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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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ganz wenig fehlt, sind sie gern bereit nachzuhelfen. Koste es, was es wolle. Sie sind dankbar, halten den Mund und lassen sich untersuchen. Was wollen skrupellose Pharmaleute und Wissenschaftler mehr? Dieser Radfahrer, der alles gewonnen hat und dann plötzlich Krebs bekam: Unsere ganze Branche ist sicher: Das war ein klassischer Fall von einer aus dem Ruder gelaufenen Veränderung des DNA-Musters. Man hat versucht, seinen Aktivitätspegel bis aufs Maximum zu heben. Nur: Das Ganze setzt bei den Telomeren an. Und wenn sie ungezügelt wachsen, kann das Zellen in Krebszellen verwandeln. Beim Menschen lassen sich die Auswirkungen von DNA-Veränderungen eben noch nicht so genau lenken.“
    Ich schüttle den Kopf. „Das müsste doch ein gefundenes Fressen für Dopingjäger sein. Wenn jetzt sogar ich davon weiß, müssen die doch schon lange davon wissen. Die hetzen ja sogar Sportlerinnen hinterher, die schon vor Jahren mit dem Leistungssport aufgehört haben, einfach weil sie nicht mehr wollten oder zu alt geworden sind. Die lassen sich doch nicht von Pharmafirmen austricksen.“ „Ganz abgesehen davon, dass man nie weiß, ob gewisse Konzerne nicht auch die Wirkung von sehr viel Geld auf Kontrollbeamte testen: Dopingjäger haben da momentan kaum eine Chance. Man könnte, um die gewünschte DNA-Veränderung zu erreichen, zwei Substanzen kombinieren. Jede für sich ist unter der Nachweisgrenze. Gemeinsam verstärken sie ihre Wirkung aber um ein Vielfaches. Außerdem ist es bei den Dopingjägern wohl wie bei vielen anderen Jägern: Sie halten sich lieber an das, was sich einfach erlegen lässt. Eine evolutionär äußerst verständliche Vorgehensweise übrigens.“
    „Wenn ich Ihnen Unterlagen bringen könnte, wären Sie dann imstande zu sagen, woran das Grünwald-Labor momentan arbeitet?“, frage ich.
    „Ich denke, das dürfte möglich sein. Allerdings hat Grünwald für die Forschungsunterlagen von Anfang an fast lächerliche Geheimhaltungsmethoden entwickelt. Klarerweise gibt es gerade auf diesem Gebiet auch so etwas wie Industriespionage, aber man kann es übertreiben. Keine Ahnung, wo und wie Sie Ergebnisse und Testreihen finden könnten. Ich werde versuchen, Kontakt mit meinen Kollegen aufzunehmen, die Grünwald damals unter Druck gesetzt hat. Keine Ahnung, ob sie reden. Aber ich kann es versuchen. — Und ich werde das, was ich weiß, auch der Polizei sagen.“
    „Sie haben keine Angst vor den Drohungen Grünwalds? Immerhin sind zwei Menschen ermordet worden.“
    Die Wissenschaftlerin sieht mich empört an. „Wollen Sie mich darauf hinweisen, dass ich sicherer lebe, wenn ich die Informationen nur Ihnen exklusiv gebe?“
    Ich schüttle erschrocken den Kopf. Das habe ich wirklich nicht gemeint. „Wie viel von dem, was Sie mir erzählt haben, kann ich schreiben?“
    Sie lächelt. „Wir machen es auf die zivilisierte Tour: Sie schicken mir den Text und ich gebe mein Okay dazu. Sie können alles verwenden, was ich Ihnen über den Stand der Wissenschaft und ihre Grenzen erzählt habe. Sie können schreiben, dass ich es war, die Peter Schilling verlassen hat. Und dass ich den Prozess gegen ihn nur verloren habe, weil sich keiner im Verfahren in der genetischen Alternsforschung ausgekannt hat. - Sie wissen schon, was geht und was nicht geht, ansonsten sage ich es Ihnen.“
    „Warum arbeiten Sie eigentlich hier und nicht in der Pharmaindustrie? Forschen können Sie da und dort und die Bezahlung ...“ „Ab und zu frage ich mich das auch. Vor allem wenn ich wieder einmal darum kämpfe, dass mein Institut ein wichtiges Mikroskop bewilligt bekommt. Oder eines von den neuen superschnellen Gensequenzierungsgeräten. Aber: Arbeite ich für einen Konzern, gehören die Ergebnisse ihm. Und: Der Konzernchef sagt mir, worüber ich forschen soll. Hier habe ich Luft. Und Freiheit. Und die klitzekleine Hoffnung, etwas zu entdecken, das mehr Menschen weiterhilft als den Aktionären eines Pharmariesen.“
    Natalie Veiths Mobiltelefon läutet. Sie sieht irritiert auf das Display. „Ich glaube, das sind die von der steirischen Polizei.“
    Ich wedle mit der Hand. Ich muss sie noch dringend etwas fragen, ist mir soeben eingefallen.
    Natalie Veit legt das Telefon wieder hin. „Na gut. War ich eben im Labor. Wenn es wichtig ist, werden sie es noch einmal probieren. - Warum soll ich nicht drangehen?“
    Das Läuten hört auf. Dann läutet der Festnetzapparat.
    „Sie haben in Ihrem Labor mit so einem Metallplättchen Ihre C. elegans von

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