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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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typischen Eigenschaften eines Blutsaugers nicht abzusprechen: allergisches Verhalten gegen Weihwasser, Kreuze in unmittelbarer Nähe und Knoblauchduft. Dazu, wie jedermann weiß, Blut als einziges Getränk.
      Auch wenn er sich bei letzterer Unart im großen und ganzen unserer Zeit angepaßt hat, und Blut ausschließlich aus Konserven zu sich nimmt. Die Beschaffung aber stellt sich häufig als Problem dar, wie Sie sich denken können. Da er eine große Schwäche für die Royal Family und England hegt, greift er in Notlagen zu Tee als Ausweichmöglichkeit, aber ausreichend ist dies leider nicht. Herr von Grauenstein ist äußerst intelligent, spricht mehrere Sprachen fließend und besitzt große Kenntnisse in der Literatur, wovon Sie sich bereits überzeugen konnten.
      Wäre Ihrem Meßknaben nicht dieses Mißgeschick mit dem Weihwassergefäß passiert, hätten wir ihn wohl niemals zu Gesicht bekommen. Aber wie Sie sehen, auch einen Vampir treibt die Not zum Arzt.
      Apropos Not! In diesem Zusammenhang fällt mir ein, daß ihn – abgesehen von der lästigen Allergie – seit dem Tag der Beerdigung die seelische Qual des Liebeskummers plagt. Er hat sich auf den ersten Blick unsterblich in die junge Witwe verliebt. Da diese Liebe jedoch hoffnungslos scheint, versuche ich ihn durch meine mitternächtlichen Besuche abzulenken. Trotz unserer Schachpartien, die größter Spannung nicht entbehren, sowie vielseitiger und interessanter Gespräche kann ich es jedoch nicht verhindern, daß sein Blick immer wieder sehnsuchtsvoll in Richtung des Hauses, wo er die junge Frau vermutet, hinübergleitet. Seine Allergie konnte ich heilen, aber wissen Sie ein Rezept gegen den Liebeskummer eines Vampirs, Hochwürden?"
      Der Priester hatte fassungslos dem spannenden Bericht des Arztes gelauscht. „Wie leid er mir tut, der gute Herr von Grauenstein", bemerkte er voller Mitleid. „Aber eines, lieber Doktor, will mir so gar nicht in den Kopf. Dieser Vampir scheint ein ganz besonderes Exemplar zu sein. Er hat so sympathische Züge und läßt alle Bösartigkeiten, alles Schauerliche, was man sonst mit diesen gespenstischen Wesen verbindet, vergessen. Wie nur konnte er zum Vampir werden?"
      „Auf diese Frage, Hochwürden, kann ich Ihnen keine verbindliche Antwort geben. Dieses Thema habe ich bisher nicht anzuschneiden gewagt. Ich nehme es als gegeben hin. Hätten Sie vielleicht den Mut, einen Vampir danach zu fragen?"
      Der Priester wurde ganz aufgeregt. „Liebend gern! Wann, bit te, ist wieder Vollmond? Ich würde Sie zu gern begleiten!" Der Geistliche drohte vor lauter Begeisterung aus dem Bett zu springen, was der Arzt nur mit Mühe verhindern konnte, indem er ihn an seinen kranken Fuß erinnerte.
      „Mein Schachkumpan ist nicht unbedingt vom Mond abhängig. Sicherlich, in Vollmondnächten geht es ihm besonders gut. Bei meinem nächsten Besuch werde ich ein gemeinsames Treffen verabreden."
      Hochwürden war überglücklich. „Mein lieber Freund, wenn Ihnen das gelänge, wäre ich Ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Ich brenne förmlich vor Ungeduld."
      Der Arzt erklärte sich mit dem soeben verabredeten Unternehmen einverstanden. Dann verabschiedet er sich rasch; schließlich warteten noch andere Patienten auf seinen Hausbesuch. Dem Geistlichen verordnete er einige Tage Bettruhe. Er würde in absehbarer Zeit noch einmal vorbeischauen.
      Als er sich bereits zur Tür wandte, spürte er, daß der Priester noch etwas auf dem Herzen hatte. „Ach, Herr Doktor", druckste Hochwürden verlegen herum. „Bitte, seien Sie so freundlich und erzählen niemandem, daß ich es war, der so lächerlich auf dem Grabmal herumgehüpft ist. Ich möchte nicht unbedingt zum Gespött meiner Gemeinde werden. Die Heilige Mutter Gottes wird es uns verzeihen, wenn wir unseren Schäflein den Glauben an ein Gespenst lassen. Ich darf mich auf Ihre Diskretion verlassen, nicht wahr?"
      „Selbstredend, Hochwürden! Schließlich dient das alles der Aufklärung einer mehr als mysteriösen Angelegenheit. Außerdem ist es unsere Pflicht, diesem Spuk nachzugehen."
      Der Arzt schmunzelte und verließ grüßend das Pfarrhaus.

    IV.

    Etwa zehn Tage später setzten der Arzt und der Priester ihr sorgsam geplantes Rendezvous mit dem Vampir in die Tat um.
      Der Doktor fand das Ganze zwar etwas verfrüht – Hochwürdens Fuß war immer noch sehr geschwollen –, aber der Geistliche wollte nicht mehr warten. Auch der Hinweis auf eventuelle

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