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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bestimmten Gangsterkreisen erledigt wird, die in der Führungsspitze von OTO MELARA sitzen. Schon der Verdacht, es könnte etwas an diesem nicht ganz glaubwürdigen Szenario dran sein, hat natürlich bewirkt, daß man auf schwedischer Seite Versicherungen erhalten wollte. Die beiden schwedischen Unterhändler wurden entführt. Eine schwedische Behörde hat mit der Post einen abgeschnittenen Zeigefinger erhalten, dazu eine Einladung zu Verhandlungen in Palermo. Ich soll jetzt versuchen, diese Verhandlungen zu führen, vorausgesetzt, es gelingt uns, Sie von der Richtigkeit unseres Vorhabens zu überzeugen. Wir haben die Absicht, Lösegeld zu zahlen und einen Austausch Geld gegen schwedische Landsleute zu arrangieren. Ja, uns ist bewußt, daß dies gegen italienisches Recht verstößt. Ich kann mir vorstellen, daß man das Ihrem Militär oder anderen Behörden hier in Rom mitgeteilt hat. Und jetzt sitzen wir also hier. Meines Wissens ist das alles. Ich glaube, Sir, daß es von schwedischer Seite aus äußerst unklug wäre, vor Ihnen, der Sie auf der italienischen Seite des Tisches sitzen, nicht mit vollkommen offenen Karten zu spielen.«
    »Das hängt unleugbar davon ab, mit welchen Italienern Sie verhandeln werden«, konterte der General schnell und erstickte einen Impuls neuer Heiterkeit. »Aber warum haben Sie eigentlich angedeutet, Sie hätten von den Mafia-Leuten nichts zu befürchten?«
    »Weil ich mir nichts anderes vorstellen kann, als daß es um ein Geschäft Geld gegen Geiseln geht. Und dann hätte es keinen Sinn, weitere Geiseln zu nehmen. Das würde die Verhandlungen nur unnötig verzögern und komplizieren, vielleicht sogar unmöglich machen. Wenn man damit anfinge, mich in Einzelteilen an das schwedische Außenministerium zu schikken, würde die Begeisterung für die Entsendung eines neuen Unterhändlers ziemlich negativ beeinflußt werden«, erwiderte Carl mit absichtlich betonter Trockenheit.
    Diesmal platzte der General vor Lachen laut heraus und brauchte einige Zeit, um wieder zu sich zu kommen. Diese Zeit nutzte er, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen und eine neue Zigarette anzuzünden.
    Carl fand die Heiterkeit so übertrieben wie unbegreiflich, konnte aber nichts anderes tun, als so neutral wie möglich auf eine Erklärung zu warten.
    Und die Erklärung schien auf sich warten zu lassen, weil der General aufstand, den Kopf schüttelte, ans Fenster trat und eine Zeitlang hinaussah. Nein, er sah nicht, er lugte hinaus, vorsichtig, als wollte er sich hinter der Fensterscheibe nicht als Zielscheibe darbieten. Carl bemerkte die Vorsicht und wunderte sich zugleich darüber. Draußen vor dem Fenster gab es keine geeignete Stelle für einen Feuerüberfall. Ein paar Stockwerke tiefer war ein Hof, und auf der anderen Seite des Hofs befand sich eine glatte Wand, an der sich niemand verstecken konnte. Über der Wand eine schütter bewachsene Grünfläche, auf der sich ein Schütze kaum verstecken konnte. Vielleicht ist es ein reflexhaftes Verhalten, überlegte Carl.
    Der General ging plötzlich mit energischen Schritten zu seinem Sessel zurück und schnarrte im Hinsetzen eine Frage im Kommandoton hinaus.
    »Was bringt Sie dazu, es für unwahrscheinlich zu halten, daß die Waffensendung für den Irak bestimmt sein könnte?«
    »Das ist sehr einfach, Sir. In ökonomischem oder militärischem Sinn gibt es den Irak nicht mehr. Das war vor einigen Jahren noch anders, als dieses Projekt eingeleitet wurde. Aber heute gibt es in Bagdad keinen Kunden mehr. Kein Kunde, kein Geschäft. Aus diesem Grund haben wir ein einfacheres und kleineres Geschäft am Hals, Menschenleben gegen eine unbekannte Geldsumme. Und wir sind, wie Sie sicher schon erkannt haben, Sir, bereit, für das Leben schwedischer Mitbürger zu bezahlen.«
    »Sehr logisch«, nickte der General. »Sehr logisch. Aber gerade das ist falsch daran.«
    »Inwiefern, Sir?«
    »Unsere sizilianischen Freunde gehen nicht immer logisch vor. Wenn ich Ihr Feind wäre, würden Sie mich verstehen, könnten mit mir verhandeln, in gewisser Weise sogar vorhersehen, was ich plane, ebenso wie ich Sie verstehen und Ihre Schachzüge voraussehen könnte. Sie und ich sind Militärs. Gerade Linien und logische Entscheidungen, das ist ebenso selbstverständlich wie Schweden gegen Italien im Daviscup. Aber mit diesen Sizilianern ist es etwas völlig anderes. Die würden es fertigbringen, Sie mitten in einer Verhandlung umzubringen, weil ihnen Ihre Miene nicht gefällt oder

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