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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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göttlichen Wahrheiten und kirchlichem Glaubensgehorsam.
    Die vermeintlichen Entdecker sind blind für das, was es wirklich zu entdecken gibt: Die Länder, in denen sie landen, haben zumeist jahrhundertealte Hochkulturen hervorgebracht wie die der Maya, Inka, Azteken und Tolteken. Auch in technisch-zivilisatorischer Hinsicht sind die Entdeckten den Entdeckern in manchen Dingen überlegen. Sie haben gepflasterte Straßen, Brücken und Wasserleitungen, sie bauen Pyramiden als Tempel und Paläste für ihren König. Nur auf einen ersten oberflächlichen Blick können sie als primitiv gelten, bloß weil sie kein Eisen, keine Bronze, kein Rad und keine Töpferscheibe, keinen Pflug und keinen Wagen kennen, anstelle von Münzen Kaffeebohnen verwenden und ihren Göttern Menschenopfer darbringen.
    Doch der über sie hinwegrollenden Eroberungsmaschinerie haben die einheimischen Völker nichts entgegenzusetzen. Sie erfahren nicht nur die eigene Ohnmacht, sondern auch die Ohnmacht ihrer Götter, an die sie geglaubt hatten. Auch wenn es vereinzelte Beispiele von Barmherzigkeit, Einfühlung und Verständnis für die fremden Kulturen auf Seiten der spanischen Invasoren gibt, ist die Gesamtbilanz deprimierend. Zwischen 35 und vierzig Millionen Menschen hatten zum Zeitpunkt der Kolumbus-Expeditionen im späteren Spanisch-Amerika gelebt. Bis 1650 verringerte sich die Zahl der Indianer auf rund vier Millionen. Großen Anteil an diesem massenhaften Sterben hatten eingeschleppte Krankheiten wie Pocken, Pest, Typhus, Malaria und viele andere, die sich oft epidemieartig ausbreiteten. Aber auch diejenigen Indios, die zur Sklavenarbeit in den Silberbergwerken der Anden rekrutiert wurden, entrichteten einen hohen Blutzoll.
    Â»Ich kam, um Gold zu holen, nicht um den Boden zu pflügen wie ein Bauer«, soll Hernán Cortés, der Zerstörer der Azteken-Kultur, gesagt haben. Damit gab er die Losung und das Muster vor, wonach die Unterwerfung Mittel- und Südamerikas ablief. Ab 1531 eroberte der Spanier Francisco Pizarro das zweite und größte Reich im alten Amerika, das sich über weite Teile des heutigen Perus und Boliviens erstreckte: das Imperium der Inka. Pizarro agierte wie eine Kopie von Cortés. Er erpresste vom Inka-Herrscher Atahualpa ein Lösegeld in Gold und Silber im heutigen Wert von 150 Millionen Euro – und tötete ihn anschließend dennoch.
    Die menschenverachtende Brutalität der Konquistadoren ist eigentlich nicht verwunderlich. Denn in den Zentren der Alten Welt gehört sie längst zum Alltag: die Aggressivität gegen Ketzer, Hexen und Juden. Immerhin bewirkt die Entdeckung immer neuer fremdartiger Völker, dass die ausschließlich auf Europa konzentrierte Weltsicht allmählich relativiert wird. Die Menschen begreifen, dass die plötzlich ins Blickfeld geratenen Länder, Erdteile und Ozeane nur den Europäern unbekannt waren und dass die neuen Länder im Grunde alte Länder sind, längst besiedelt und mit einer eigenen Kultur und Zivilisation ausgestattet. Das eurozentrische Weltbild ist damit natürlich nicht erledigt, aber mit den Entdeckungen der beginnenden Neuzeit ist der Keim einer anderen, einer globalen Perspektive gelegt. Als Kolumbus den neuen Kontinent erreicht, hat Martin Behaim in Nürnberg gerade den »Weltapfel«, den ältesten heute noch erhaltenen Globus, gebaut.
    Das Erkunden und Erschließen ferner, fremder Territorien ist so alt wie das Erobern schon bekannter oder benachbarter Ländereien. Immer schon hat der eine Mensch dem anderen etwas weggenommen. Aber die Reichweite der Eroberer war begrenzt, so dass die Kenntnis fremder Länder und Kontinente sogar wieder verloren gehen konnte. Die Wikinger wussten von der Nordostküste Nordamerikas, die Antike kannte die Kanaren, Madeira und die Azoren. Die Kanarischen Inseln werden 1341, Madeira 1419 und die Azoren 1427 nicht neu, sondern nur wiederentdeckt.
    Erst nach und nach wächst ein geografisches Bewusstsein für die Weite der Erdoberfläche im Verhältnis zum eigenen Horizont. Portugal und Spanien wissen, was sie tun, als sie mit dem Vertrag von Tordesillas die Neue Welt schon frühzeitig unter sich aufteilen. Mit einem Federstrich bestätigt der Borgia-Papst Alexander VI. die Demarkationslinie, die einen westlichen spanischen Teil mit Nord-, Mittel- und Südamerika (außer dem noch unentdeckten Brasilien) von einer

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