Unternehmen Vendetta
Kontakt zu den beiden anderen. Da er wegen der Strömung unsicher war, war er überdies gezwungen gewesen, zweimal an die Oberfläche zu kommen, um seine Position zu kontrollieren. Und dort draußen, mitten in der Bucht, durfte es natürlich keinen Sporttaucher geben.
Er hatte es kaum geschafft, sich aus eigener Kraft ins Boot zu wuchten. Das Ganze erinnerte ihn vage an eine Art Hell Week unter realen Bedingungen. Sein Körper war immer noch ein wenig kalt, obwohl die Sonnenhitze von einem klaren Himmel brannte.
Åke hatte ebenfalls einen anstrengenden Morgen hinter sich. Kaum hatten die beiden Kameraden ihn verlassen, hatte er mit seiner Jagd auf Tintenfische begonnen, wenn auch weniger begeistert als je zuvor. Doch Carl hatte natürlich recht gehabt. Es war gerade an diesem Morgen besonders wichtig, in den Restaurants im Hafen von Castellammare mit ein paar Tintenfischen aufzukreuzen. Wer auf Tintenfischjagd gewesen war, mußte ja unschuldig sein und konnte zumindest nicht verdächtigt werden, die Nacht oben in Don Tommasos Burg verbracht zu haben.
Carls und Luigis Tarnuniformen hingen zum Trocknen unten im hinteren Salon. Die gesamte übrige Ausrüstung war weggeräumt.
»Acht plus drei sind elf«, sagte Luigi plötzlich zum Himmel gewandt. Es war, als wären die Worte von selbst gekommen.
»Wie bitte? Dreh jetzt bitte nicht durch«, murmelte Åke Stålhandske schläfrig. »Was zählst du da, Junge?«
»Die, die wir getötet haben«, erwiderte Luigi, der plötzlich hellwach war. »Wenn ich es richtig verstehe, haben wir elf Menschen getötet.«
»Ja, und einen angeschossen«, murmelte Åke Stålhandske, den das Gesprächsthema nicht im mindesten amüsierte.
»Ach ja. Und haben in der Presse dazu aufgefordert, an einem weiteren die Todesstrafe zu vollstrecken. Und wenn ich Carl richtig verstanden habe, hat unser Freund ohne Kopf den anderen auch noch geschafft.«
»Salvatore Carini oder was? Diesen Schlächter von Trapani?«
»Ja, in dem Fall sind es zwölf. Ein Dutzend«, erwiderte Luigi. Åke Stålhandske gab eine Zeitlang keine Antwort. Die Situation war ungewohnt für ihn. Er war unsicher, ob er die Rolle des beruhigenden und aufmunternden älteren Offiziers ausfüllen konnte. Es konnte schließlich nicht ganz unkompliziert sein, gleich bei der ersten Operation im Feld so etwas zu erleben. Es war ein riesiger Unterschied, ein mentaler Unterschied, ob man all diese Teufeleien theoretisch lernte oder sie in der Praxis ausführte.
»Na ja, wir könnten ja auch so sagen«, begann Åke Stålhandske vorsichtig. »Der Feind hat vier Attacken auf uns ausgeführt, von denen eine erfolgreich war. Wir haben mit drei Angriffen geantwortet, die sämtlich erfolgreich waren. Ihr Ziel ist, die schwedischen Geiseln zu behalten, und wir wollen sie befreien.«
»Und das sollen wir erreichen, indem wir mit immer neuen Morden ihre Reihen lichten«, konterte Luigi.
»Aber ja«, stellte Åke Stålhandske nüchtern fest. »So kann man es vielleicht ausdrücken. Aber du solltest nicht moralisieren. Denk doch nur daran, mit was für Leuten wir es zu tun haben.«
»Genau das tue ich ja. Wir befinden uns in einer Vendetta mit einer sizilianischen Mafia-Cosca und glauben auf unsere nordeuropäische Art, das, was wir tun, hätte Logik, Sinn und Verstand. Wenn wir selbst solche Verlustziffern hätten, zwölf zu eins an Toten sowie vier Gefangene, um die man verhandeln kann, würden wir zu sehr klaren Schlußfolgerungen gelangen. Hier stimmt etwas nicht.«
»Na, und was sagt die italienische Hälfte in dir?« fragte Åke Stålhandske ohne jeden Anflug von Ironie.
»Daß die Logik nicht für eine Vendetta spricht, daß sie einfach nur weitergeht und weitergeht, bis eine Familie die andere ausgelöscht hat. Ist es immer so, wenn man uns zu Aufträgen hinausschickt? Es ist nicht gerade das, was ich erwartet hatte.«
Åke Stålhandske richtete sich auf, streckte sich und gab der Umgebung den Blick auf seinen gewaltigen Körper frei. Er betrachtete Luigi dort unten aus den Augenwinkeln und versuchte, an dessen Gesichtsausdruck etwas abzulesen. Doch Luigi wandte das Gesicht nur der Sonne zu, und sein glattes Gesicht verriet nicht das geringste.
»Nein, es ist durchaus nicht immer so wie jetzt«, bemerkte Åke Stålhandske fast zu sich selbst. »Es ist schon langweiliger, kälter und gefährlicher gewesen, und es hat auf der Gegenseite auch schon höhere Verlustziffern gegeben. Es ist recht abwechslungsreich gewesen, könnte man
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