam mit den sanften Händen vor die Tür setzen lassen? Gar nicht gut für seine Presse. Oder macht ihm das nichts aus? Schwester Gabriela hat kein Hehl daraus gemacht, dass sie ihn für ziemlich eitel hält. Deckt sich mit dem Bild, das ich von ihm habe. Und mit der Ausstellung der zahlreichen Urkunden, Auszeichnungen und Dankschreiben prominenter Persönlichkeiten an den Wänden. Professor Grünwald mit dem goldenen Skalpell ausgezeichnet, Professor Grünwald mit einem chinesischen Minister, Professor Grünwald erhält einen spanischen Orden. Kann es sein, dass er so eitel ist, ständig präsent sein zu wollen? Auch bad news sind good news. — Trifft das selbst auf einen Mord zu? Wohl kaum. Jedenfalls: So leicht will ich ihn nicht entschlüpfen lassen. Ich gehe zurück in den Gang, der Teppich schluckt meine Schritte. Gut so. Die nächste Tür ist keine Doppeltür, aber ebenso aus massiver Eiche. Ich öffne sie ganz vorsichtig. Dahinter ist bloß ein kleiner Lagerraum. So ein Zimmerchen, in dem Hausmädchen Bettwäsche, Handtücher und Shampoos aufbewahren. Nur dass in den Regalen hier Grünwalds wundersame Cremes und Tabletten gestapelt sind. Zum Großteil verpackt in Kartons, einige davon sind angebrochen. Ob ich mir eine Creme mitnehmen soll? Wozu? Mit dem Mord wird eine Creme kaum zu tun haben und meine Kosmetikmarke möchte ich keinesfalls wechseln. Aloe vera, echt angenehm, nicht besonders teuer. Und bio. Wieder in den Gang. Keiner zu sehen. Noch eine Eichentür ohne Aufschrift. Mir ist, als hörte ich Stimmen. Vorsichtig drücke ich die Klinke. Wenn mich jemand ertappt, kann ich ja immer noch behaupten, dass ich mich im Weg zu Grünwald geirrt habe. Die Tür geht einen Spalt weit auf, die Stimmen werden lauter. Sehr laut. Das ist kein freundliches Gespräch, so viel ist klar. Ich kann drei Männerstimmen unterscheiden. Zwei sprechen mit Akzent, die Muttersprache könnte Spanisch oder Portugiesisch sein. Die dritte Stimme ist die von Grünwald. Ich spähe durch den Türspalt. Niemand zu sehen.
    „Wir haben Vertrag und Sie werden Vertrag erfüllen“, brüllt einer der Ausländer.
    „Es geht jetzt nicht. Und versuchen Sie ja nicht, mir zu drohen. Dafür weiß ich zu viel. Ich habe das nie gewollt!“, antwortet Grünwald um nichts leiser.
    „Nicht gewollt? Bolazo! Unsinn! Sie sind dabei!“
    Ich sehe in eine Art Vorraum, erkenne zwei Kleiderstangen, darauf einige weiße Kittel, einen langen Tisch. An der Schmalseite des Raumes eine Tür. Sie steht offen. Wie weit darf ich vor? Ich möchte nicht, dass mich jemand, der durch den Gang kommt, beim Lauschen entdeckt. Ich möchte aber natürlich auch nicht Grünwald und seinen unfreundlichen Freunden in die Hände fallen. Wird schon gut gehen. Im Moment zumindest scheinen die drei abgelenkt zu sein. Ich wische in den Vorraum, versuche mich schlecht und recht hinter den weißen Mänteln zu verstecken. So etwas ist an sich Vesnas Metier. Mira, der Panther, hat sich überdies zurückverwandelt in die ganz normale Mira, schlimmer noch, ich habe das Gefühl, an den unmöglichsten Stellen einen Muskelkater zu haben.
    „Noch einmal: Wir haben damit nichts zu tun! Nada!“
    Wovon reden die? Wer sind die Männer mit Akzent? Ich muss sie sehen. Vielleicht waren sie beim „Professors Dinner“. — Und? Was würde das sagen?
    „Sie können nicht aussteigen, comprende? Die Operation wird durchgeführt“, grollt der andere mit tiefer Stimme, jetzt schreit er nicht mehr. Dennoch klingt es bedrohlicher als alles andere zuvor. Operation. Vielleicht geht es um eine verpfuschte Operation. Nein. Sie scheint noch gar nicht stattgefunden zu haben. Was, wenn er jemandem ein neues Gesicht verpassen soll? Einem Verbrecher? Oder geht es doch nur um so etwas wie eine Penisverlängerung, die Grünwald nicht machen will? Und wenn alles mit dem Mord an der Nonne zu tun hat? Aber worin hätte die verwickelt sein können? Hildegard-Produkte. Die rufen wohl kaum wütende Südländer auf den Plan. Wenn in den Produkten etwas

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