Unternehmen Vendetta
herausgefunden, was die anderen nicht entdecken würden.
Doch jetzt stellte sich die Frage, wie die neue Entwicklung hier in Palermo zu deuten war. Daß von Zeit zu Zeit lose Köpfe aufgefunden wurden, war an sich nicht sonderlich sensationell. Das war fast schon ein Teil der sizilianischen Folklore. Aber dieser Kopf hatte eine besondere Eigenheit gehabt. Daß er im Kofferraum eines geparkten Wagens gelegen hatte, war ebenso üblich wie trivial. Doch dafür war der Kopf mit einem blaugelben Geschenkband aus Seide verschnürt gewesen, als wäre er so etwas wie ein Weihnachtsgeschenk.
Die schwedischen Farben sprachen natürlich eine deutliche Sprache, ebenso die Tatsache, daß der gestohlene Wagen mit dem Präsent vor der Albergo Grande geparkt war, wie das Hotel auf italienisch hieß, obwohl es immer noch den snobistischen langen französischen Namen führte.
Hatte jemand Schweden einen abgeschnittenen Kopf zum Geschenk gemacht? Rein journalistisch war das keine dumme Frage.
Åke Malm hatte darauf verzichtet, im Hauptquartier der Carabinieri etwas in Erfahrung zu bringen, da er den Eindruck gewonnen hatte, daß man dort schwedischen Journalisten gegenüber nicht sonderlich freundlich eingestellt war, zumindest nicht solchen schwedischen Journalisten, die etwa die Frage stellten, wohin Hamilton verschwunden sei.
Statt dessen hatte sich Åke Malm zur Squadra Mobile begeben, der Sondereinheit der palermitanischen Kriminalpolizei, die bei der Bekämpfung der Mafia eingesetzt wurde oder zumindest in regelmäßigen Abständen Zusammenstöße mit ihr hatte.
Dort zeigte man sich sehr entgegenkommend, als sich zeigte, daß Åke Malm ein perfektes Italienisch sprach, obwohl er Schwede war. Der diensthabende Kommissar, der im Moment auch für den fraglichen Kopf verantwortlich war, versprach Malm auch mit einem Augenzwinkern, beim Auftauchen anderer Schweden seine Informationen zurückzuhalten.
Der Kopf war inzwischen identifiziert worden. Er gehörte einem gewissen Toni Sanglieri, dem kleinen Bruder des Sanglieri, der vor einiger Zeit in der Albergo Grande ermordet aufgefunden worden war. Am interessantesten war jedoch die Tatsache, daß nach einem Mann gefahndet wurde, dessen Personenbeschreibung erstaunlich gut auf Toni Sanglieri paßte. Die Fahndung lag nach einer vor mehreren Wochen erstatteten Anzeige in mehreren Kopien vor. Die Identifikation war kaum zu bezweifeln. So besondere Kennzeichen wie ein völlig weißer Haarfleck an der Schläfe waren ungewöhnlich.
Toni Sanglieri war ohne Zweifel der Picciotto, den der schwedische Fregattenkapitän Hamilton wegen des Verdachts, seinen Kollegen ermordet zu haben, angezeigt hatte. Jemand hatte also den Mörder des Schweden ermordet und ein blaugelbes Band um den abgeschnittenen Kopf geschlungen, um keinen Zweifel zu lassen.
»Wenn dieser Hamilton Sizilianer wäre«, scherzte der Kommissar, »stünde mit absoluter Sicherheit fest, auf wen der Verdacht fallen würde. Aber Ihr Schweden rächt euch wohl nicht auf diese Weise?«
Es fiel Åke Malm schwer, das Gesicht zu einem Lächeln zu verziehen. Es stimmte zwar, daß Schweden sich meist nicht mit sizilianischen Methoden rächten, jedenfalls keinen normalen Schweden. Aber Hamilton war, soviel man wußte, ein Berufskiller.
Aber warum sollte er Spuren auslegen, um die Polizei auf sich aufmerksam zu machen?
Und wenn sich ein anderer zugunsten von Hamilton gerächt hatte? Mit Mafia-Methoden?
Würde Hamilton mit einer Gangsterbande gegen eine andere zusammenarbeiten? Auch das schien völlig abwegig zu sein.
Der Kriminalkommissar der Squadra Mobile nahm an, daß jetzt beide Mörder im Fall Joar Lundwall tot seien. Die beiden hätten immer zusammengearbeitet, erklärte er, und wenn der kleine Bruder damals der Schütze gewesen sei, sei wahrscheinlich der große Bruder der Fahrer des Motorrads gewesen.
Und der ältere Sanglieri war im Keller des Grand Hotel et Des Palmes ermordet aufgefunden worden. Zu einer Zeit, als Hamilton dort wohnte.
Das tat er jetzt nicht mehr. Jetzt war er irgendwo auf Sizilien untergetaucht, und niemand schien zu wissen, wo.
Åke Malm gelang es, ein paar Bilder des mit den schwedischen Farben geschmückten Kopfs aufzutreiben, womit er die Titelseite der morgigen Ausgabe gesichert hatte. Auf dem Rückweg ins Hotel grübelte er fieberhaft darüber nach, was er eigentlich schreiben sollte. Mit Sicherheit wußte er nur, daß der Verbrecher, der den schwedischen Hauptmann Joar Lundwall in Gegenwart
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