Unterm Strich
Preis - also der Höhe seines Zinses - abbilden würde.
Die Notfallpakete, die der Europäische Rat auf seinen Ratssitzungen Ende März 2010 für Griechenland und Anfang Mai 2010 für Mitgliedsstaaten der Eurozone beschloss, sind in der Sache richtig und notwendig. Kleinkrämerische Krittelei verbietet sich angesichts der Größe der Herausforderungen und insbesondere mit Blick auf die Zuspitzung vor der Ratssitzung am 7-/8. Mai 2010, die auf unselige Weise an die Tage im September/Oktober 2008 erinnerte. Der Weg zu diesen Beschlüssen war allerdings fatal und hat Deutschland sehr viel Reputation in Europa gekostet. Die Bundesregierung vermittelte den Eindruck, dass sie sich von dem Datum der nordrhein-westfälischen Landtagswahl am 9. Mai 2010 leiten ließ und bis dahin die Griechenland- und Eurokrise eher dilatorisch behandeln wollte, um den Ressentiments von Wählern gegen deutsche Hilfsmaßnahmen zu entgehen. Europa erschien vor und nach diesen Ratssitzungen uneinheitlicher denn je seit Ausbruch der Krise. Die deutsch-französische Achse wies eine erhebliche Unwucht auf. Die Europäische Zentralbank war dem Verdacht ausgesetzt, sie sei zum Aufkauf von Staatsanleihen unter Hinterlegung von nicht eben erstklassigen Besicherungen politisch überredet und daher in ihrer Unabhängigkeit angetastet worden.
Den Aufkauf von Staatsanleihen selbst sehe ich unter dem Aspekt einer damit verbundenen Geldvermehrung nicht als Problem an; die US-amerikanische und die britische Zentralbank praktizieren das bereits seit längerer Zeit. Die EZB wird die Gefahr einer Geldvermehrung mit ihren Instrumentarien schon neutralisieren können. Aber zum einen sehe ich die Gefahr, dass die Zentralbanken zu bad banks für »faule« Staatsanleihen werden, zum anderen nagt in mir der leise Zweifel, dass die EZB nach dieser Zusage künftig noch einmal dem politischen Insistieren des Europäischen Rates - also der Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs mit ihren jeweiligen nationalen und persönlichen Präferenzen - unterliegen könnte. Beispielsweise bei einer - im Sinne der Geldwertstabilität eigentlich fälligen, aber konjunkturpolitisch als kontraproduktiv empfundenen - Zinserhöhung.
Ich erkenne an, dass die beiden Notpakete vom Frühjahr 2010 eine notwendige Bedingung für die Stabilisierung des Euro und damit der gesamten EU waren. Aber sie sind deshalb noch lange nicht hinreichend, denn sie bringen lediglich einen Zeitgewinn. Sie können wahrscheinlich der kurzfristigen Spekulation entgegenwirken. Aber sie ändern nichts an den eigentlichen Strukturproblemen dieser Mitgliedsstaaten des Euroraums, die verächtlich unter dem Namen PIIGS zusammengefasst wurden (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien). Diese Probleme liegen - mit Unterschieden - in einer exzessiven Staatsverschuldung und einer unzureichenden Wettbewerbsfähigkeit, die sich vor allem im Falle Griechenlands und Portugals in außerordentlichen Leistungsbilanzdefiziten ausdrückt. Hinzu kommen die bisher nicht korrigierten Geburtsfehler der Währungsunion, die zu weiteren Angriffen auf den Euro einladen.
Die Sparprogramme in einigen dieser Länder drücken den bemerkenswerten Willen zur Konsolidierung des öffentlichen Haushalts aus. Aber sie wirken zweischneidig, weil sie das Wirtschaftswachstum und damit die Steuereinnahmen so weit dämpfen und die Arbeitslosigkeit möglicherweise derart erhöhen, dass die Spiralbewegung immer weiter nach unten weist. Selbst wenn die griechisehe Regierung ihr durchaus drastisches Sparprogramm durchzusetzen vermag, ohne dass die Bevölkerung sie aus dem Sattel schmeißt, wird der Schuldenstand des griechischen Staates schon bis zum Jahr 2012 oder 2013 auf wahrscheinlich 150 Prozent anwachsen. Man wird dem Land schlechterdings kein Sparprogramm abverlangen können, das die Binnennachfrage und die Steuereinnahmen praktisch zum Erliegen bringt. Aber gibt es einen Plan B?
Es wäre meines Erachtens an der Zeit, erstens Mittel der EU im Rahmen der finanziellen Unterfütterung der Strategie »Europa 2020« gezielt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im südlichen Europa einzusetzen. Europäische Förder- und Strukturbanken wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) könnten behilflich sein. Zweitens braucht, um das Kind beim Namen zu nennen, ein Land wie Griechenland eine Entschuldungsaktion. Anders wird es nie in der Lage sein, sich aus dem Treibsand zu
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