Unternehmen Delphin
riesige Sätze auf ihn zu, riß ihn um und drückte mit aller Kraft seiner Hände die Kiefer Loginows auseinander.
Es war schon zu spät. Der Bittermandelgeruch schlug Hall entgegen. Unter seinem Griff zuckte der Leutnant noch dreimal, aber die Augen waren schon verdreht, und die Zunge wurde blau.
»So eine Scheiße!« schrie Hall und richtete sich auf. »Wer denkt daran, daß sie Zyankali mitschleppen?! Hätten wir ihn doch bloß in die Arme geschossen! O Gott, wird Crown toben …«
Er zuckte zusammen: Vom Meer her dröhnten Explosionen. Die Jagdhubschrauber flatterten vom Flugplatz hoch und schwirrten davon. Admiral Crown hatte die Jagd freigegeben, als die Computer meldeten: Die U-Boote ziehen sich zurück, die kleinen Miniboote schießen davon, das große Boot rauscht mit voller Fahrt zur Sperrgrenze …
»Jetzt drauf!« hatte Crown geschrien. »Wenn der Russe entkommt, ist das eine Blamage, die uns alle stinken läßt!«
Mit vollen 33 Knoten schoß die ›Charlie‹, das große Sowjetboot, aus der Gefahrenzone, ging auf fast 300 Meter Tiefe, ließ sich gewissermaßen in die Druckgrenze stürzen und entkam so dem ersten Wasserbombenteppich. Sternförmig rasten die Wachschiffe auf die Sowjets zu, aber noch bevor sie alle konzentriert eingreifen konnten, durchstieß das U-Boot die Grenze des Sperrgebiets. Jetzt – im internationalen Gewässer – hätte ein Angriff einen großen internationalen Konflikt provozieren können. Der Kommandant der kleinen Flotte meldete sich bei Crown.
»Sir, er ist durch. Was soll geschehen?«
»Drauf!« schrie Crown unbeherrscht, hochrot im Gesicht. »Drauf! Gibt eine Katze auf, wenn die Maus vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer rennt?« Doch dann winkte er ab.
Die Hubschrauber, die Luft-Wasser-Raketen abfeuerbereit, kreisten außerhalb des Sperrgürtels und registrierten die Positionsangaben der Radargeräte. Aber es war zu spät, man konnte die Tatsache nicht wegwischen: Die Sowjets waren im freien Pazifik. Sie hätten jetzt sogar frech auftauchen können unter Hissung der sowjetischen Flagge – man hätte sie nur zähneknirschend fotografieren dürfen.
»Sir, wer verantwortet das?« fragte der Flottenkommandant ruhig.
Admiral Crown schwieg. Die Delphine, schneller als jedes U-Boot, umkreisten die ›Charlie‹ und zeigten damit noch mehr die Ohnmacht der Amerikaner.
»Ich stinke!« sagte Crown heiser. »Wir alle stinken!«
»Im Ernstfall würde Ronny jetzt das Boot versenken.« Dr. Rawlings starrte auf die Computerbilder, die von den Delphinen gefunkt wurden. »Es wären von jeder Kompanie mindestens drei Delphine mit Magnetminen ausgerüstet, die man jetzt ankleben könnte. Wir haben diesen sowjetischen Angriff glänzend abgewehrt, Sir.«
»Das nennen Sie armseliger Zivilist glänzend?« stöhnte Crown.
»Wir haben zur Zeit keinen Krieg.«
»Keinen offiziellen!«
»Hoffentlich nie!« Dr. Rawlings drückte auf die Sprechtaste zum ›Mutterschiff‹. »Bravo, James! Das war hervorragende Arbeit. Unsere Burschen sind super. Gratuliere!«
»Danke, Steve.« Finleys Stimme klang wie zerstört: »Harry ist tot …«
Dr. Rawlings schluckte. Auch Crown hielt den Atem an. Das Flimmern auf dem Monitor – es war Harrys letztes Signal gewesen.
»Kommt zurück!« sagte Rawlings gepreßt.
»Ja, Steve. Aber erst holen wir Harry an Bord. Wir fahren hinüber zum Toki Point.«
Fünf Stunden später hatte man Harry unter großen Schwierigkeiten aus der Brandung des Korallenriffs geholt. Der Stahlpfeil stak noch tief in seinem Nacken.
Als er in einem Netz an Bord gezogen wurde, trat Finley in den Schatten der Brücke zurück und weinte. Niemand wagte ihn anzusehen, um nicht mitzuheulen. Der große Mann lehnte an der Wand, und die Tränen rollten ihm in den halboffenen Mund.
Auch Helen ging nicht zu ihm. Es waren Minuten, in denen ein Mann allein sein wollte, in denen alle Worte nichtig sind. Sie stand an der Reling, als der tote Harry von dem kleinen Motorboot an Bord gehievt wurde. Die gesamte Mannschaft, an der Spitze Captain Yenkins, entbot einen militärischen Gruß.
Und als das Mutterschiff in der großen Lagunenbucht von Wake anlegte, erlebte Finley etwas, was er nie für möglich gehalten hätte: Admiral Crown stand mit dem gesamten Stab und allen Offizieren an der Pier, eine Ehrenkompanie der Mariner stand stramm, die Fahne der USA flatterte über dem Fahnenträger, und die Militärkapelle von Wake spielte die Nationalhymne. Sechs Matrosen trugen Harry an Land, und Crown
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