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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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werfen.
    Carls Blick verirrte sich auf dem Kartenblatt und fiel auf Sizilien.
    Südlich von Sizilien lag Malta, viel näher an der nordafrikanischen Küste, als er in Erinnerung hatte. Und südlich von Sizilien lag Libyen.
    Libyen?
    Der Gedanke kam ihm mit überwältigender Kraft. Ihm sträubten sich die Haare an den Unterarmen. Libyen?
    Saddam Husseins Irak war ausgelöscht. Das Gangsterregime in Syrien war immer noch in gewisser Weise ein Verbündeter. Aber auch dort würde es den USA unmöglich sein, den Schwarzen Peter unterzubringen, um die neue Weltordnung aufrechtzuerhalten.
    Aber wieder Ghaddafi? Warum nicht?
    Wenn man in der Verschwörungstheorie Irak und Libyen vertauschte, kam plötzlich Logik ins Spiel.
    Die USA waren mit Flugzeugträgern in die Syrte eingedrungen, um Libyens Anspruch auf die neue Siebzig-Kilometer-Grenze zu bestreiten. Unter Hinweis auf die Freiheit der Meere und derlei war es den Amerikanern gelungen, ein paar libysche Maschinen in die Luft zu locken. Natürlich hatten die Amerikaner glänzende Siege erkämpft und waren anschließend nach Hause gedampft, nachdem sie »Ghaddafi eine Lektion erteilt hatten«. Die Flugzeugträger konnten jederzeit wieder auftauchen. Ghaddafi mußte zumindest darauf eingestellt sein.
    Carl betrachtete erneut die Skizze mit den Raketenlafetten. Wenn man auf die komplizierte Einsatzzentrale verzichtete, wenn man statt dessen die Abschußlafetten an Land in festen Positionen eingrub? Und wenn dann ein Flugzeugträger in Reichweite der Raketen geriet? Und: Die USA hatten keinerlei Kenntnis davon, daß diese Scheiß-Araber schwedische Waffen dieses Typs besaßen. Der Flugzeugträger würde mit hoher Wahrscheinlichkeit versenkt werden. Sechstausend Mann, rund hundert Kampfflugzeuge, Kernreaktor und alles übrige. Das wäre so etwas wie die Schlacht am Little Big Horn, der einzige große Sieg der Indianer.
    Nach der Vernichtungsorgie am Persischen Golf waren die Ölpreise in die Höhe geschossen. Ghaddafi hatte reichlich Geld. Wieviel würde er für achtzig Exemplare des Raketentyps Nummer 15 bezahlen?
    Alles, was dazu nötig war, waren ein paar Fernlaster nach Sizilien und anschließend ein paar Fischerboote oder sonst etwas, sowie ein paar Stunden Überfahrt bis Libyen.
    Carl ertappte sich dabei, irgendwie Sympathie für diese Idee aufzubringen. Das würde ein schnelles Ende der neuen Weltordnung bedeuten, der heutigen Pax Americana, der Zeit nach der großen Vernichtungsorgie am Persischen Golf. Überdies würde es den USA nie mehr gelingen, für neue Vernichtungsexpeditionen in die Dritte Welt den Sicherheitsrat der UNO hinter sich zu bringen. Und ein neuer Großkrieg zur Vernichtung einer weiteren Arabernation als Rache für den Verlust eines Flugzeugträgers, das war für Carl kein sehr ansprechender Gedanke.
    Es war natürlich eine wilde Spekulation, wenn man in der Gleichung Irak gegen das noch existierende Libyen austauschte. Nur eins war sicher: Italienische Gangster hatten zwei Schweden entführt und wollten darüber verhandeln. Und wahrscheinlich ging es einfach nur um Geld, fünf Millionen, zehn Millionen oder fünfzig Millionen.
    An der Tür war ein leises Klopfen zu hören. Carl sah auf die Uhr und sammelte schnell seine Papiere ein. Er nahm an, es sei eine Putzfrau, die sein Bett für die Nacht bereitmachen und ihm ein Stück Schokolade auf das Kopfkissen legen wollte.
    Draußen wurde es allmählich dunkel.
    Er ging in den Flur und öffnete, ohne durchs Guckloch zu blicken.
    Der Mann, der vor der Tür stand, hatte einen grauen Anzug an, eine dunkle Brille und erinnerte sofort an Augusto Pinochet.
    »Good afternoon, Commander. Ich bin Generalleutnant Giuseppe Cortini«, sagte der Pinochet-Doppelgänger mit starkem italienischem Akzent. »Ich gehe davon aus, daß wir uns am besten auf englisch unterhalten«, fuhr er fort, als ihm aufging, daß er seinen Gastgeber ein wenig verwirrt hatte.
    »Natürlich, Sir. Seien Sie willkommen. Bitte, treten Sie ein, Sir«, murmelte Carl schnell, als sich sein erstes Erstaunen gelegt hatte. Er trat zur Seite und machte eine einladende Geste ins Zimmer. Im selben Augenblick fiel ihm ein, daß er in Strümpfen war, was ihn sichtlich verlegen machte. Man empfängt Generäle nicht in Strümpfen.
    Er bat seinen Gast, sich auf das Sofa an dem Marmortisch zu setzen. Er entschuldigte sich mit einer verlegenen Geste und schlüpfte in die Schuhe.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten, Sir?«, sagte Carl, als er mit den

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