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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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geschehen sei. Ein junger Mann, der aussieht, als wäre er der Sohn des Polizeichefs, kommt in den Raum und verteilt das verlesene Statement.
    „Kein weiterer Kommentar, kein weiterer Kommentar!“, versucht Waltensdorfer die Stimmen zu übertönen.
    „Wir werden Sie jedenfalls weiterhin auf dem Laufenden halten. Es sieht so aus, als wäre der Fall demnächst endgültig gelöst“, ruft Grünwald. Seine Stimme überschlägt sich. „Wie Sie sich denken können, habe ich jeden Grund, die Polizei bei der Aufklärung dieser fürchterlichen Verbrechen zu unterstützen!“
    Grünwald und Waltensdorfer verlassen den Raum, aufgeregte Medienleute folgen ihnen, das Kamerateam drängt sich nach vorne, filmt, die Fernsehreporterin ruft den beiden nach: „Wann dürfen wir mit einer Verhaftung rechnen? Handelt es sich bei dem Täter tatsächlich um eine Mitschwester der getöteten Nonne?“
    Fragt sich, wer ihr das gesteckt hat. Und fragt sich, warum der ermittelnde Chefinspektor bei diesem Statement nicht dabei war. Ein kräftiger Mann öffnet Grünwald und Waltensdorfer eine Tür, er hält die Medienleute zurück, schließt die Tür wieder. Journalisten, Fotografen, Kameraleute, die sich im Gang drängen, geflüsterte Gerüchte, Witze, Blicke auf die Uhr, gezückte Mobiltelefone. Ich habe Wichtigeres zu tun, als auf die beiden zu warten, und gehe davon.
    Autobahn Richtung Wien. Vesna hat sich noch immer nicht bei mir gemeldet. Da ich weiß, wo sie ist, versuche ich lieber nicht, sie zu erreichen. Dafür rufe ich Karl Simatschek an und bedanke mich für den Hinweis auf die Pressekonferenz. „Warum war Knobloch bei dem Happening nicht dabei?“, frage ich nach dem Austausch einiger Freundlichkeiten. Der Gerichtsmediziner schnaubt. „Der ist ziemlich sauer. Grünwald und Waltensdorfer sind befreundet, sie sind in denselben Männerbünden, Rotary, Cartellverband, irgend so etwas. Sie haben Knobloch ausgebremst. Sein Boss hat befunden, er solle seine Zeit besser darauf verwenden, die letzten Mosaiksteinchen zusammenzusuchen. Die Anklage gegen eine Nonne wegen Doppelmordes müsse hieb- und stichfest sein.“
    „Knobloch glaubt auch, dass es Schwester Gabriela war, oder?“ „Tja.“ Pause.
    Ich sehe nach, ob die Telefonverbindung abgerissen ist. Scheint zu funktionieren. „Hallo?“
    „Er glaubt es eigentlich schon, aber er hätte trotzdem noch ganz gern weiterermittelt, bevor die Medien informiert werden.“
    „Waltensdorfer hat als Mordmotiv so etwas wie ,religiöse Überreaktion' genannt, keinen Täter. Der Fernsehreporterin muss allerdings jemand mehr erzählt haben, sie hat gefragt, ob die Mörderin tatsächlich eine Mitschwester von Cordula sei.“
    „Na also, dann haben Grünwald und Waltensdorfer alles, was sie wollten: Fall so gut wie gelöst, auch wenn sie aus lauter Seriosität noch nicht alles sagen“, antwortet Karl Simatschek.
    „Kann es sein, dass du Waltensdorfer nicht magst?“
    „Sollte ich ihn mögen, nur weil ihn die Regierungspartei so lieb hat?“, spöttelt er. „Bitte!“
    „Stimmt es übrigens, dass auch Schilling betäubt worden ist?“, will ich wissen.
    „Das haben sie erzählt? Dann kann ich es dir ja sagen: Ja. Stimmt. Es war das gleiche Narkosemittel wie bei Schwester Cordula. Es ist allerdings eines der gängigsten Betäubungsmittel. Wird in der ,Beauty Oasis' verwendet, sollte zwar unter Verschluss sein, es sieht aber so aus, als wäre es ziemlich leicht gewesen, an die Flaschen heranzukommen. Man hat ihm ein Tuch ins Gesicht gedrückt. Die Dosis scheint gereicht zu haben, um ihn stark zu sedieren, vielleicht sogar bewusstlos zu machen.“
    „Das hast du so schnell analysiert?“
    „Es war das Erste, was ich getan habe. Es ging ja um die Frage, wie die Nonne imstande gewesen sein könnte, den kräftigen Mann zu erstechen.“
    „Kann es sein, dass die Ermittlungen ein wenig einseitig sind?“ Karl Simatschek lacht. „Ich verspreche dir, ich werde mir den Toten in all seinen Facetten ansehen.“
    „Wann hat der Täter Schilling das Kreuz in die Stirn geritzt? Bevor er ihn erstochen hat oder danach?“
    „Du siehst zu viele Fernsehkrimis. Ich weiß, da spielt so etwas oft eine Rolle. Aber in der Realität kann man bei einer Wunde, die noch dazu nicht besonders tief ist, nicht feststellen, ob sie knapp vor oder nach dem Exitus entstanden ist. Das Blut rinnt noch eine Weile, auch nach einem sehr gezielten Stich ins Herz.“
    „Wäre die Nonne eigentlich zu so einem präzisen Stich

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