Unternehmen Vendetta
Darüber wissen nicht sehr viele von uns Bescheid, aber wir drei hier im Raum wissen es genau, nicht wahr? Es hätte schon früher passieren können und kann in Zukunft wieder geschehen. Es hätte genausogut dich treffen können wie Joar oder Åke. Und wir, die wir euch solche Aufträge gegeben haben, haben die ganze Zeit gewußt, welche Risiken wir damit eingehen und welche Verantwortung wir übernommen haben. Das muß dir doch eigentlich klar sein?«
»Ja«, erwiderte Carl leise und blickte zur Seite, was ihm nicht ähnlich sah. »Ja, natürlich verstehe ich das. Was du da sagst, ist selbstverständlich, wenn man es ausspricht, aber es ist verdammt noch mal weniger selbstverständlich, wenn es geschieht.«
Der Alte betrachtete Carl durch halbgeschlossene Augenlider. Der Junge stand kurz vor einem Zusammenbruch. Vermutlich hielt er sich nur noch mit dem aufrecht, was immer noch unausweichlich getan werden mußte, doch das war bald erledigt, vielleicht schon in einigen Stunden.
Es mußten einige Entscheidungen getroffen werden. Das Außenministerium hatte vorgeschlagen, ein Pressekommuniqué zu veröffentlichen, sobald Frau Elizabeth Lundwall benachrichtigt worden sei, folglich in etwa einer Stunde. Der Entwurf des Kommuniques war kurz und, wie nicht anders zu erwarten, in mehreren Punkten recht unklar. Es wurde darin kaum mehr mitgeteilt, als daß Hauptmann Joar Lundwall bei Nachforschungen wegen der zwei schwedischen Entführungsopfer in Palermo ermordet worden sei, daß er sich im Auftrag sowohl des Außenministeriums wie des Generalstabs in Palermo aufgehalten habe sowie daß er beim OP 5 des Generalstabs angestellt gewesen sei.
All das würde ohnehin herauskommen, und nach Auffassung des Außenministeriums war es besser, es vorbeugend zu sagen, statt sich von der Presse zuvorkommen zu lassen. Das Kommunique endete mit einer unklaren Formulierung, die Arbeit an der Rettung der schwedischen Entführungsopfer gehe selbstverständlich unermüdlich weiter.
Gerade dieser letzte Satz erschien jetzt als eine glatte Lüge.
Da aus Carls Bericht eindeutig hervorging, daß die Entführer kein Geld wollten, sondern Waffen, und daß sie damit gedroht hatten, weitere schwedische Ziele anzugreifen, falls man ihre Forderungen nicht erfülle, müßte man jetzt eigentlich daraus den Schluß ziehen, daß die Operation abgeblasen wurde, daß die Verhandlungen beendet waren, daß die Regierungen Schwedens und Italiens öffentlich versichern mußten, daß Waffen nur an den italienischen Staat geliefert werden würden. Damit wären die Forderungen der Entführer praktisch unerfüllbar.
Carl wandte ein, gerade diese neue Situation könne bedeuten, daß die Entführer beschlossen, ihre Opfer entweder zu töten oder zu verkaufen, wenn auch für einen bedeutend bescheideneren Betrag, als bei dem Waffenverkauf hätte erlöst werden können. Folglich sollte man um der beiden Schweden willen einen neuen Verhandlungsvorstoß Don Tommasos und seiner Auftraggeber abwarten. Denn wäre es nicht immer noch sinnvoll, alles zu tun, um die beiden Schweden freizubekommen?
Sam zuckte die Achseln. »Diese Frage hat Zeit bis später. Außerdem scheint diesem Don Tommaso klar zu sein, wie man mit dem schwedischen Außenministerium Kontakt aufnimmt. Nach der Publizität, die jetzt kommen wird und jede Verhandlung über Waffenlieferungen unmöglich macht, liegt der Ball ja wieder bei ihm. Außerdem kann man sich jetzt schon fragen, welcher schwedische Unterhändler sich freiwillig melden wird, nachdem der ersten Verhandlungsdelegation diese Geschichte in Palermo passiert ist. Aber das ist dann Sache des Außenministeriums. Von Seiten des Generalstabs ist die Operation jetzt im Grunde abgeschlossen. Was unter anderem bedeutet, daß du jetzt mit sofortiger Wirkung dienstfrei nehmen solltest, Carl.«
Carl blickte zu Boden und nickte sacht mit dem Kopf. »Ich kann ja ab morgen meinen Vaterschaftsurlaub nehmen«, sagte er, »denn Eva-Britt und ich haben über diese Möglichkeit schon gesprochen. Sie hat in diesem Jahr Sommerurlaub, und wir wollten ein bißchen segeln, zumindest haben wir das vage geplant. Die Frage ist nur, ob Eva-Britt vom Mutterschaftsurlaub direkt in den normalen Urlaub wechseln kann. Das ist im Moment noch unklar.«
»Damit hast du von 00.00 Uhr an Vaterschaftsurlaub«, entschied Sam schnell.
»Allerdings bleiben noch einige praktische Probleme«, fuhr Sam fort. »Du mußt Joars Wohnung durchsuchen, der Dienstanweisung zufolge mit
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