Untitled
in Hampton arbeiten, um in der Nähe der Gewandmeisterin des Films zu sein, und daß ich eine junge Frau mit den Maßen von Miss Kay Francis benötigen würde, die mir als Modell für die anzufertigenden Kleider dienen könnte. Die Geschichte stieß auf großes Interesse, und mehrere Mädchen aus der Gegend werden sich morgen bei mir vorstellen, darunter auch Rose Chanter. Habe bei Harrods drei Ballen Satinstoff und einiges Zubehör auf Rechnung von Lady Peter bestellt. Dies geschah auf Lord Peters Erklärung hin, es solle an nichts gespart werden.
Bitte teilen Sie Lady Peter mit, daß ihr amethystfarbenes Sergekleid dem Anlaß sehr angemessen ist, wenn sie bei der literarischen Matinee in Hampstead sprechen wird. Vollständige Trauerkleidung ist in diesen Kreisen unüblich, und es wäre am besten, die Perlen anstatt eines dieser kleinen Kra gen dazu anzulegen. Das Kleid ist bereits gebügelt und hängt im Schrank für sie bereit.
Mein nächster Bericht folgt morgen.
Hochachtungsvoll
J. L. Mango
Nachdem Peter das Schreiben gelesen hatte, reichte er es an Harriet weiter. Harriet, ganz in die Lektüre der Zeitung versunken, brauchte einige Sekunden, bevor sie den Brief entgegennahm.
«Was hat deine Aufmerksamkeit denn so gefesselt?» erkundigte sich Peter. «Wohl kaum die Bilanz der Gas Light and Coal Company, wage ich zu vermuten.»
«Nein, das nun bestimmt nicht. Sondern dieser Fall hier.» Harriet zeigte mit dem Finger auf die Überschrift: Frau von Ehemann getötet. Drei Jahre Zwangsarbeit.
«Was beunruhigt dich daran, Harriet? Es bedarf keiner Todesstrafe, mich davon abzuhalten, meine Gattin zu ermorden. Nichts könnte mich dazu verleiten, ihr auch nur ein einziges Haar zu krümmen. Nie zuvor war eine Ehefrau so sicher …»
«Aber es scheint sich nicht mit dem Urteil im Ruxton-Fall zu vertragen», erklärte Harriet.
«Aha. Nun, dieser Gentleman wird dann wohl des Mordes an seiner Frau schuldig gesprochen worden sein.»
«Und im Resümee hat der Richter gesagt, es sei nicht die Aufgabe der Krone, ein Motiv nachzuweisen.»
«Meine Liebe, ist es bloß der verderbliche Einfluß eines kriminologischen Gemahls, oder hast du immer schon den Gerichtsreport gelesen?»
«Immer schon. Das ist Pflichtlektüre, unerläßlich für die Ausübung meines Handwerks», antwortete Harriet.
«Das Verwirrende an diesen beiden Fällen scheint der Unter
schied zwischen Motiv und Vorsatz zu sein», erläuterte Peter. «Daraus könntest du einen Roman konstruieren. Für die Schriftsteller ist natürlich das Motiv das wichtigste, wie für die Geschworenen auch, worauf mich Charles unablässig hinweist. Vorsatz ist ein viel engerer Begriff und leichter zu fassen.»
«Diese Unterscheidung scheint mir ziemlich vage zu sein», erwiderte Harriet.
«Ich denke, sie ist in der Praxis klarer als in der Theorie», sagte Peter. «Man mag ja beispielsweise ein starkes Motiv für den Wunsch nach dem Tod seiner Tante hegen – sagen wir einmal, wenn sie einem ein Vermögen hinterlassen würde. Aber der Vorsatz, sie zu töten, ist nicht dasselbe. Die meisten Leute, die ein Motiv für einen Mord haben, fassen niemals auch nur ansatzweise einen Vorsatz zu töten. Aber angenommen, man hat tatsächlich seine Tante umgebracht, und es stellt sich heraus, daß man der Erbe ist, dann wird man große Mühe haben, zu beweisen, daß man es nicht vorsätzlich getan hat.»
«In diesem Fall hat der Ehemann anscheinend seine Frau bei der Gurgel gepackt, in einem Wutanfall», gab Harriet den Zeitungsbericht wieder.
«Hm», machte Peter. «Dann hat er aber großes Glück, daß er einer Verurteilung wegen Mord entgangen ist, oder? Denn der ‹Vorsatz› muß noch lange kein Tötungsvorsatz sein, damit Mordanklage erhoben wird. Dazu reicht schon der Vorsatz zur Körperverletzung.»
«Du meinst, andernfalls könnte jemand einen anderen mit dem Küchenmesser erstechen und dann behaupten, er hatte lediglich vorgehabt, das Opfer zu verletzen, nicht aber, es zu töten?»
«Genau. Es würde unmöglich werden, jemanden wegen Mordes zu verurteilen. Der Täter könnte immer behaupten, sein Ziel sei nicht der Tod des Opfers gewesen. Außerdem gibt es noch einen weiteren Aspekt in einer solchen Angelegenheit. Kein Mensch darf die offensichtlichen Konsequenzen seines eigenen Tuns mißachten. Angenommen, du gehörtest einer Gesellschaft zur Zerstörung häßlicher Gebäude an. Du würdest eine Abschußliste erstellen und eine der architektonischen Ausgeburten nach
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