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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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ihrem Munde
möcht ich hören ein liebendes Wort,
alsdann wollt ich folgen zur Stunde
Euch Geistern, zum finsteren Ort.

    Hier machte der Edle eine bedeutungsvoll lange Pause. Er schien vollkommen entrückt. Im Saal herrschte atemlose Stille. Schließlich fuhr er fort: „Letzter Vers!"

    Die Geister haben's vernommen und nicken schauerlich,
    Feinsliebchen, nun bin ich gekommen, Feinsliebchen, liebst du mich?

    „Geradezu umwerfend, diese Parallelität!" Hochwürden sprach aus, was alle anderen dachten.
      Madame seufzte und schaute nachdenklich den Arzt an, während die drei Freundinnen den Edlen anhimmelten.
      Trani analysierte immer noch Sir Simon, wie aus dem Gemurmel unter dem Tische zu entnehmen war. Graf Louis und das Fräulein gaben sich noch immer den Genüssen zärtlichen Beisammenseins hin. Sie hatten beide offenbar viel nachzuholen.
      Die Stille wurde jedoch abrupt beendet, als Ihre Scheußlichkeit und Monty den Raum erneut betraten.
      Frankensteins Junior hatte aufgehört zu quietschen.
      „Bist du endlich fertig, werter Neffe?" gähnte die Gräfin. „Der Morgen dämmert schon. Ich fange an, sehr müde zu werden."
      „Gleich, gleich! Nun habe ich meine Freunde schon so lange auf die Folter gespannt, daß ich heute meine Lebensbeichte beenden möchte."
      „Nun gut, meinetwegen, aber strapaziere uns nicht mehr allzulange!" Die Gräfin nahm wieder Platz und gähnte erneut.
      „Also", fuhr Herr von Grauenstein fort, „ich hatte mich an mein Vampirdasein gewöhnt und lebte stillvergnügt vor mich hin. Eines Nachts, es war alles so friedlich und schön, vernahm ich hinter einem der Grabsteine ein leises Wimmern. Ich erhob mich von meinem Platz auf der Grabplatte und ging hinüber. Sie können sich wohl mein Erstaunen vorstellen, als ich unverhofft meiner ersten Braut gegenüberstand. Mit tränenverschleierten Augen schaute sie mich an.
      Ich aber war diesmal auf der Hut! Sollte dies eine neue Masche von ihr sein? Zuerst versuchte ich sie zu vertreiben, doch sie fiel vor mir auf die Knie und flehte mich an, sie nicht wegzuschicken. Sie wisse nicht wohin. Ihr Gemahl, der italienische Conte, habe sie wegen einer jüngeren Frau schmählichst verlassen.
      ,Wie das?' fragte ich erstaunt.
      ,Wenn du mir die Gelegenheit bietest, erzähle ich dir von meinem unermeßlichen Unglück', klagte sie.
      Nun, mir sollte es recht sein. Ich hegte keinerlei Groll mehr gegenüber diesem Wesen, das ja immerhin für mein Unglück verantwortlich war. Mittlerweile fühlte ich mich ja durchaus wohl. Also streckte ich ihr meine Hand entgegen, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Wir schwebten über den Friedhof zu meinem Grab. Sie setzte sich neben mich, und ich muß gestehen, daß ich nach wie vor von ihrem Liebreiz und ihrer Anmut entzückt war. Aber ich verdrängte vorerst alle freundlichen Betrachtungen, die mich zwangsläufig wieder in Liebe zu ihr hätten entflammen lassen, und fuhr sie barsch an, nun ihre Geschichte zu erzählen. Traurig blickte sie mir in die Augen. Ihre leicht zitternde Stimme klang über unseren friedlichen Kirchhof.
      ,In der Nacht vor unserer Hochzeit verließ ich dich, aber es geschah nicht freiwillig. Der Conte erschien in meinem Schlafgemach und forderte mich auf, ihm zu folgen.'
      ,Wer war denn dieser Conte? Deine Mutter erwähnte ihn mehrmals in ihrer geistigen Verwirrtheit', unterbrach ich sie erstaunt.
      ,Nun, Geliebter, du weißt, daß ich mit meiner Mama das Frühjahr vor unserer Hochzeit in Venedig verbrachte. Der Palazzo, in dem wir abgestiegen waren, gehörte jenem Adligen. Die Zeit war traumhaft schön, und ich liebte das Leben in diesem Palais. Im Innenhof war ein entzückendes Gärtchen angelegt. Kleine Springbrunnen sprudelten, und Rosen blühten überall. An drei Seiten wurde das prachtvolle Gebäude von Kanälen umspült. Oh, wie sehr entsprach dies der Romantik, wie sie nur Liebende empfinden. Mein Geliebter, wie sehnte ich dich herbei! Aber unsere Eltern waren ja überzeugt, daß diese räumliche Trennung vor unserer Hochzeit nur zu unserem Besten sei. Oh, welch ein Unglück!
      Nun, was soll ich dir sagen?' fuhr sie auf einmal weniger theatralisch fort. ,Ich war für jede Art von Zuwendung dankbar, denn mit der Zeit langweilte ich mich entsetzlich. Als ich eines Abends viel zu früh zu Bett gegangen war, klopfte es. Die Tür öffnete sich, und ein Traum von einem Mann kam auf mich zu. Er küßte mir die Hände und überschüttete

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