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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Holzrahmen gezogen und mit Keilen an allen vier Ecken befestigt war. Die überstehende Leinwand war umgeschlagen und warf kleine Falten. Peter klemmte sich das Monokel ins Auge, beugte sich hinunter und schaute sich die rechte obere Ecke näher an. Dann wandte er sich Harriet zu und erklärte: «Harriet, ich glaube, ich weiß, warum Harwell sich weigert, Chapparelle das Portrait zu leihen. Chapparelle wird es vermutlich nie wiedersehen. Ich fürchte, es ist verbrannt worden.»
    «Oh, Peter, nein! Das kann doch nicht sein! Das wäre ein Verbrechen … Und warum sollte er so etwas tun?»
    «Das ist genau die Frage. Warum? Du hast das Bild nicht zufällig gesehen, oder, Harriet?»
    «Doch. Im Atelier, als ich Modell saß. Ich fand es großartig. Es war sein allerbestes.»
    «Du versetzt mich in Erstaunen.»
    «Nein, wirklich. Verglichen mit seinen anderen Bildern hatte es noch eine zusätzliche Dimension. Es war sehr ausgetüftelt, es zeigte Rosamund auf zwei Arten gleichzeitig.»
    «Harriet, du setzt dich jetzt hin und erzählst mir alles ganz genau. Sag mir alles, woran du dich erinnern kannst.»
    «Schmeichelhaft war das Portrait nicht, eher merkwürdig. Ihr Gesichtsausdruck war angespannt, fast ängstlich. Und sie sah hart aus, selbstsüchtig.»
    «Grausam, aber nicht ohne einen wahren Kern …»
    «Zu grausam, um noch der Wahrheit Gerechtigkeit zu tun, Peter. Aber das Interessante ist, daß er ihre andere Seite auch gemalt hat. Sie hielt eine Maske in der Hand, eine Maske von sich selbst, wunderschön, fast überirdisch.»
    «Eine Maske? Was für eine Maske?»
    «Du weißt schon – wie in einer venezianischen Komödie, von oben bis unten bemalt und an einem Stab vors Gesicht zu halten. Sie sah wunderbar echt aus. Die Maske stellte sie so dar, wie die Welt sie gesehen hat. Idealisiert, aber doch sehr lebensnah.»
    Peter war auf einmal sehr blaß geworden und sah sie mit einem eigenartigen Blick an. «Na ja. Ein Maler kann ja alles mögliche malen», redete er sich zu, «ein Einhorn, eine Chimäre, einen Schwarm von Putten … Das heißt noch lange nicht, daß es diese Maske je wirklich gegeben hat.»
    «Doch, doch, es gab sie wirklich», widersprach ihm Harriet. «Er hat sie von einem begabten jungen Kollegen anfertigen lassen. Aus Pappmaché. Ich habe sie selbst gesehen. Ein hübsches, raffiniertes kleines Ding.»
    «Mein Gott, Harriet, das Alibi!» stöhnte Peter. «Verstehst du nicht? Oder sah die Maske nicht echt genug aus … Konnte man sie mit Rosamunds Gesicht verwechseln?»
    «Nun, sie war übermenschlich schön», antwortete Harriet zögernd. «Ich glaube, wer nicht in Rosamund verliebt war, würde sich nicht lange täuschen lassen.»
    «Aber Claude Amery war in sie verliebt», sagte Peter.
    «Was er gesehen hat, war Rosamunds Leiche mit dieser Maske vor dem Gesicht, die durch den Kragen festgehalten wurde. Harwell hat offenbar gewußt, daß sich Amery im Garten herumtrieb, und hat sie ihr aufgesetzt.»
    «Meinst du wirklich, das hätte funktioniert?»
    «Bei einem verzweifelten und halb erfrorenen Verehrer, dazu noch bei Mondschein? Ich glaube schon. Harriet, ich muß das nachprüfen. In einer Stunde oder so bin ich zurück, aber jetzt muß ich sofort Chapparelle in sein Atelier nachjagen», erklärte Peter und läutete schon nach Bunter. Als der erschien, sagte Peter: «Bunter, rufen Sie Chief Inspector Parker an und fragen Sie ihn, ob er es einrichten kann, später heute vormittag hier vorbeizuschauen. Und bitten Sie ihn, die Überreste von dem Feuer in Hampton mitzubringen.»

    Im Atelier von Chapparelle herrschte dasselbe Chaos wie eh und je. Auf der Staffelei präsentierte sich das Portrait eines hübschen, recht extravaganten jungen Mannes in einem Hemd mit offenem Kragen. Er posierte als Byron und war als Schurke dargestellt. Das alles durchdringende Auge des Künstlers hatte nichts von seiner Kraft verloren. Peter erkundigte sich, was aus der Maske geworden war.
    «Sie haben sie doch sicher nicht Harwell zusammen mit dem Gemälde überlassen?»
    « Non , Mylord, ihm nicht», antwortete Chapparelle.
    «Er hat für ein Bild bezahlt, und ein Bild hat er auch bekommen. Die Maske habe ich Mrs. Harwell persönlich übergeben. Als kleine Erinnerung an die Zeit, die wir zusammen verbracht haben.»
    «Sie haben Mrs. Harwell einen Ihrer Abschiedsbesuche abgestattet?» fragte Peter nach.
    «Selbstverständlich.»
    «Das heißt dann, Sie haben die Maske das letzte Mal in Hyde House gesehen?»
    «Nein, Mylord.

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