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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Straße sehen konnte. «O heiliges Loch!» In dem geräumigen Hudson war vorn Platz genug für uns vier. Über unsere Knie hatten wir eine Decke gelegt. Das Radio funktionierte nicht. Es war ein nagelneuer Wagen, erst vor fünf Tagen gekauft, und schon war er Schrott. Und es war erst eine Rate bezahlt. Nordwärts ging es nach Washington, auf der Route 301, einem schnurgeraden zweispurigen Highway ohne viel Verkehr. Und Dean redete, außer ihm sprach keiner. Er gestikulierte, fuchtelte, beugte sich manchmal zu mir herüber, um seine Worte zu unterstreichen, ließ manchmal das Steuer ganz los, aber der Wagen rollte trotzdem pfeilgerade weiter, immer am weißen Mittelstreifen entlang, der im Vorbeifliegen unseren linken Vorderreifen küsste.
    Eine völlig bedeutungslose Reihe von Umständen hatte Dean bewogen zu kommen, und ganz ähnlich war ich nun ohne Grund mit ihm losgefahren. In New York hatte ich die Universität besucht und mich in ein Mädchen namens Lucille verliebt, ein wunderschönes honigblondes italienisches Schätzchen, das ich eigentlich sogar hatte heiraten wollen. All die Jahre war ich auf der Suche nach der Frau gewesen, die ich einmal heiraten wollte. Ich lernte kein Mädchen kennen, ohne mich zu fragen: Wie wäre sie als Ehefrau? Ich erzählte Dean und Marylou von Lucille. Marylou wollte alles wissen über Lucille, sie wollte sie gern kennenlernen. Wir brausten durch Richmond, Washington, Baltimore und auf einer kurvenreichen Landstraße weiter nach Philadelphia und redeten und redeten. «Ich möchte eine Frau heiraten», verriet ich den beiden, «bei der meine Seele zur Ruhe kommt, bis wir zusammen alt werden. So darf das nicht dauernd weitergehen – all dieser Wahnsinn und das Herumjagen. Wir müssen irgendwo zur Ruhe kommen, einen Platz finden.»
    «Na, hör mal, Mann», sagte Dean, «seit Jahren höre ich dich von Ehe und einem Zuhause reden, all diese tollen wunderschönen Dinge über deine Seele.» Es war eine traurige Nacht, und ebenso war es eine fröhliche Nacht. In Philadelphia gingen wir in einen Diner und bestellten uns Hamburger von unserem letzten Essensgeld. Der Mann an der Theke – es war drei Uhr morgens – hörte uns über Geld reden und bot an, uns die Hamburger kostenlos zu geben, plus extra Kaffee, falls wir alle miteinander halfen und hinten das Geschirr spülten; sein Gehilfe war nicht gekommen. Wir waren einverstanden. Ed Dunkel meinte, er sei ein alter Perlentaucher, und schob seine langen Arme ins Spülwasser. Dean stand da und schwang ein Handtuch, und Marylou ebenso. Am Ende knutschten sie zwischen Töpfen und Pfannen und zogen sich in eine dunkle Ecke der kleinen Küche zurück. Der Mann an der Theke war es zufrieden, solange Ed und ich nur das Geschirr spülten. Nach fünfzehn Minuten waren wir fertig. Bei Tagesanbruch rollten wir durch New Jersey und sahen die riesige Rauchwolke von New York vor uns in der verschneiten Ferne aufsteigen. Dean hatte sich einen Pullover um den Kopf gewickelt, um seine Ohren warm zu halten. Er sagte, wir seien eine Horde von Beduinen, gekommen, um New York in die Luft zu jagen. Durch den Lincoln Tunnel zischten wir rüber zum Times Square; Marylou wollte ihn unbedingt sehen.
    «Oh, verdammt, ich wünschte, wir könnten Hassel finden. Alle scharf hinschauen, vielleicht entdecken wir ihn.» Wir suchten die Bürgersteige ab. «Guter alter verrückter Hassel. Oh, ihr hättet ihn in Texas sehen sollen.»
    So also war Dean über sechstausend Kilometer von Frisco herübergefahren, durch Arizona und nach Denver rauf, innerhalb von vier Tagen, mit unzähligen Abenteuern dazwischen, und das war erst der Anfang.

drei
    Wir fuhren zu mir nach Paterson und schliefen. Ich war als Erster wach, spät am Nachmittag. Dean und Marylou schliefen in meinem Bett, Ed und ich im Bett meiner Tante. Deans ramponierter, aufgeplatzter Koffer lag am Boden und Socken hingen heraus. Vom Drugstore nebenan rief man mich ans Telefon. Ich lief hinunter; der Anruf kam aus New Orleans. Es war Old Bull Lee, der nach New Orleans gezogen war. Old Bull Lee mit seiner hohen, jammernden Stimme beschwerte sich. Ein Mädchen, eine gewisse Galatea Dunkel, sei gerade auf der Suche nach einem gewissen Ed Dunkel bei ihm zu Hause gelandet; Bull hatte keine Ahnung, wer diese Leute waren. Galatea Dunkel war keine gute Verliererin. Ich sagte Bull, er solle sie beruhigen. Dean und Ed Dunkel seien bei mir; wir würden sie auf dem Weg zur Westküste bestimmt in New Orleans abholen. Dann kam

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