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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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vergnüglich erscheinen ließ, als Untoter weiterzuexistieren.
      Ich beschloß, mit aller Macht gegen mein hartes Schicksal anzukämpfen. Ein Optimist war ich schon immer. Warum sollte ich diese positive Charaktereigenschaft nicht auch als Vampir – wie mir dieses Wort widerstrebt! – beibehalten? Doch es wurde ein langer, dornenreicher Weg."
      Herr von Grauenstein machte eine kleine Pause und fuhr sich gedankenverloren mit seiner schmalen Hand über die Augen.
      „Oooh" hauchten seine weiblichen Zuhörer. Sie saßen gebannt auf ihren hochlehnigen Stühlen und wagten kaum zu atmen. Nicht so Ihre Scheußlichkeit!
      „Eine Schande geradezu! Wer hat schon jemals einen solchen Waschlappen von Vampir gesehen! Du blamierst ja geradezu die ganze Innung!"
      Ihr Keifen verhallte jedoch ungehört. Vor allem die Damen schauten hingebungsvoll auf den Vampir und seufzten erneut. Der Edle fuhr fort:
      „Als ich mich mit dem Gedanken, ein Vampir zu sein, vertraut gemacht hatte, überkam mich ein großes Hungergefühl. Aber wie erschrak ich, als ich feststellte, daß man mir mit all den herkömmlichen Speisen nicht annähernd hätte imponieren können. Ich war so entsetzlich blutdürstig!
      Der Gedanke, es anderen Vampiren gleichzutun und mich auf ein hilfloses Menschenkind zu stürzen, erschien mir unerträglich! Ich fand diese Handlungsweise furchtbar ordinär und primitiv. Was aber blieb mir als Ausweg? Mir, der ich immer besonderen Wert auf stilvolle Nahrungsaufnahme legte? Nein, unmöglich! Aber mein Bluthunger wuchs von Minute zu Minute.
      Zur Beruhigung trank ich einen Tee klassisch englischer Art, mit Milch und Zucker. Das Zittern meiner Hände ließ darauf tatsächlich nach, und ich beruhigte mich etwas. Ich konnte wieder klarer denken, und sofort fiel mir das Krankenhaus ein. Das war's! Blutkonserven würden mich retten!"
      „Genau, mein lieber, lieber Freund", unterbrach Madame den Monolog und zollte ihm Beifall.
      „Anfänglich gestaltete es sich noch etwas schwierig. Wie oft geschah es, daß man mir gerade die letzte Konserve vor der Nase wegschnappte", fuhr der Edle fort. „Es war wohl nicht üblich, in den Krankenhäusern große Vorräte davon anzulegen."
      Der Doktor fing an zu lachen. „Da dürfte es Ihnen, mein Lieber, ja wie ein Geschenk des Himmels vorgekommen sein, daß wir vor einigen Jahren die Blutbank eingerichtet haben."
      Schallendes Gelächter rundum.
      „Ganz richtig. Und die Auswahlmöglichkeiten!" schwärmte Herr von Grauenstein lächelnd. „Ich bedauere es zwar nach wie vor, die von mir sehr verehrten Schwestern erschrecken zu müssen, aber andererseits halte ich meine Krankenhaus-Taktik nach wie vor für die beste Lösung, nicht wahr?" Fragend schaute er in die Runde. Als alle zustimmend nickten, ließ er sich erleichtert in seinem Sessel zurückfallen.
      Die drei Freundinnen der alten Dame saßen noch immer andächtig auf ihren hochlehnigen Stühlen. „Sagen Sie bitte, Herr von Grauenstein", schaltete sich Eulalia vorsichtig ein, „wie ging es denn nun weiter mit Ihrer Braut?"
      „Mit der ersten oder der zweiten?" fragte der sympathische Vampir.
      „Mit der ersten, natürlich!" platzten die drei heraus. Als der Edle weiterberichten wollte, erfüllte lautes Schnarchen den Salon.
      „Ach, du liebe Zeit!" rief die Gräfin. „Das ist Monty. Immer, wenn sein Öl zu Ende geht, fällt er in einen Tiefschlaf. Monty, wach auf! Du sollst dein Nachtessen haben: eine Tasse heißes Maschinenöl. Das magst du doch so gern!" Ihre Scheußlichkeit sprach wie zu einem kleinen Kind. Monty schlug die Augen auf und glotzte sie dankbar an.
      „Frau Tante, ich bitte um Entschuldigung, ich kenne die Geschichte genau." Mit schweren Schritten folgte er ihr in die Küche. Dabei quietschte sein maschinelles Innenleben erbärmlich.
      Lächelnd setzte der Edle seine Erzählung fort: „Nun, ich hatte mich mit meinem Dasein weitgehend arrangiert und lebte eigentlich recht friedvoll. Ich las mehr und mehr und war erstaunt, wie viele Dichter über Vampire und Gespenster geschrieben hatten: Le Fanu zum Beispiel, oder Lord Byron. Dann Goethe! Wundervoll! Und mein letzter Favorit: Heinrich Heine!" Herr von Grauenstein holte aus seinem Cape ein kleines Buch hervor und lächelte.
      „Heinrich Heine ... Hören Sie bitte zu!" Er blätterte ein wenig hin und her, erhob sich dann und schaute erwartungsvoll in die Runde. Er begann zu zitieren:

    Nur einmal aus

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