Untitled
bereithielt, und sei nicht in der Lage gewesen, seinem Groll angemessen Ausdruck zu verleihen. Der Streit kulminierte, als Peter in einer Familiensache gerade nach Denver abberufen worden war. Nun mit der Bürde der Verantwortung allein gelassen, schlug Harriet vor, die Geschichte in Ehren im Kesselhaus zu regeln. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: ein blaues Auge, eine aufgeschlagene Lippe und Immanuels spontane Entscheidung, fortan im alltäglichen Gebrauch den Namen Thomas zu führen.
Außerdem gab es da noch Harriets Zofe, eine völlig neue Erfahrung, der sich Harriet nur mit zaghaftem Widerwillen näherte. Auf eine von Natur aus unordentliche Persönlichkeit mit der tief verwurzelten Neigung zu unduldsamer Selbständigkeit mußte allein der Gedanke an eine ausgebildete Zofe einschüchternd wirken. Nicht einmal die findige Herzoginwitwe wußte sich mehr Rat. Es war Peter, der aus einem unerwarteten Winkel seiner weitschweifigen Kontakte schließlich Juliet Mango hervorgezaubert hatte. Sie war die Tochter einer Kinoplatzanweiserin und hatte die wenig erstrebenswerte Aufmerksamkeit der Behörden dadurch auf sich gezogen, daß sie von Zeitungsständen Illustrierte stibitzte. Davon abgesehen wiesen ihr Sündenregister und ihr Charakter keine weiteren Verfehlungen auf. Ihre Diebstähle beschränkten sich auf Zeitschriften, und wie eine nähere Untersuchung ergab, war ihr einziges Motiv für diese Fehltritte, daß sie sich gerne selbst in diese fremde Welt der Reichen und Schönen hineinphantasierte, deren Garderoben, Interieurs und Aktivitäten die Seiten von Vogue und Country Life zierten. Auf das Thema Kino angesprochen, das als Sublimierung derartiger Gelüste weit öfter herhält, beklagte sie, die Leute seien «meistens völlig falsch angezogen, und wer wirklich eine große Nummer ist, macht solche Fehler nicht».
Peter, der die Auffassung vertrat, wer einen solchen Sinn für die feinen Unterschiede habe, müsse auch unterstützt werden, hatte sich mit dem Bewährungshelfer beraten und ihr eine Stelle bei einer Schneiderin verschafft, wo sie sich sehr gut ge macht hatte. Im September, als er sich verlobt hatte, seine Mutter mit ihrem Latein am Ende war und sich seine Braut in einem Zustand unterdrückter Panik befand, hatte er Miss Mango dann ausfindig gemacht und sie auf Probe nach Hause bestellt. Nachdem das Vorstellungsgespräch zur allgemeinen Zufriedenheit verlaufen war, hatte er ihre Entlassung aus der Schneiderwerkstatt erreicht und sie dazu verdonnert, die Kunst des Frisierens zu lernen, und so war sie nun hier am Audley Square, bewaffnet mit einer ganzen Bibliothek von Benimmbüchern und den gesammelten Werken von Mr. P. G. Wodehouse, den sie, nicht zu Unrecht, mit großem Ernst als unfehlbare Autorität auf dem Feld der Lebensart der oberen Zehntausend und ihres Personals ansah. Wie d'Artagnan hatte sie zwar keine Berufserfahrung, aber überaus gefestigte Vorstellungen von ihrem Arbeitsfeld; wie eine Universitätsgelehrte war sie imstande, aus einem gedruckten Text zügig Informationen herauszufiltern; kurz gesagt, sie war von einem Schlag, mit dem Harriet umzugehen verstand.
Was Miss Mango selbst anging, so wartete auf sie das aufregende Erlebnis, ihre Träume wahr werden zu sehen. Sie nahm es peinlich genau mit den Regeln des Anstands, und daß man sie mit ihrem Nachnamen anredete, verschaffte ihr einen besonderen Schauder der Befriedigung. Ihre strenge Aufmachung und die Züchtigkeit ihrer Manieren ließen Mrs. Trapp herausgeputzt und Bunter exaltiert erscheinen. Wenn sie ihren freien Tag hatte, ging sie ins Theater oder ins Kino, wo sie sich Verstöße gegen Protokoll und Etikette notierte, um anschließend die Produzenten brieflich abzukanzeln. Sie schien Peter als ein fleischgewordenes Lichtspiel anzusehen, das wundersamerweise bis ins Detail fehlerfrei inszeniert worden war, und ließ ihm dementsprechend die ergebenste Bewunderung zuteil werden. Ihre Ehrfurcht vor Bunter als seinem Produzenten, wenngleich tief empfunden, war von einer Spur Rivalität getrübt. Sie war so versessen darauf, ihre Darbietung mit der seinen zu messen, daß Harriet sich schon aus Anstand zur Kooperation verpflichtet fühlte und ein bis dato ungewohntes Interesse an Kleidern entwickelte.
Wer einem Hause vorstand, stieß jedoch nicht nur auf Probleme, sondern auch auf Unergründliches. Meredith, so schien es, war aufgrund seines Lebensalters für das Putzen des Silbers zuständig, wohingegen Mrs. Trapp
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