Untitled
ein Film, der eine gelungene Darstellungvom Substanzenkonsum und davon, wie die Substanz auf die Nehmenden wirkt, haben würde.
Schwer darzustellen: mein Zustand. Zustand meines Bewusstseins. Extrem konzentriert – einerseits. Dazu: vom leidvollen Denken befreit. Erlöstheit eher denn Gelöstheit. Insgesamt schwer, eine verlässliche Aussage zu machen, ob ich monströs entspannt war, hyperlaxativ, oder ob die Signale von Schmerz und Verspannung einfach nicht mehr durchkamen durch den lilafarbenen Wall rings um mein Bewusstsein. Darin befand sich mein gedankliches Schlaraffenland. Oder wie Rainald Goetz das einst in Rave geschrieben hatte: Es wird ja viel zu wenig gekifft, auf Erden. Und beinahe musste ich lachen, denn: in den Lüften aber auch! Ich dachte an Holms Erzählung von dem Fischrestaurant in dem Hafenviertel von Sydney, dass sie dort einen Sushimeister aus Tokio haben, der einen abartigen Kunstgriff beherrscht. Bei großen Fischen setzt der noch am Verkaufsstand des Marktes sein Messer im Nacken des Tieres an, macht einen winzigen Einschnitt und trennt den kritischen Teil der Nervenstränge, die durch dessen Rückengräte verlaufen, durch. Der solcherart präparierte Fisch wird dann restaurantwärts abtransportiert, dort auf Eis gebettet und regelmäßig befeuchtet, sodass ihm die Kiemen nicht trocken oder gar brüchig werden. Durch den raffinierten Schnitt bleibt der Fisch bis zur Präsentation vor den Gästen lebendig, ist aber nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen (mit der Schwanzflosse zu schlagen, umherzuzappeln oder Ähnliches). Das Zerteilen des Fisches zu Sashimi vor den Augen der Gäste garantiert diesen den zweifelsfrei fangfrischesten Fischgenuss, wie er an Land überhaupt denkbar war.
Das bin ja ich, dachte ich. Und nahm noch einen Zug.Ich bin dieser Fisch. So liege ich da und warte auf – Gäste? Auf den einen, die Gästin, die ja doch niemals kommt. Julia beherrscht diesen Trick bei mir ganz ohne Messer. Sie macht das mit ihren Augen. Mit ihrem dunklen Blick und mit einem Kuss.
So muss Zwangsernährung sich anfühlen:
Festgeschnallt auf einem engen Sitz, unausweichlich strömt die Nahrung in dich ein – allein es füllte sich ja nicht mein Bauch, es war mein Hirn, das Denken, das sich an einen unermüdlich pluckernden Schlauch angeschlossen fand. Ich dachte an das weiße Gesicht Friedrich Schillers, es war aus Stein. Die Statue befand sich auf dem großen Platz zwischen Konzerthaus und Französischem Dom am Gendarmenmarkt. Zu seinen steinernen Füßen, die unter dem Gelehrtenmantel verborgen dargestellt waren, verlief ein eisernes Gatter, an das wir unsere Fahrräder geschlossen hatten. Die Schiller-Statue war unser Treffpunkt gewesen, der große Platz gehörte uns. Immer hatten wir uns dort zum Küssen getroffen. Nicht viel reden, nicht viel anderes machen. Nur küssen und anschauen, anschauen und küssen. Dazwischen mal fassungslos flüstern: Du bist so schön! Und darauf flüsterte der andere: Du!
Und überhaupt Flüstern. Auf Beerdigungen oder generell in Kirchen. Bevor es chinesische Touristen gab, war es in sämtlichen Kathedralen Europas mucksmäuschenstill. Warum man als Liebender von alleine anfängt, mit dem Liebsten zu flüstern? Um die Intimität zu wahren, dass keiner mithört, war, so konnte ich das mit einem Male betrachten, nicht der wahre Grund. Aber das Heilige, die Ehrfurcht im Angesicht des Geheiligten, vor der Liebe stehend, eng umschlungen – Herz an Herz gedrückt vor der Weihestätte des Menschenmöglichen: Da wurde man doch von alleine zum Mucksmäuschen. Den möchte ich sehen,der in Julias Armen noch Schatz rufen kann, Hase, oder ähnlichen Quark.
Freundliche Weiten – in mir und um mich herum, alles und alle mit einbegriffen: Julia, Holm, das Baby und die Mutter, die Stewardessen wie die Inselbesitzer im Bug, von dort auch irgendwann die Stimme des sogenannten Kapitäns und seines Ersten Offiziers, als sie uns, ihren Passagieren Kunde brachten von dem großen Seebeben vor der Küste Japans, weswegen unser Zwischenhalt nicht in Südkorea stattfinden sollte: Wir schmunzelten bloß und es gab wohl diese Gänge zu den Toiletten, während derer ich den dicken Filzstift aus meiner Umhängetasche gezogen hatte, um ihn, den sogenannten Soultip rein gar nicht verschämt vor den Blicken des Luftpersonals aufzuschütteln wie ein Cocktailgefäß, um die leuchtend rosafarbene Tinte der Marke On The Run vermittels der darin umherklackernden Glaskugel fachgerecht zu
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