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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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nicht schlecht bei dem Geschäft, das kann ich euch versichern. Schließlich ist es für einen Seemann eine unverzeihliche Sünde, den Boden des Dinges aufzureißen, das gerade unter seiner Obhut allzeit flott bleiben soll. Niemand mag etwas bemerken, doch man selbst vergißt nie den Ruck – ist es nicht so? Ein Stich ins Herz. Man erinnert sich daran, man träumt davon, man wacht des Nachts auf und denkt daran – noch Jahre später –, und es läuft einem heiß und kalt den Rücken herunter. Ich will nicht behaupten, dieses Dampfschiff sei die ganze Zeit über flott gewesen. Mehr als einmal mußte es ein wenig waten, während zwanzig Kannibalen um uns herumplanschten und es vorwärtsschoben. Wir hatten einige dieser Burschen unterwegs als Mannschaft angeheuert.
      Feine Kerle – Kannibalen – ihres Zeichens. Es waren Männer, mit denen sich arbeiten ließ, und ich bin ihnen dankbar. Und schließlich verspeisten sie einander nicht vor meinen Augen: sie hatten einen Vorrat an Flußpferdfleisch mitgebracht, das faulig zu werden begann und mir das Geheimnis der Wildnis stinkend nahebrachte. Puh! Ich rieche das Zeug noch heute. Ich hatte den Direktor an Bord und drei oder vier Pilger mit ihren Stecken – in vollem Ornat. Bisweilen kamen wir zu einer dicht am Fluß liegenden Station, am Saum des Unbekannten klebend – und die Weißen, die mit ungestümen Gesten der Freude, der Überraschung und des Willkommens aus ihrer Elendshütte gerannt kamen, wirkten sehr seltsam – machten den Eindruck, als würden sie dort durch einen Zauber gefangengehalten.
      Eine Zeitlang tönte das Wort Elfenbein durch die Luft – und weiter ging's in das Schweigen hinein, über die leeren Flußstrecken, um die stillen Biegungen, zwischen den hohen Mauern unseres gewundenen Weges hin, die den wuchtigen Schlag unseres Heckrades hohl widerhallen ließen. Bäume, Bäume, Millionen von Bäumen, massig, gewaltig, hoch aufgeschossen; und zu ihren Füßen kroch das kleine, verrußte Dampfboot dicht am Ufer hin, wie ein schwerfälliger Käfer, der über den Boden einer luftigen Säulenhalle krabbelt. Man kam sich sehr klein vor, sehr verloren, und doch war dieses Gefühl nicht eigentlich bedrückend. Schließlich, wenn man auch klein war, kroch der rußige Käfer doch voran – und das war es gerade, was man von ihm wollte. Die Pilger bildeten sich ein, er krieche ich weiß nicht wohin. An irgendeinen Ort, wo sie – ich möchte wetten – etwas einzuheimsen gedachten! Für mich kroch er zu Kurtz – ausschließlich; doch als die Dampfrohre undicht wurden, krochen wir nur noch sehr langsam dahin.
      Die Stromstrecken öffneten sich vor uns und schlossen sich wieder hinter uns, als hätte sich der Wald lässig über das Wasser geschoben, um uns den Rückweg abzuschneiden. Wir drangen tiefer und tiefer in das Herz der Finsternis vor. Es war sehr still dort. Nachts liefen zuweilen Trommelwirbel hinter dem Bambusvorhang den Fluß hinauf und wurden, gleichsam als schwebten sie in der Luft hoch über unseren Häuptern, leise bis zum ersten Morgengrauen angehalten. Ob sie Krieg, Frieden oder Gebet bedeuteten, vermochten wir nicht zu sagen. Die Morgendämmerung wurde vom Herabsinken einer eisigen Stille angekündigt; die Holzfäller schliefen, ihre Feuer waren heruntergebrannt; das Knacken eines Zweiges ließ einen auffahren. Wir waren Wanderer auf vorgeschichtlicher Erde, auf einer Erde, die das Gesicht eines unbekannten Planeten trug. Wir hätten uns einbilden können, die ersten Menschen zu sein – Wesen, die eine fluchwürdige Erbschaft antreten, welche nur um den Preis ärgster Qualen und schwerster Mühe zu bewältigen ist. Aber plötzlich, wenn wir uns um eine Biegung mühten, konnte es sein, daß sich uns ein flüchtiger Blick auf Schilfwände, auf spitze Grasdächer öffnete, auf wildes Gezeter, ein Gequirl von schwarzen Gliedmaßen, eine Masse klatschender Hände, stampfender Füße, schwankender Leiber, rollender Augen hinter dem Vorhang schweren und reglosen Laubes. Der Dampfer arbeitete sich weiter am Rand der schwarzen und unverständlichen Raserei hin. Der vorgeschichtliche Mensch verfluchte uns, betete uns an, begrüßte uns – wer vermochte es zu sagen? Wir waren vom Verständnis unserer Umgebung abgeschnitten; wir glitten vorüber wie Phantome, verwundert und insgeheim erschrocken, wie es vernünftige Menschen angesichts eines Begeisterungsausbruches in einem Tollhaus wären. Wir konnten nichts verstehen, weil wir zu weit

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