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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Autos geparkt. Am Queen-Victoria-Denkmal wimmelte es von Menschen, sie drängten sich am Zaun vor dem Palast, manche waren hochgeklettert und klammerten sich an die Stäbe. Die Menge wogte um das Anschlagbrett, das am Eingangstor hing.
    Peter sagte: «Bleib hier unter der Laterne stehen, Harriet, ich will sehen, ob ich da durchkomme und es lesen kann.»
    Harriet lehnte sich an den Laternenpfahl. Um sie herum gab es die verschiedensten Menschen: Männer und Frauen, manche in Abendkleidung und andere so ärmlich gekleidet, daß sie im kalten Wind schlotterten. Die Stimmen waren eigenartig gesenkt, getragen von respektvoller Erwartung. Eine Gruppe von Deutsch sprechenden Männern drängelte sich durch die Menge. Dann kam im Gewühl ein Polizist an Harriet vorbei.
    «Gibt es vom Palast etwas Neues?» fragte sie ihn.
    «Wir warten noch auf die Bekanntmachung», antwortete er und war schon weg.
    In der Menge am Tor rührte sich etwas. Peter kam zu ihr zurück. «Da steht: ‹Das Leben Seiner Majestät geht einem friedvollen Ende entgegen›», sagte er.
    «Möchtest du hier abwarten?» fragte sie ihn.
    «Nicht nötig», antwortete er und nahm ihren Arm. Sie gingen stumm St. James's Street hoch, traten von einem Lichtkegel der Straßenlaternen in den nächsten, überquerten Piccadilly und waren in Mayfair. Als sie zum Audley Square einbogen, sagte er: «Eigenartig, wie sich die Leute draußen auf der Straße versammeln, um dem Schauspiel möglichst nah zu sein.»
    «Wie der Chor in einer griechischen Tragödie», meinte sie. «Vielleicht ist das der Grund, warum uns der griechische Chor so völlig natürlich vorkommt – die Menschen haben sich eben immer so versammelt …»
    «Wenn eine neue Zeit anbricht», sagte er und schloß die Tür auf.

    Auszug aus dem Tagebuch von Honoria Lucasta, Herzoginwitwe von Denver:

    21. Januar
    War noch spät auf, um im Radio die letzten Neuigkeiten von unserem armen König zu hören. Nichts Neues in den Bekanntmachungen, aber Franklin kam von ihrem freien Abend heim und sagte, daß die Straßen voll von Menschen sind, die einfach nur draußen herumlaufen. Später aufgewacht, weil vor dem Fenster ein Geschrei war. Auf der kleinen Uhr an meinem Bett war es drei Uhr morgens. Ein Zeitungsjunge rief marktschreierisch:
    « Der König stirbt! Lesen Sie selbst – Der König ist tot! »
    Habe gleich das Fenster aufgemacht, damit er mir eine Zeitung bringt, aber da sah ich schon Franklin im Morgenmantel hinter ihm herrennen. Haben dann zusammen Kakao getrunken und die Titelgeschichte gelesen – alles mit Trauerrand gedruckt. Kann mich noch so gut an ihn erinnern, wie er ein kleiner Junge war, in seinem Matrosenanzug in Windsor, wo ich mit ihm spielen sollte. Weiß noch, wie schwierig es war, ihn beim Federball gewinnen zu lassen. Als ob es gestern gewesen wäre. Beim Einschlafen noch ein bißchen geweint, nicht um den alten König in Amt und Würden, sondern um den kleinen Jungen. So etwas Dummes! Aber manchmal kann ich eben nicht anders …

3
    Ach, Frau Corney, welche Aussichten! Was für eine schöne Gelegenheit, zwei Herzen und Haushaltun gen zu vereinigen!

    CHARLES DICKENS

    Die Ehe ist eine polizeilich anerkannte Freundschaft.

    ROBERT LOUIS STEVENSON

    Obwohl Harriet mit dem für Akademiker typischen trügerischen Hang zum Understatement eigentlich dazu neigte, ihren Anteil an der Führung des Hauses als unerheblich abzutun, wurde sie allmählich doch der Tatsache gewahr, daß das hiesige häusliche Leben seine Tücken hatte. Da war zum Beispiel diese delikate Affäre um Immanuel Griffin, den Lakaien. Man hatte beschlossen, auch zu seinem eigenen Besten, ihn «William» zu rufen. Nun hatten aber einige Freunde, die sich für Politik interessierten, ihn davon überzeugt, diese Verfahrensweise als Manifestation der Tyrannei durch die Upperclass anzusehen. In der Folge hatte er begonnen, sich daran zu stören, und war Meredith gegenüber ausfallend geworden. Nachdem diese Angelegenheit durch eine Entschuldigung seinerseits beim Butler sowie die einvernehmliche Wiedereinführung seines Taufnamens bereinigt worden war, entspann sich neuerlich Ärger, diesmal zwischen ihm und dem Chauffeur, Alfred Farley. Farley, so beklagte sich Immanuel, habe den Wagen vorgefahren und «sitzt drinne und summt immer ‹Wir singen dir, Immanuel› vor sich hin». Währenddessen sei er selbst quasi bewegungsunfähig zum Zuhören verdammt gewesen, weil er in Erfüllung seiner Pflicht für die Herrschaft Decken

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