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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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1099 Jerusalem – und metzelte die muslimische Bevölkerung nieder.
    Das Ansehen der Kreuzzüge erfuhr im Jahr 1212 einen traurigen Tiefpunkt, als Tausende von Halbwüchsigen, aber auch die Ärmsten der Armen – Knechte, Landarbeiter, Tagelöhner – dazu missbraucht wurden, sich auf einen sogenannten Kinderkreuzzug zu begeben. Er scheiterte schon in Italien. Die Kinder wurden im Namen Gottes in ihr Verhängnis getrieben: Viele der Mädchen landeten in der Zwangsprostitution, die meisten Jungen wurden in die Sklaverei verkauft.
    Von sieben Kreuzzügen war nur der erste im Sinne der Veranstalter bedingt erfolgreich. Alle anderen endeten als Debakel, auch wenn gern die Berührung zwischen Orient und Okzident als Argument für angeblich positive Nachwirkungen bemüht wird. Aber von dieser »Ehrenrettung« bleibt bei genauer Prüfung nicht viel übrig. Der Westen erweiterte höchstens sein Weltbild und sein Handelsvolumen, staunte über Städte mit Kanalisation, fließendem Wasser und befestigten Straßen, hatte seinerseits aber dem überlegenen Osten wenig zu bieten. Und die meisten kulturellen und wissenschaftlichen Impulse der muslimisch-arabischen Welt drangen nicht über den Vorderen Orient nach Europa, sondern über Sizilien und vor allem das maurische Spanien.
    Die Ideale der Ritter und die Moral der Christen insgesamt wurden durch die Fehlschläge der Kreuzzüge immer mehr ausgehöhlt. Die Bindung an die Kirche nahm ab. Gleichzeitig stieg das Selbstbewusstsein des Islam. Die Idee des Dschihad , des Heiligen Krieges, erneuerte sich, das Verhältnis zwischen Islam und Christentum blieb auf Jahrhunderte vergiftet. Dubiose Finanzierungspraktiken (Kreuzzugsablass, Kreuzzugssteuer) lösten eine Welle der Abwendung von der Kirche aus. Wer von den Vorgängen wusste, ging innerlich auf Distanz zu ihr.



21. Ritter, Tod und Teufel
    S ie war nur eine von Hunderttausenden, denen als Ketzerin oder Zauberin im Europa der frühen Neuzeit der Prozess gemacht wurde. Eines von 40 000 bis 60 000 Todesopfern, die die Hexenverfolgung vom 15. bis ins 18. Jahrhundert hinein forderte. Und doch ist Johanna, die ihren »inneren Stimmen« folgte und für ihr Land in die Schlacht zog, etwas ganz Besonderes: Nationalheldin, Befreierin, Märtyrerin, Hauptfigur vieler Theaterstücke, Opern, Hörspiele und Filme – in Erinnerung geblieben aber, zu Recht, nicht als die glorreiche Heerführerin, sondern »eine aus dem Volk«, ein schlichtes, demütiges Bauernmädchen. Von Heiligen wie Jeanne d’Arc und Hexen, von Ritter, Tod und Teufel erzählt dieses Kapitel.
    Auf nichts war im späten Mittelalter so sehr Verlass wie auf die Erz- und Erbfeindschaft zwischen England und Frankreich. Ihr Höhepunkt war der sogenannte Hundertjährige Krieg, der sich von 1337 bis 1453 hinzog und am Streit um die englischen Besitztümer auf dem französischen Festland entzündet hatte. Aber ihre Ursprünge reichten bis ins ausgehende erste Jahrtausend zurück, als sich Teile der Wikinger, die von Skandinavien aus nach West- und Osteuropa vorgestoßen waren, in Frankreich ansiedelten. Die Bezeichnung Normandie leitet sich von diesen Nordmännern oder Normannen ab.
    Mitte des elften Jahrhunderts spitzt sich die Lage zu. Als der angelsächsische König Eduard der Bekenner kinderlos bleibt und die Erbfolge unsicher ist, beansprucht der normannische Herzog Wilhelm der Eroberer den englischen Thron. Mit einem stattlichen Heer landet er 1066 auf der britischen Insel, besiegt im Oktober bei Hastings die Verteidiger und lässt sich Weihnachten desselben Jahres in Westminster zum König krönen. Er ist so klug, die englische Rechtsordnung zu bestätigen, organisiert aber die Verwaltung nach französischem Muster und setzt eine normannische Oberschicht in Amt und Würden.
    Die Eroberung der angelsächsischen Insel durch die Normannen wird auf einem knapp siebzig Meter langen gewebten Leinenteppich geschildert, der um 1077 entstanden und heute in Bayeux zu sehen ist. Die Darstellung zeigt, dass schon die Zeitgenossen die historische Bedeutung der Verbindung von angelsächsischer und romanischer Kultur erkannt haben, wenngleich gerade die erzwungene Vermischung auch schwerwiegende Probleme und gewalttätige Auseinandersetzungen mit sich bringt.
    Zum offenen Konflikt kommt es 1337. Der Hundertjährige Krieg, der ausschließlich auf

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