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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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hinabwanderten, um mit ihrem Tagewerk zu beginnen, eilte der Arzt ins Pfarrhaus. Die Haushälterin des Geistlichen war entgegen ihrer sonst recht schläfrigen Art äußerst aufgeregt, und es wunderte den Arzt daher keineswegs, daß er einen bleichen Patienten mit schmerzverzerrter Miene vorfand.
      Mit der gleichen leutselig-freundlichen Unart, wie sie vielen seiner Standeskollegen eigen ist, betrat der Arzt das Krankenzimmer.
      „Nun, was fehlt uns denn, Hochwürden?"
      „Verdammt noch eins, dieser dämliche Fuß tut lausig weh!" Der Geistliche, der sich in diesem Augenblick seiner rüden Ausdrucksweise keineswegs bewußt war, stöhnte und deutete auf seinen dick angeschwollenen Fuß.
      Der Arzt untersuchte die schmerzende Stelle eingehend und diagnostizierte eine starke Prellung mit Sehnenzerrung.
      „Ich glaube, Hochwürden", warf er ein, um den Patienten von seinen Schmerzen abzulenken, „bei unseren Bauern lebt der Aberglaube in gehörigem Maße wieder auf. Ist Ihnen vielleicht auch schon zu Ohren gekommen, daß es gestern auf dem Friedhof gespukt haben soll?"
      Der Arzt betrachtete neugierig sein Gegenüber, das sich steif in seinen Kissen aufsetzte. Eine tiefe Röte breitete sich über sein Gesicht.
      „Das ist doch schier unglaublich." Des Priesters Antwort klang nicht sehr überzeugend. „Wer glaubt denn heute noch an Gespenster?"
      Hochwürden wurde zusehends unruhiger. Er fand es denkbar unangebracht, daß ihm der Doktor derlei Fangfragen stellte. Er war so überrascht, daß er sich nicht zur Wehr setzen konnte. Der Arzt bemerkte die Unsicherheit des Priesters und bohrte weiter, bis Hochwürden ihm den nachmittäglichen Spuk auf dem Friedhof zu guter Letzt beichtete.
      Am meisten jedoch plagte ihn, daß die Gemeinde etwas davon erfahren könnte. Man wird sich über mich lustig machen, dachte er verzweifelt. Hochwürden brach der Angstschweiß aus. Selbst der Gedanke an seine tapfere Nachbarin konnte ihn nicht darüber hinwegtrösten. Er drohte in tiefstes Selbstmitleid zu verfallen.
      Plötzlich fiel ihm jedoch ein, daß er seinerseits dem guten Doktor ein paar peinliche Fragen stellen konnte.
      „Sagen Sie, mein Lieber, daß Sie auch Schach spielen, war mir bis vor kurzem unbekannt. Spielen Sie gerne? Vielleicht könnten auch wir uns gelegentlich zu einem Spielchen treffen! Schade, daß ich es nicht schon früher wußte, denn ich wäre bestimmt ein gleichwertiger Gegner, wie es der Herr von Grauenstein zu sein scheint."
      Triumphierend schaute er den Arzt an, der gerade dabei war, einen immens großen Salbenverband anzulegen.
      „Übrigens, das Geheimnis der Grabplatten dürfte hiermit keines mehr sein, werter Herr Doktor!"
      „Woher wissen Sie das?" Jetzt war es am Arzt, nervös zu werden.
      „Nun, mein Freund, daß mir dies ein Englein gesäuselt hat, würden Sie mir sicherlich nicht abnehmen, oder? Trotz meiner guten Beziehungen nach dort oben!" Der Priester deutete mit dem rechten Daumen gen Himmel und fuhr fort:
      „Auch ich werde hin und wieder von Eingebungen heimgesucht, wenn auch nur in der Person unserer allseits verehrten Madame Vanille!"
      Dann erzählte er dem mehr und mehr erstaunten Arzt von dem gemeinsamen mitternächtlichen Besuch auf dem Kirchhof.
      „Wirklich, einen reizenden Vampir haben Sie sich da ausgesucht, und wie mir scheinen mag, ist er so gar nicht bissig. Was mich allerdings brennend interessiert: Wie haben Sie die Bekanntschaft dieses äußerst sympathischen jungen Mannes machen können?"
      Der Doktor hatte den Verband in der Zwischenzeit kunstgerecht angelegt und das Bein des Patienten fachgerecht gelagert. Nachdem er Hochwürden für die nächsten Tage dringende Bettruhe verordnet hatte, zog er sich einen bequemen Sessel ans Bett und fing an, folgende Begebenheit zu berichten:
      „Es war wohl Ende des vergangenen Herbstes oder sogar schon Beginn des Winters, jedenfalls war der Himmel zumeist dick verhangen, als es an meine Haustür klopfte. Ich hatte einen anstrengenden Tag hinter mir und freute mich auf meinen wohlverdienten Feierabend. Meine Schwester, die, wie Sie wissen, mir den Haushalt führt und mir gleichzeitig eine große Hilfe in der Praxis ist, öffnete. Auch durch meinen mißmutigen Gesichtsausdruck ließ sie sich nicht von ihrem pflichtbewußten Handeln abbringen. Ich fügte mich ins Unabänderliche.
      Draußen stand ein elegant gekleideter Herr, der mich angeblich dringend – wie er

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