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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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unterhalb des Erdbodens übriggeblieben. ›Größtenteils fossil‹, hatte der Direktor geringschätzig bemerkt. Es war nicht fossiler, als ich es bin; aber sie nennen es fossil, wenn es ausgegraben worden ist. Es hat den Anschein, als vergrüben diese Neger die Stoßzähne zuweilen – aber diesen Packen konnten sie offensichtlich nicht tief genug vergraben, um den begabten Kurtz vor seinem Schicksal zu bewahren. Wir luden das Dampfschiff voll damit und mußten noch etliches an Deck stapeln. So durfte er es sehen und genießen, solange er zu sehen vermochte, denn er bewahrte sich die Empfänglichkeit für diese Gnade bis zuletzt. Ihr hättet ihn hören sollen, wenn er ›Mein Elfenbein‹ sagte. O ja, ich hörte ihn. ›Meine Zukünftige, mein Elfenbein, meine Station, mein Fluß, meine …‹ alles gehörte ihm. Es ließ mich den Atem anhalten, in Erwartung, die Wildnis könne in ein ungeheures, schallendes Gelächter ausbrechen, das noch die Fixsterne erschüttert hätte. Alles gehörte ihm – doch darauf kam es nicht an. Wichtig war, zu wissen, wem er angehörte, wieviele Mächte der Finsternis ihn als ihr Eigentum beanspruchten. Das war die Überlegung, bei der einem das Gruseln kam. Sich das auszudenken war unmöglich – es war einem auch nicht zuträglich. Er hatte einen hohen Platz unter den Landesteufeln eingenommen – ich meine das wörtlich. Ihr versteht das nicht. Wie könntet ihr auch? – mit soliden Pflastersteinen unter den Füßen, umgeben von lieben Nachbarn, die bereit sind, euch zuzujubeln oder über euch herzufallen, bedächtig dahinwandelnd zwischen Schlachter und Polizist, im heiligen Schrecken vor Skandal, Galgen und Irrenhaus – wie könntet ihr euch vorstellen, in welche besonderen uranfänglichen Regionen unbehinderte Füße einen Menschen zu tragen vermögen, einfach infolge seiner Einsamkeit – restloser, von keinem Büttel beaufsichtigter Einsamkeit – infolge des Schweigens – restlosen Schweigens, in welchem die warnende, von öffentlicher Meinung flüsternde Stimme des lieben Nachbarn nicht zu vernehmen ist. Diese Kleinigkeiten geben der Sache ein ganz anderes Gesicht. Wenn sie fortfallen, muß man auf die einem innewohnende Kraft zurückgreifen, auf die Macht der Treue. Natürlich mag man ein allzu großer Tor sein, um fehlzugehen – allzu dickfellig, um auch nur zu begreifen, daß einem die Mächte der Finsternis zusetzen. Für mich steht fest: kein Tor hat je dem Teufel seine Seele verschachert; entweder ist der Tor allzusehr Tor oder der Teufel allzusehr Teufel – ich weiß nicht, was von beiden. Oder man mag ein so schreiend erhabenes Wesen sein, daß man völlig taub und blind ist gegen alles außer gegen himmlische Bilder und Klänge. Dann ist einem die Erde nurmehr Standort – und ob so geartet zu sein nun ein Nachteil oder Vorteil ist, möchte ich mir zu beurteilen nicht herausnehmen. Aber die meisten von uns sind weder das eine noch das andere. Die Erde ist für uns ein Ort, auf dem wir leben, auf dem wir fertig werden müssen mit Bildern, Klängen, auch mit Gerüchen, weiß der Himmel! – auf dem wir, sozusagen, Flußpferdaas riechen müssen, ohne uns vergiften zu lassen. Und, seht ihr, da kommt die eigene Stärke ins Spiel, der Glaube an die eigene Fähigkeit, unauffällige Gruben zu graben, um das Zeug zu verscharren – die Macht der Hingabe: nicht an sich selbst, sondern an ein unerhebliches, zermürbendes Geschäft. Und derlei ist schwierig genug. Wohlgemerkt: ich versuche nicht, etwas zu entschuldigen oder auch nur zu erklären – ich versuche nur, mir selber klar zu werden über – über – Herrn Kurtz – über den Schatten des Herrn Kurtz. Dieses eingeweihte Geisterwesen aus dem hintersten Nirgends beehrte mich mit seinen erstaunlichen Konfidenzen, bevor es ganz und gar verschwand.
      Der Grund hierfür war der, daß es englisch mit mir reden konnte. Der ursprüngliche Herr Kurtz war teils in England erzogen worden, und – wie er freundlicherweise selber sagte – seine Sympathien waren am rechten Platz. Seine Mutter war Halbengländerin, sein Vater Halbfranzose. Ganz Europa war am Zustandekommen des Herrn Kurtz beteiligt gewesen; und alsbald erfuhr ich auch, daß ihn die Internationale Gesellschaft zur Unterdrückung primitiver Bräuche eigens mit der Ausarbeitung eines Berichtes betraut hatte, der ihr zur Orientierung für die Zukunft dienen sollte. Und er hatte diesen Bericht geschrieben. Ich habe ihn gesehen. Ich habe ihn gelesen. Er war

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