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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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einer in eine andere Schale umgesiedelt. Sind diese Plättchen häufig?“
    Die Wissenschaftlerin sieht mich irritiert an. „Wir haben sie überall. Ich habe sie entwickeln lassen, weil sie sehr einfach zu sterilisieren sind. Angeblich steriles Einwegwerkzeug ist nicht immer keimfrei. Klar können andere auf die gleiche Idee gekommen sein, aber ob die dann genau so aussehen
    „Anderswo als bei Ihnen gibt es die also nicht?“ Was bedeutet das? Wer hat nach dem Tod der Nonne versucht, mich im Zimmer der ,Beauty Oasis‘ festzuhalten?
    Sie schüttelt langsam den Kopf. Da scheint ihr etwas einzufallen. „Es könnte sein, dass es sie noch im Grünwald-Labor gibt. Ich hatte damals schon welche. Und sie halten beinahe ewig.“
    Ich sitze in meinem Auto, auf den Knien meinen Laptop. Ich versuche mich auf das zu konzentrieren, was mir die Genetikerin erzählt hat. Ich muss es niederschreiben, bevor ich es vergesse oder durcheinanderbringe. Natürlich kann ich einiges im Internet recherchieren. Telomere. Insulin Glycol oder hat es Insulin Kytol geheißen? Systeme, nein, Substanzen, die das Muster der DNA verändern. Gendoping. Dahinter mache ich ein großes Rufzeichen. Fitnesscenter. Dahinter kommt ein großes Fragezeichen. Ich sehe mich um. Besser, ich bin vorsichtig. Doch es wirkt nicht so, als würde mich jemand beobachten. Grünwald hat Dr. Veith gedroht. Ich habe ihr nicht erzählt, dass die Lateinamerikaner zu einem ebenso mächtigen wie zwielichtigen Geschäftsmann gehören. Wenn es tatsächlich der Boss von „El Centro“ ist, der das Labor im großen Stil mitfinanziert: Worum geht es ihm? Gendoping? Vielleicht als Randerscheinung. Um das erste patentierte Mittel zur Lebensverlängerung? Sicher. Aber dauert es nicht noch ziemlich lange bis dorthin? Viele Jahre Bürgerkrieg in El Salvador. Ein Mord zählt da nicht viel. Hätte ich die Institutschefin warnen sollen? Sie kann wohl ganz gut auf sich selber aufpassen. Und Kontakt zur Polizei wird sie demnächst ja auch haben.
    Ich schicke meine Notizen via Mobilmodem an meine Büroadresse. Sicher ist sicher. Dann sehe ich auf mein Telefon. Kein Anruf. Keine SMS. Ich schicke mir als Test selbst eine. Es funktioniert. Es ist später Nachmittag. Vesna hat sich noch immer nicht gemeldet. So lange kann ihre Schicht nicht dauern. Sind sie dahintergekommen, dass meine Freundin eigentlich ganz anderes im Sinn hat, als Anti-Aging-Cremes zu verpacken? Wie lange darf ich warten, bis ich etwas unternehme? Karl Simatschek. Ihn könnte ich anrufen. Doch dann beschließe ich, es auf später zu verschieben. Ich sollte dringend ins ,Magazin‘ fahren. Freitag machen die meisten früh Feierabend. Das neue Heft ist da und die Zeit bis zum nächsten Redaktionsschluss ist noch beruhigend lang. — Doppelt so lang zu leben ... was würde das bedeuten? Wie würde es unsere Welt verändern?

[ 10. ]
    Ich steige aus dem Aufzug, sehe ins Büro des Chefredakteurs. Niemand da. Die Sekretärin nicht. Er auch nicht. Ich hätte eigentlich auch gleich unten beim Empfang fragen können. Kurzer Blick ins Zimmer von Droch. Es ist wie immer offen, aber selbst Droch ist schon weg. Schade. Es wäre schön gewesen, mit ihm über alles zu reden. — Wäre es das wirklich? Gemeinsam mit Oskar hat er mir klarzumachen versucht, dass ich mich aus diesem Fall raushalten soll. Und das war, bevor der Chef des Labors ermordet worden ist.
    Im Großraumbüro sitzen nur noch zwei Sommerpraktikantinnen, die begeistert an irgendeinem Artikel schreiben. Ich winke ihnen zu, schiebe die Blätter meines Philodendrons zur Seite und werfe routinemäßig meinen Bürolaptop an. Zufrieden stelle ich fest, dass nicht viel Post gekommen ist. Ganz obenauf liegen eine DVD und ein handbeschriebener Zettel. „Liebe Mira, habe dir alle noch nicht gelöschten Fotos draufgespielt, sollte es um irgendwelche Details gehen, ich kann noch vergrößern. Schönes Wochenende, Regina."
    Ich schiebe die DVD ein und sehe, während sie lädt, meine E-Mails durch. Mein mobiles Modem hat die Notizen, die ich mir vor dem GRA-Gebäude gemacht habe, brav übermittelt. Ich kopiere und speichere sie. Kurz überlege ich, sie irgendwo, irgendwie zu verstecken. Kompletter Unsinn, wer sollte sie hier suchen? Ganz abgesehen davon, dass alles, was ich über mögliche Methoden zur Lebensverlängerung erfahren habe, für Experten so etwas wie Grundwissen darstellt. Aufregend nur für mich. Und darüber hinaus vielleicht in Verbindung mit dem, was rund um die

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