Unterm Strich
heißt ein glänzender Film des italienischen Regisseurs Sergio Leone aus dem Jahr 1984 mit Robert De Niro und James Woods in den Hauptrollen. Vor allem sein Titel liefert mir die Überleitung, weniger sein Inhalt - die Chronik des amerikanischen Traums, auch die von Gier, Macht und Verrat.
An Abgesängen auf die US-amerikanische Vormachtstellung fehlt es nicht. Aus manchen klingt mehr oder weniger unverhohlen ein gestörtes Verhältnis zu den USA. Der Wunsch war offenbar Vater der Noten. Nach dem Zusammenbruch des realen Sozialismus sehnten sich Nostalgiker auch nach einem Abgang des ideologischen Gegners. Vergleiche mit dem Aufstieg und Fall des römischen Imperiums trafen eine Zeitlang auf offene Ohren, ehe sie unergiebig und langweilig wurden.
Die USA werden eine wirtschaftliche und militärische Supermacht bleiben. Den Fehler, ihre wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Potenziale, ihre Integrationskraft wie auch den »spirit« ihrer Bürger zu unterschätzen, sollte man tunlichst vermeiden. Im Übrigen erscheint mir ein Rückzug der USA oder ihre nachhaltige Schwächung in einer neuen Weltordnung keineswegs wünschenswert, weil dadurch ein Vakuum entstünde, das andere Mächte mit ihren Ordnungsvorstellungen anzöge. Viel Spaß bei der Prüfung der in Frage kommenden Kandidaten und ihrer Angebotspalette!
Ich sehe sechs Gründe oder Trends, die auf einen Verlust der bisher unangefochtenen Vormachtstellung, auf den Wechsel zu einer multipolaren Welt mit den USA als einem Hauptdarsteller, hinweisen. Sie verbinden sich mit zwei Fragen: wie korrekturfähig die USA sind, um ihre wirtschaftliche und politische Autorität wiederherzustellen und einen unverträglich großen Gewichtsverlust zu vermeiden, und ob die politische Führung der USA ihr Land auf den Wandel im globalen Wirtschafts- und Machtgefüge einstimmen kann. Daran schließen sich zwei weitere Fragen an: In welchen Strudel gerät Europa mit Deutschland ob dieser Veränderungen? Gestalten wir mit, oder werden wir - mit welchen Konsequenzen - gestaltet?
Erstens weisen die enormen Defizite im US-amerikanischen Staatshaushalt, in der Leistungsbilanz und auf den privaten Konten aus, dass die USA ihren Wohlstand in einem Ausmaß auf Pump finanziert haben, das selbst ihre wirtschaftliche Kraft weit überdehnt hat und zukünftige Handlungsspielräume dramatisch einschränkt. Das staatliche Budgetdefizit des Fiskaljahres 2010 (Abschluss 30. September 2010) dürfte die erwarteten fast 1,5 Billionen US-Dollar erreichen. Das sind rund 10 Prozent der US-Wirtschaftsleistung (zum Vergleich: Deutschland 2010 im Soll mit 5 Prozent). Die gesetzlich zulässige Verschuldungsobergrenze ist im Frühjahr 2010 auf 12,4 Billionen US-Dollar angehoben worden. Das entspricht einer Schuldenstandsquote von knapp 90 Prozent (Deutschland im Soll 2010 rund 79 Prozent). Gemäß der aktuellen Zehnjahresplanung wird der Fehlbetrag im US-Staatshaushalt in keinem Jahr bis 2020 unterhalb von 700 Milliarden US-Dollar liegen. Selbst in guten Jahren wird also die Schuldenstandsquote weiter steigen. Bereits heute sind die Zinszahlungen mit 450 Milliarden US-Dollar (2008) der viertgrößte Posten im US-Budget. Der Zinsdienst absorbierte 2009 etwa 5,3 Prozent des Bruttosozialprodukts der USA. Für das Jahr 2020 werden fast 16 Prozent geschätzt. In einem Spiegel- Interview bestätigte Paul Volcker, der frühere Präsident der US-amerikanischen Notenbank, der Federal Reserve Bank, und jetzige Berater von Präsident Barack Obama, die Feststellung von Niall Ferguson - »Hohe Verschuldung und langsames Wachstum bringen Imperien zu Fall - und die USA könnten als Nächstes dran sein« - als eine reale Bedrohung für die Vereinigten Staaten.
David Walker, ehemals Chef des US-Rechnungshofes, warnte im Frühjahr 2009, dass die USA ihr Triple-A-Rating - also die Primusklasse der Kreditwürdigkeit - verlieren könnten, was neben der Gefahr steigender Zinsen ein weiterer Torpedo für ihren Staatshaushalt wäre. Bei hohem Niveau und Tempo der Verschuldung werden Gerüchte nur sehr schwer im Zaum zu halten sein, dass die Flucht in eine höhere Inflation ein probates Gegenmittel sein könnte. Das aber träfe nicht nur die Anlagen von US-amerikanischen Bürgern und Unternehmen, sondern vor allem auch die in den Händen ausländischer Gläubiger, die die US-Defizite überwiegend finanzieren. Sie würden sich bemühen, ihre Anlagen aus den USA abzuziehen, und ihre Anlagestrategien zu Lasten der USA
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