Untitled
auslassen wollte.»
«Ich glaube, ich kann garantieren, daß es so weit nicht kommt. Aber was gelehrsame Konversation angeht …»
«Später, Josephine?»
«Später hat Josephine einen Rosengarten angelegt.»
«Das hat sie», sagte Peter. «Und das sollst du, Harriet, wenn es dich denn gelüstet, ruhig auch.»
Der Herzog reichte Portwein. In dieses altehrwürdige Ritual ließ er sich nicht hineinreden. Es mochte wohl sein, daß Männer heutzutage weniger tranken als die Generation ihrer Väter, aber sie mußten trotzdem die überlieferten Trinkvorschriften respektieren. Lord Grummidge brachte ein paar Worte über Politik vor. Lord Croppingford kam auf das Thema Sport zurück. Drummond-Taber, der Portwein nicht mochte, dem aber gewärtig war, daß Peter einen Gaumen dafür hatte, stellte ihm aufmerksam eine Frage nach besonders guten Jahrgängen. Lord Saint-George saß in schweigsamer Anspannung da und fragte sich, ob es ihm wohl noch gelingen würde, seinen Onkel auf ein Wort beiseite zu nehmen, bevor sein Vater ihn erwischte. Gaston Chapparelle hörte einfach nur zu, wobei sich seine vollen Lippen unter seinem Bart in stillem Amüsement kräuselten. Da sprach ihn plötzlich Lord Croppingford mit einer dreisten Sachlichkeit an, deren er sich gar nicht bewußt war. Als wolle er ein Hammelkotelett bestellen, sagte er: «Ach, übrigens, Monsieur Chapparelle. Ich hätte gerne ein Portrait meiner Frau von Ihnen.»
«Ah!» sagte Chapparelle gedehnt. Und mit starkem französischem Akzent: «Die Dame zu meiner Rechten bei Tisch? Ich verstehe. Nun, Lord Croppingford, ich werde darüber nachdenken.»
Der betretene Croppingford sagte fassungslos und etwas steif: «Sie müssen natürlich nicht, wenn Sie nicht wollen. Es tut mir leid, die Angelegenheit erwähnt zu haben.»
«Monsieur Chapparelle», warf Peter ein, «nimmt für sich das Vorrecht der Künstler in Anspruch, kapriziös zu sein. Er läßt sich ganz vom Wind der Inspiration treiben. Wenn ihm nach Müßiggang ist, dann kann ihn nichts zur Arbeit verleiten, auch nicht die Aussicht, daß die Schönheit in Person ihm Modell sitzen wird, n'est-ce pas ?»
«Schönheit?» antwortete der Maler. «Ich pfeife auf die Schönheit. Das ist was für Kunsthandwerker. Die wahre Schönheit, die vielleicht. Aber die meinen Sie in diesem Land ja gar nicht, wenn Sie das Wort benutzen. Schönheitssalons, Schönheitsflecken, Strandschönheiten – es steht hier für alles, was lediglich gewöhnlich ist.»
«Nicht zum Aushalten, diese zähnebleckenden Mädchen in Badeanzügen», sprang ihm Lord Grummidge bei.
«Ist ja kaum noch was anderes in der Zeitung heutzutage.»
«Jetzt sagen Sie bloß nicht», meinte Peter, «daß Sie die Leute alle mit grüner Haut und dreieckigen Büsten malen. Oder ist diese Mode schon vorbei?»
«Na, hören Sie mal, Wimsey», sagte Drummond-Taber, «Sie wollen doch wohl nicht bekennen, daß Sie die Arbeiten von Chapparelle noch nie gesehen haben?»
«Ich bekenne es. Offen. Schamlos. Ich bin seit letztem März nicht mehr in London gewesen. Geben Sie mir eine Eins in Ehrlichkeit, Monsieur, und sagen Sie mir, was Sie malen.»
«Mit Vergnügen. Ich male Frauen. Manchmal auch Männer, aber meistens Frauen. Und ich würde auch gerne Ihre Gattin malen.»
«Was Sie nicht sagen!»
«Schön ist sie nicht», fuhr Chapparelle mit bestürzender Offenheit fort. «Mindestens zwei Damen sind heute abend anwesend, die sich auf der Fotoseite in der Zeitung besser machen würden. Aber Ihre Frau kann man malen. Das ist etwas ganz anderes. Sie hat Charakter. Fleisch, das sich formen läßt.»
«Allmächtiger!» stieß der Marquis von Grummidge hervor.
«Sie interessiert mich. Werden Sie erlauben, daß sie mir Modell sitzt?»
«Nimm dich in acht, Onkel», sagte Saint-George mit unvermuteter Bosheit. «Seine Devise ist ‹Wo ich male, da schlafe ich auch›.»
«Saint-George!» Der Herzog wies ihn in die Schranken.
«Wer schläft», entgegnete Peter, «sündigt nicht.»
«Was für ein kleiner Teufel!» sagte der Maler. «Aber Ihr Neffe ist auf der falschen Fährte. Mir ist es ganz egal, in wen mein Modell verliebt ist, vorausgesetzt, sie liebt überhaupt ir gendwen. Ihren Ehemann, den Ehemann einer anderen, zur Not auch mich. Aber ich ziehe es vor, nicht selbst das Objekt der Begierde zu sein. Man erspart sich eine Menge Ärger, und es ist weniger ermüdend.»
«Ich bin Ihnen sehr dankbar», erwiderte Peter, «für diese ehrliche Stellungnahme, die eines Mannes
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