Unternehmen Vendetta
Bewilligung eines Sonderurlaubs für Hauptmann Åke Stålhandske, unterzeichnet von Fregattenkapitän Hamilton.
Sie hatten bei Stålhandske in der Wohnung angerufen, doch niemand hatte abgenommen. Fünf Minuten später rief Eva-Britt Jönsson an, die soeben die Morgennachrichten gehört hatte. Ihren Äußerungen war zu entnehmen, daß sie wußte, daß Carl sich mit Joar Lundwall in einem dienstlichen Auftrag in Italien aufgehalten hatte. Er habe, erklärte sie, zuletzt gestern morgen von Palermo aus angerufen.
Er war also nicht zu Hause, hatte sich nicht einmal bei seiner Frau gemeldet, und Samuel Ulfsson hatte einige Mühe, einerseits zu versichern, Carl befinde sich in Sicherheit, und zweitens zu erklären, daß er nicht sagen könne, wo diese Sicherheit sei. Es werde sich jedoch alles aufklären, es gebe keinerlei Grund zur Besorgnis, und so weiter.
Die Mischung aus Qual und Unruhe wurde keineswegs geringer, als eine Tessie O’Connor anrief und darum bat, mit dem Spionagechef persönlich sprechen zu dürfen.
Als Samuel Ulfsson das Gespräch entgegennahm, verlief es ungefähr so wie das vorige mit Eva-Britt Jönsson. Nein, Carl befinde sich außer Gefahr. Nein, bedauerlicherweise könne er nicht sagen, wo Carl sich aufhalte. Nein, er könne die Frage nicht beantworten, ob dies auf militärischer Geheimhaltung oder mangelndem Wissen beruhe. Samuel Ulfsson wehrte sich eine Zeitlang heftig gegen Tessie O’Connors bohrende Fragen.
»Sie ist Anwältin, glaube ich«, erklärte der Alte leise, als Samuel Ulfsson auflegte und seinen alten operativen Chef fast verzweifelt ansah.
»Ich will verdammt sein, wenn wir jetzt keine Sorgen haben«, stellte Samuel Ulfsson fest. »Was haben die wohl vor? Was meinst du?«
»Ich glaube, zwei Dinge. Etwas Gutes und etwas Schlechtes. Was willst du als erstes hören?« seufzte der Alte.
»Das Gute!«
»Sie sitzen auf irgendeiner Schäreninsel, saufen und sind sentimental. Du weißt ja, daß die Jungs einander recht nahestanden.«
»Und das Schlechte?«
»Sie werden in ein paar Stunden in Palermo eintreffen und haben Namen und Adresse des Mörders.«
»Du lieber Himmel!«
»Ja, etwas in der Richtung.«
»Sind sie zu einer Art Vendetta unterwegs?«
»Ein Motiv hätten sie zumindest, und die Kapazität auch.«
»Aber das wäre ja vollkommen unverantwortlich!«
»Ja, selbstverständlich. Normalerweise sind die Jungs aber nicht unverantwortlich, zumindest nicht Carl. Ich glaube eher an die Variante mit der Schäreninsel.«
»Ich könnte ja mit unseren italienischen Kollegen Verbindung aufnehmen und alles stoppen, was…«
»Nein, nur das nicht! Wenn sie tatsächlich auf einer Insel in den Schären sitzen, blamieren wir uns nur. Wenn sie auf eigene Faust eine Operation durchführen, blamieren wir uns ebenfalls und entziehen den Jungs überdies unsere Unterstützung.«
»Und du meinst, das können wir nicht tun?«
»Nein, sie können da unten ohne Unterstützung durch ihre Gastgeber nichts unternehmen, das glaube ich jedenfalls. Laß uns eine Weile abwarten. Wie steht es mit der Beerdigung?«
Samuel Ulfsson schob das große unangenehme Problem beiseite, um sich schnell des kleinen unangenehmen Problems anzunehmen. Beata sollte die Organisation übernehmen. Frau Lundwall habe, so Samuel Ulfsson, dankbar akzeptiert, daß die Streitkräfte die Beisetzung arrangierten, wolle das Ganze jedoch so schnell wie möglich hinter sich bringen, am liebsten schon zum Wochenende. »Soweit ich eben von Beata erfuhr«, fuhr er fort, »besteht das größte organisatorische Problem im Moment darin, am Wochenende eine Militärkapelle zur Arbeit zu bewegen. Außerdem gibt es gewerkschaftliche Probleme mit den Geistlichen, denn die kann man nur schwer dazu bringen, am Sonntag zu arbeiten, dem Tag des Herrn. Dann gibt es noch einige Fragen der Etikette, wer anwesend sein soll, ob das Außenministerium einen Vertreter schickt, ob die Streitkräfte auf höherer Ebene vertreten sein müssen als durch mich, obwohl ich als höchster Vorgesetzter der Sektion dabei sein muß. Der direkte Vorgesetzte ist ja Carl gewesen, und da sehe ich keine Hindernisse, denn der ist der Öffentlichkeit ja bekannt. Schwieriger wird es schon mit jüngeren Kollegen in geheimen Diensten.
Beata hat für die nächsten zwei Tage jedenfalls alle Hände voll zu tun. In dieser Zeit müssen wir jedoch auch mit Carl Verbindung bekommen, denn sonst müssen wir die Alarmsirenen heulen lassen. Wenn es sein muß, bis nach
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