Untitled
bei einem Pferd vorne und wo hinten war? Als der Herzog hörte, wie die laute Stimme munter einen Schwatz über das Wetter begann, um direkt bei der Jagdsaison zu landen, fühlte er sich von einem unerklärlichen Impuls gepackt, zur Rettung herbeizueilen.
Lady Grummidge tadelte ihn: «Gerald, du bist wohl nicht recht bei der Sache …»
«Nie im Leben auf einem Pferd gesessen?» ließ sich Croppingford vernehmen, zutiefst schockiert, aber bemüht, dies nicht zu zeigen.
«Nur einmal auf einem Esel in Margate, da war ich sechs. Aber reiten wollte ich schon immer lernen.»
«Gut, gut», sagte Croppingford. «Sie müssen einfach mal mit raus.»
«Gern … Aber was meinen Sie: Ist dreiunddreißig nicht zu alt, um reiten zu lernen, ohne daß man sich dabei zum Gespött der Leute macht? Ganz ehrlich? Ich möchte mir nicht vorkommen wie dieses Puppengesicht im Punch , das immer irgendwem im Weg steht und dafür ausgeschimpft wird.»
«Na, na, Sie doch nicht», erwiderte Lord Croppingford, der sich langsam für das Thema zu erwärmen begann.
«Schauen Sie einmal, ich an Ihrer Stelle würde folgendermaßen vorgehen …»
«Und im Herbst», wollte Miss Sylvester-Quicke wissen, «erwarten Sie da, den neuen Harriet Vane im Programm zu haben?»
«Hoffnung ist des Menschen Brot», antwortete DrummondTaber. «Aber aktive Schritte in diese Richtung zu unternehmen wäre unethisch, wie die Amerikaner sagen.»
Man mußte bei diesem Fräulein auf der Hut sein, so dachte er, sie stand im Ruf, die Klatschspalten der Sonntagszeitungen zu beliefern.
«Kann sie denn schreiben? Wahrscheinlich schon. Schreiben
können sie ja, diese Intellektuellen. Peter sieht richtig mitgenommen aus, finden Sie nicht? Flitterwochen und ein Mord, beides gleichzeitig war wohl ein bißchen viel für ihn.»
Henry Drummond-Taber merkte vorsichtig an, daß ein Mord im wirklichen Leben bestimmt seine anstrengenden Seiten hätte.
«Ihr jedenfalls scheint es nicht sehr viel ausgemacht zu haben. Na ja, für sie ist es ja auch nichts Besonderes. Also, ich meine, sie wird solche Dinge wohl einfach als gute Publicity ansehen. Wie auch immer – ist es nicht erfrischend, einmal zwei so nüchtern-distanzierte Jungvermählte zu erleben? Nicht wie sonst dieses Gehabe, von wegen ‹Ihre Blicke suchten sich über den Tisch hinweg›, das für alle anderen doch immer so peinlich ist. Die Harwells zum Beispiel benehmen sich immer noch so – wirklich unanständig, nach zwei Jahren! Sie kommen ja wohl nächste Woche nach London zurück. Ich habe gehört, sie läßt sich von Chapparelle malen, ist das wahr?»
Der Verleger gab zu, es so gehört zu haben.
«Ich halte ihn ja für einen überaus beunruhigenden Menschen. Kennen Sie diese entsetzlich desavouierenden Portraits von Lady Camshaft und Mrs. Hartley-Skeffington? Die beiden selbst erkennen natürlich gar nicht, was allen anderen ins Auge sticht. Es ist wirklich zum Schießen. Aber es ist der letzte Schrei, sich von Chapparelle sein Innerstes nach außen kehren zu lassen. Eine Art exhibitionistische Ersatzhandlung, nehme ich an.»
«Tatsächlich?»
«Jetzt sehen Sie ganz geschockt aus. Sagen Sie mir bloß nicht, er hat versprochen, auch Ihre Frau zu malen! Aber auch wenn – ich bin sicher, die Psyche Ihrer Frau ist robust genug, sich dem auszusetzen, ohne Schaden zu nehmen. Mit einem Gesicht wie dem ihren glaube ich kaum, daß man ihr irgendwelche Komplexe oder Neurosen oder so etwas anhängen kann. Ganz die Venus von Milo!»
«Das finde ich auch», sagte Drummond-Taber, der sehr stolz auf das Aussehen seiner Frau war.
«Ich glaube wirklich, sie ist die attraktivste Person, die ich kenne. An ihr könnte sich so ein pinselschwingender Freudianer die Zähne ausbeißen. Ich dagegen müßte mich in acht nehmen.»
Woraus Mr. Drummond-Taber schloß, und das zu Recht, daß Miss Sylvester-Quicke sich beide Ohren abschneiden würde, nur um von Gaston Chapparelle gemalt zu werden.
Als das Dessert serviert wurde, wandte sich Peter seiner Gattin zu. «Gibt es etwas, was du mir bei dieser Gelegenheit sagen möchtest, Harriet?» fragte er leise.
«Nichts, Mylord», antwortete Harriet, die sich bewußt war, daß aller Augen auf ihnen ruhten und die anderen Zweiergespräche ins Stocken gerieten.
«Tja, Gesprächigkeit wird manchmal überschätzt», sagte Peter. «Eine Ehefrau mit einem Hang zum gelehrten Schlagabtausch könnte schon wirklich lästig sein, zum Beispiel, wenn sie sich endlos über den Arianischen Streit
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