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Unternehmen CORE

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Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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es im Einstellplatz vor seinem Bungalow geparkt.
    Durch die Küchenrolladen starrte er auf die Wache im Jeep, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand. Cyrus trug in seinem Labor im zentralen Komplex Saltvilles meist alte Jeans-Hemden, Kordhosen und knöchelhohe Wüstenstiefel. Statt in Shorts und Sandalen zu schlüpfen, so wie er es gewöhnlich tat, wenn er nach Hause kam, ließ er Stiefel und Hosen an und ging direkt durch die Verandatür über den sandigen Hinterhof zu den Palmen und dicken Tamarisken, die die Grenze des Grundstücks darstellten. Bedeckt von den dichten Blättern, blieb er stehen und vergewisserte sich, daß keine zweite Wache hinter dem Haus stand – was er nicht erwartete – und ließ sich dann die Wände des tiefen Wadi hinabgleiten, der das Gelände hinter dem Haus durchschnitt. Er hielt sich nah an das Ufer und ging hinauf, den Bergen zu.
    Mehr als einen Kilometer folgte er dem Wadi flußaufwärts. Dann, vom Zaun und der an ihm entlangführenden Straße nicht einsehbar, kletterte er die andere Bank des Wadi hinauf und ging über die von der Wüste geschwärzte Oberfläche des alluvialen Gesteins. Nach vielen Erkundungsgängen entlang der Straße am Zaun kannte er diesen Weg gut. Er tauchte in die tiefen Wadis ein, die im Schatten der westlichen Klippen lagen.
    Ein Vogel schrie irgendwo hoch oben in den Felsen. Cyrus war sich sicher, daß es ein Falke war, bedauerte es aber, daß er die Spezies nicht benennen konnte. Er hatte niemals Vögel beobachtet.
    Weit zu seiner Linken, hinter der blendenden weißen Playa, brannten die östlichen Klippen wie rohe Rubine; der dreißig Stockwerke hohe Bohrturm erhob sich aus dem Seebett wie ein Kalziumkristall und ließ das Konglomerat der Hallendächer und industriellen Abfallhalden zwergenhaft erscheinen.
    Cyrus erreichte eine steile Kiesauswaschung, die von den Bergen herabfiel. Er blieb stehen, starrte hinauf zu der vertikalen Rinne, dem Eingang zu einem engen Canyon. Schließlich kam er an die Straße, die am Zaun entlang führte. Die Wachen variierten den Zeitpunkt ihrer Patrouillen, aber die Variationen erfolgten nach einem berechenbaren Schema.
    Zwei Wochen vorher hatte Cyrus hier entdeckt, daß das Fundament eines des Stahlzaunpfeiler ausgewaschen war, ein Zementklumpen hing lose in der Kuhle, die sich dort gebildet hatte. Von der Straße war dies nicht zu sehen, trotzdem hätten es die Wachen, die auf solche Dinge ihren Blick werfen, bald entdeckt, wenn Cyrus es nicht getarnt hätte.
    Cyrus zog den abgestorbenen Zweig, den er in die Mulde gesteckt hatte, heraus und entfernte die Steine unter dem Fundament, die verhinderten, daß der Zaun einsackte. Er rollte sich unten durch und zog, noch immer auf den Rücken liegend, den Zweig wieder an seine alte Stelle. Er kniete nieder, um den kleinen Steindamm zu reparieren, den er weiter oben angelegt hatte und der die Erosion verteilen sollte. Dann überquerte er den toten Raum zwischen den Zäunen – manchmal ließen sie dort Hunde laufen, Edwards Bemerkung allerdings über Elektrizität hatte sich als leere Drohung erwiesen – und quetschte sich durch das Loch, das er unter großen Mühen unter dem äußeren Zaun gegraben hatte.
    Zwischen den Wänden des Canyons blieb er stehen und blickte zurück; in seinen Augen spiegelte sich die ferne sonnenbeschienene Playa. Für ein oder zwei Stunden war er nun frei.
    Oben im Canyon gab es eine Quelle mit Weiden und Dattelpalmen. Manchmal kamen im fahlen Licht nach Sonnenuntergang oder in der Kühle der Morgendämmerung Tauben und Kolibris. Wüstenratten erschienen nach Einbruch der Dunkelheit und Füchse, die sie jagten. Einmal hatte Cyrus ein fernes fremdartiges Heulen vernommen, eine Hyäne, vielleicht.
    Er kämpfte sich durch dünnes, strauchartiges Buschwerk und kam an ein Wasserrinnsal, das im Sand versickerte. Weiter oben gab es einen kleinen Teich, darüber einen größeren, dann folgten eine Reihe von seichten Seen, die in der Dämmerung silbern schimmerten, wie die Münzen an den Ketten der Beduinen. Cyrus setzte sich an das Ufer des größten, an einen weichen Sandsteinabhang. Er betrachtete die auf der Wasseroberfläche reflektierten Sterne.
    So gern Cyrus es vorgezogen hätte, nur an das Loch zu denken und die wundervollen geologischen Überraschungen, die es beinahe täglich bereithielt, so nagten doch einige Dinge, die Saltville betrafen, an seiner glücklichen Ignoranz. Der Bohrturm wurde durch ein großes Ölkraftwerk angetrieben.

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