Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Wagen. Dieser fuhr mit kreischenden Reifen los und jagte mit Blaulicht und eingeschalteter Sirene davon.
    In der folgenden Stunde entfaltete sich eine effektive Tätigkeit, die Carl erstaunte und schuldbewußt machte, weil er sich seine unbewußten Vorurteile gegen die italienische Bürokratie eingestehen mußte.
    Er hatte damit gerechnet, daß Verhöre und Begegnungen mit Staatsanwälten, Rechtsanwälten und schwedischen Diplomaten einige Tage in Anspruch nehmen würden. Das einzig Besorgniserregende an dieser Aussicht war im Grunde nur, daß er aus schwedischer Sicht sozusagen sicher verwahrt sein würde. Schwedische Diplomaten würden ihn aufsuchen, wenn er eingesperrt war, und ihm den Befehl erteilen, nach Hause zu fliegen, was er verweigern würde. Andererseits waren zwei Tage hinter Schloß und Riegel eine angenehme Entspannung beim Warten auf die Fortsetzung. Der Feind würde wohl etwas Zeit brauchen, um sich etwas Besseres auszudenken als Schützen auf einem Motorrad. Und unterdessen konnten Åke und Luigi erneut zuschlagen.
    Doch statt dessen ging alles rasend schnell.
    Erst wurde er zum Polizeihauptquartier gegenüber dem Palazzo dei Normanni gefahren, in dem englischsprechendes Personal Dienst hatte. Er brauchte sich nicht einmal zu setzen, sondern wurde sofort zu einem Kommissar geführt, der so aussah und so sprach, als befänden sie sich in New York.
    »Ich heiße Lario Lucente und habe heute abend Dienst. Bitte, nehmen Sie Platz, Fregattenkapitän«, sagte der Mann, der in der nächsten halben Stunde eher so etwas wie ein Gastgeber als ein Vernehmungsbeamter war.
    Carl gab ihm die Hand und setzte sich. Dann zog er seine Brieftasche hervor und entnahm ihr das Papier, das ihn berechtigte, Waffen zu tragen. Er faltete es auseinander und legte es dem Polizeibeamten auf den Tisch.
    Mario Lucente las unter zunehmendem Erstaunen, lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Okay, Fregattenkapitän. Ich will Ihnen gleich ganz offen sagen, wie es aussieht«, begann er, wobei er immer noch lächelte und den Kopf schüttelte. »Wir sind jetzt zwar nicht in New York, aber ich habe jedenfalls die Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß dies ein Verhör ist. Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden, und so weiter. Aber das ist Ihnen sicher schon klar?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Carl. »Haben Sie in New York als Polizist gearbeitet?«
    »Ja, fünfzehn Jahre. Bin da geboren. Setzte mir eines Tages in den Kopf, mir ein ruhigeres Plätzchen zu suchen, wollte in die Heimat ziehen und all das. Ruhigeres Plätzchen, ist das nicht ein Witz? Wie dumm darf man eigentlich sein? Nun, jetzt Ihre Story, Fregattenkapitän? Was ist passiert?«
    Er schaltete ein Tonbandgerät ein und wartete ab. Carl fühlte sich unsicher, wieviel er erzählen sollte, entschied sich dann aber erst einmal für eine recht knappe Version.
    »Wie Ihnen bekannt ist, ist vor einer Woche einer meiner Kollegen auf ähnliche Weise erschossen worden. Aus diesem Grund bin ich bewaffnet, wozu ich, wie Sie wissen, berechtigt bin. Als das Motorrad in der Pizzeria 59 erschien, konnte es kaum einen Zweifel geben, was die beiden vorhatten. Ich habe trotzdem gewartet, bis der Beifahrer seine Waffe hob. Ich hatte meine schon in der Hoffnung gezogen, die beiden würden das Vergebliche ihres Vorhabens einsehen. Aber so mußte ich ihn unschädlich machen. Der andere machte eine Bewegung, die sich nachträglich möglicherweise auf mehrere Arten hätte deuten lassen. Aber in dem Augenblick hatte ich keine Zeit für philosophische Überlegungen, und deshalb habe ich auch den zweiten Täter mit zwei Schüssen kampfunfähig gemacht, die ihn aber nicht töten sollten. Hinter den beiden Zielen gab es ausreichenden Kugelfang, so daß keine Gefahr bestand, daß unbeteiligte Personen verletzt wurden.
    Die Art und Weise, wie die Täter auftraten, scheint mir ein Hinweis darauf zu sein, daß es Berufskiller waren. Dadurch glaubte ich mich zur Notwehr berechtigt.«
    Mario Lucente lachte, fuhr sich mit einem Taschentuch über seine beginnende Glatze und stellte das Tonbandgerät ab.
    »Verzeihung«, sagte er, »aber ich muß mich erst etwas sammeln, bevor ich ein paar ergänzende Fragen stelle. Mir machen Verhöre nicht immer soviel Spaß wie heute.«
    »Spaß?« sagte Carl, ohne überhaupt den Erstaunten spielen zu müssen, und hob die Augenbrauen. »Es ist doch eigentlich eine recht düstere Geschichte?«
    »Ach was! Ich hätte gern die Gesichter dieser Burschen sehen

Weitere Kostenlose Bücher