Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
VORSPEISEN BITTE. Nur Fisch, ja wirklich, nur Fisch.
    Der verwirrte Kellner wies ihnen einen Tisch tief im Restaurant an, als hätte er ihren unbewußten Wunsch erahnt, einigermaßen schußsicher zu sitzen.
    Ihnen war selbst nicht klar, wie groß ihr Durst war, bevor sie von dem inzwischen eingeschenkten Wein tranken und sich dabei überraschten, die Weingläser mit einem Zug zu leeren, so wie es Schweden sonst bei feierlichen Anlässen nur mit Schnaps tun.
    »Heute abend spielt es keine Rolle, aber von morgen an wird gesund und nüchtern gelebt«, sagte Carl halb entschuldigend, halb erklärend. »Heute abend denkt der Feind noch. Morgen lassen sie von sich hören.«
    »Und was sagen sie, wenn sie von sich hören lassen?«
    »Daß sich an ihrem Entschluß nichts geändert hat, daß wir eine letzte Chance erhalten, unser Verhalten zu überdenken.«
    »Und was antworten wir?«
    »Daß wir ebenfalls bei unserer Entscheidung bleiben, daß sie eine letzte Chance erhalten, entweder eine hübsche Stange Geld zu verdienen oder gar nichts. Dann werden wir sehen.«
    »Was wird unser nächster Zug sein?«
    »Publizität.«
    »Und das schaffen wir?«
    »Ja. Über Schweden. Beispielsweise beim Echo des Tages, dort brauche ich nur anzurufen. Und wenn ich mit einem bestimmten Kontaktmann spreche, glaubt man mir sofort. Dann gibt es neue Bälle und neue Regeln.«
    Joar nickte. Das schien vernünftig zu sein. Logisch schien es natürlich auch zu sein, denn alles, was Carl an operativen Maßnahmen vorschlug, schien logisch.
    Das Gespräch erstarb, ob aus Müdigkeit, Durst oder weil das Thema im Moment einfach nicht mehr hergab. Sie machten eine Zeitlang halbherzige Versuche, sich für einige der Beobachtungen zu interessieren, die sie am Tag während der Autofahrt gemacht hatten. Erstens war es in ihrer Situation unerhört gefährlich, per Auto zu operieren, da sie davon ausgehen mußten, daß sich der Feind überall zurechtfand und alle Abkürzungen kannte, während sie selbst große Schwierigkeiten hatten, selbst mit Karte und gewisser Übung von Punkt A nach Punkt B zu gelangen.
    Fünfzehn Kilometer südlich von Castellammare befand sich ein großes Gebiet mit Weinfeldern. Sie sollten, wie Joar meinte, diese Gegend genau erkunden und dann für einen eventuellen Austausch vorschlagen. Doch das sei eine weit spätere Frage. So verebbte auch dieses Gespräch.
    Sie hatten schon fast die ganze Weinflasche geleert, als die lecker gegrillten Fische aufgetragen wurden, serviert von zwei äußerst erstaunten Kellnern, die sich sicherheitshalber erneut erkundigten, ob tatsächlich nichts mehr gewünscht werde. Carl hielt zur Antwort nur die fast leere Weinflasche hoch. Die Kellner zuckten die Achseln und entfernten sich.
    Carl und Joar aßen eine Weile schweigend. Das Essen war gut, rein und pastafrei. Kein schwarzer Tintenfisch-Schlamm, soweit das Auge reichte.
    Carl war als erster mit seinem Fisch fertig und sah sich eine Zeitlang mit flackerndem Blick und flatternden Gedanken um. Steinfußboden mit braunen, achteckigen Fliesen: bei Querschlägern sehr gefährlich. Die weißen Mauern ringsum im Restaurant waren dagegen nicht aus Stein, sondern aus weiß verputztem Gips oder möglicherweise Holz, das war sicherer. An den Wänden hing zeitgenössische gegenständliche Kunst, meist Lithographien. Drei Meter entfernt stand ein kleiner Tisch mit einer brennenden Kerze und einem rosa Zettel, der in einem Glas steckte. Der Tisch war vermutlich für zwei Personen reserviert. An der Wand darüber das Porträt eines Mannes mit Bart und langem Haar. Carl stand plötzlich auf, trat zu dem Bild und betrachtete es genau. Ja, er hatte tatsächlich richtig gesehen. Es konnte kein anderer sein, es war Che Guevara. Das Bild war mit einer Art Widmung versehen, die sich nicht entziffern ließ (»A san morev«?), und mit Ola Sundehn signiert. Das mußte ein Schwede sein.
    »Was war es?« fragte Joar neugierig, als Carl wieder an den Tisch kam.
    »Irgendein Künstler hat ein Porträt von einem Mann gemacht, der Che Guevara sein muß. Wahrscheinlich ein Schwede. Weißt du, wer Che Guevara war?« fragte Carl.
    »Nein, nicht genau, aber ich weiß, wie er gestorben ist. Ist er eine deiner Jugendlieben?« fragte Joar mit einem spöttischen Unterton.
    »Ja, das kann man wohl sagen. Eine hoffnungslose Sache, aber zumindest mit ehrlichen Absichten. Wenn unsere amerikanischen Kollegen die Leichenfotos von ihm nicht veröffentlicht hätten, wäre er inzwischen längst

Weitere Kostenlose Bücher