Unterm Strich
abzuwettern.
Der deutsche Bankensektor gehört zu jenen, die sehr früh und mit voller Wucht von der Finanzkrise erfasst wurden. Ihm kann nicht zur Last gelegt werden, diese Krise maßgeblich mit verursacht zu haben. Aber ein bloßes Opfer ist er auch nicht. Viele deutsche Finanzinstitute haben sich aktiv daran beteiligt, das Schwungrad immer weiterzudrehen. Sie haben Geschäfte mit eingebautem Zünder in hohen Volumina betrieben und ihren Kunden aufgeschwatzt. Über die Finanzkrise selbst wird noch zu reden sein. Hier stellt sich die Frage, welche Mängel oder Risiken den deutschen Bankensektor in den nächsten Jahren in Gefahr bringen können. Einige seiner Strukturmerkmale, die vor der Krise teilweise als Relikte aus vormodernen Zeiten belächelt oder kritisiert worden sind, haben sich ja durchaus bewährt. Dazu gehört das in Deutschland verbreitete Universalbankensystem, das seine Existenz auf einen Kundenstamm von Einlegern gründet. Das auf den Säulen private Geschäftsbanken, öffentlich-rechtliche Institute und Genossenschaftsbanken ruhende Bankenwesen erwies sich als Vorteil. Genossenschaftsbanken und der weitaus größere Teil der Sparkassen zeigten sich robust. Die Bausparkassen, eine nur scheinbar altmodische Einrichtung, haben ihre Kunden nicht enttäuscht, da ihnen der Weg in riskante Anlagen versperrt ist. Dennoch ist die Bankenwelt in Deutschland alles andere als in Ordnung.
Das größte nach wie vor verbleibende Systemrisiko geht von den Landesbanken aus. Konsolidiert sich dieser Sektor nicht, droht einigen von ihnen eine weitere sogenannte Rating-Migration, also eine Abwertung ihrer Kreditwürdigkeit, über die sich ihre Refinanzierungsmöglichkeiten zusätzlich verschlechtern und im Zuge neuer Eigenkapitalanforderungen weitere Probleme ergeben würden. Die sieben selbständigen Landesbanken in Deutschland haben größtenteils schon seit längerem kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr. In Ermangelung dessen haben sich mehrere Landesbanken, insbesondere nach dem Wegfall der beiden Staatsgarantien Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Juli 2005, mit billiger Liquidität vollgesaugt und diese in Beteiligungen, Verbriefungen, Immobilien und andere Anlagen gesteckt, die hohe Margen versprachen, aber dicke Risiken auf die Bilanzen brachten.
Eine Konsolidierung oder Restrukturierung dieses Sektors, die Konzentration auf zwei, höchstens drei Landesbanken als Spitzeninstitute der Sparkassen mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell, ist über Jahre auch aus landespolitischen Egoismen und Verblendung versäumt worden. Mitten in der Finanzkrise oder in ihren Nachwehen wird eine solche Konsolidierung kaum nachzuholen sein, weil keine Landesbank sich mit einer anderen Landesbank wird verheiraten wollen, deren Mitgift sich als tödlich erweisen könnte. Eine horizontale Konsolidierung ist deshalb mindestens so lange unwahrscheinlich, wie sich die Bräute nicht wieder aufgehübscht haben und auf sicheren Beinen stehen. Das kann aber noch lange dauern oder sogar in einer weiteren Abwärtsspirale mit Pauken und Trompeten misslingen. Andererseits meiden die Sparkassen aus nicht ganz unverständlichen Gründen eine vertikale Lösung im Verbund mit Sparkassen ihrer Region. Viele von ihnen würden ihre Landesbanken lieber in einem Endlager entsorgt sehen. Eine private Investorenlösung ist nach den Erfahrungen von Mr. Flowers bei der HSH Nordbank ebenfalls unwahrscheinlich. Auf das plötzliche Auftauchen von potenten Investoren sollte man deshalb nicht hoffen. Sollten sie dennoch erscheinen, stellten sich mehr Fragen über ihre Herkunft, Motive und Strategien, als den Eigentümern der Landesbanken lieb sein kann.
Dies bedeutet, dass sich die derzeitige Landesbankenszene nicht so schnell restrukturieren wird, wie es nötig wäre. Damit bleiben die Systemrisiken dieses Sektors bestehen. Sollten einige Landesbanken angesichts andauernder Verluste und durchschlagender Risiken einen weiteren Kapitalbedarf haben, werden einige Länder passen müssen. Es dürften dann die bereits in meiner Zeit als Bundesfinanzminister spürbaren Tendenzen aufbrechen, den Bund anzuzapfen und mehr oder weniger brutal zu erpressen. Womit der Bund weitere Haushaltsbelastungen zu schultern hätte. Da er aber international in der Verpflichtung steht, keine systemrelevante Bank pleitegehen zu lassen, und alle Landesbanken ausweislich ihrer Bilanzsummen und Verflechtungen sich mit diesem Titel schmücken dürfen, hat der Bund schlechte
Weitere Kostenlose Bücher