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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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eigenhändig das SèvresService abwusch. Lediglich das niedere Geschirr oblag der Verantwortung des Küchenmädchens. Harriet bemühte sich mit der Neugier einer Anthropologin – denn ganz gewiß war sie von einem anderen Stamm –, solcherlei Überlieferungen des Hauses zu studieren, nur um sich eines Tages verdutzt mit Bunter konfrontiert zu sehen, der das Paar silberner Kerzenhalter von strenger Schönheit polierte, das den Wandtisch in der Bibliothek schmückte.
    «Warum kümmert sich nicht Meredith darum?» fragte sie.
    «Seine Lordschaft hängt sehr an ihnen, Mylady», sagte Bunter und hielt in seiner Aufgabe inne. «Sie sind in seinem Besitz, glaube ich, seit sein Vater sie ihm schenkte, damit sie in seinen Räumen im Balliol-College Licht spendeten. Paul de Lamerie hat sie gemacht, Mylady, ein Londoner Silberschmied, um 1750. Es war stets meine Aufgabe, sie zu putzen.»
    Neben diesem Pfandrecht auf zwei Kerzenhalter bot auch der Hausherr selbst noch ein Feld für mancherlei Entdeckungen. Seine Frau hatte bereits bemerkt, daß er im Leben noch andere Interessen als Kricket, Verbrechen und alte Bücher hatte. Sie sah nun, wie diese Interessen in der Praxis die Form von Besprechungen mit dem Immobilienverwalter annahmen, die im Durchschnitt zwei Vormittage in der Woche belegten. Der Verwalter hatte sein Büro vor den Toren von Nordlondon, in einem sich rasch entwickelnden Bezirk. Wie es schien, besaß Peter dort nicht nur den gesamten Grund und Boden, sondern auch den größten Teil der Gebäude, so daß auch Architekten und Bauunternehmer für ihn arbeiteten. Mr. Simcox, der Ver walter, eilte pausenlos geschäftig hin und her und belieferte ihn mit Gutachten, Geschäftsbriefen und Entwürfen. Harriet bemerkte fasziniert, daß Peter sich selbst den kleinsten Details mit unendlicher Sorgfalt widmete – als ob er peinlich darum bemüht war, Behauptungen zu widerlegen, daß sein Reichtum und sein Titel ihn von der Alltagswelt und den gewöhnlichen Sorgen der einfachen Leute entfernten. Und in ästhetischer Hinsicht war er unbarmherzig, so daß sich die WimseySiedlung durch den geräumigen Komfort ihrer Pubs, die außergewöhnliche Pracht der Küchenspülen, sowie des Eigentümers erbittertes Veto gegen Bungalows, verzinktes Eisen und Tudorfachwerk-Imitat auszeichnete.
    Es gab bei Peter auch persönliche Eigenarten, auf die man achten mußte. Seine sportliche Kondition hatte Harriet manchmal verblüfft. Obwohl er, wenn es die Situation erforderte, sowohl reiten, schwimmen als auch Kricket spielen konnte, trug er keines der augenfälligen Stigmata des übermäßig Sportbegeisterten. Gleichwohl war er offensichtlich in erstklassiger Form und, von einem gelegentlich auftretenden nervlich bedingten Kopfschmerz abgesehen, so gut wie nie krank. Eine Lösung dieses Rätsels bot sich in Form von Monsieur d'Ambroise und Mr. Matsu. Harriet zog die Geisteshaltung von Monsieur d'Ambroise vor, trotz seiner öden und kaum glaubhaften Anekdoten, die darauf zielten, seine Abstammung vom großen Bussy zu belegen. Er behandelte Peter mit dem nötigen Respekt und beglückwünschte ihn zu seiner meisterlichen Beherrschung der Fechtkunst. Mr. Matsu aber, ein drahtiger Japaner, der seinem Schüler kaum bis zur Schulter reichte, war wortkarg und ging mit Lob äußerst sparsam um. Sie war immer davon ausgegangen, daß Peter die Kunst des Jiu-Jitsu vollendet beherrschte, doch nun sah sie, wie Mr. Matsu ihn so mühelos herumwarf wie ein forsches Dienstmädchen ein plumpes Federbett. Mr. Matsu hatte Peter einige Monate lang nicht gesehen und gab vor, ihn nun im Sta dium des Verfalls vorzufinden. «Da kann man nichts machen, Matsu», sagte Peter, der sich unter den energischen Aufmerksamkeiten des Masseurs krümmte. «Ich werde auch nicht jünger, wissen Sie?»
    «Alter nicht Problem», antwortete Mr. Matsu schonungslos. «Problem zu viel Restaurant, zu viel Automobil, zu viel Ladyfrau.»
    «Der Teufel soll Sie holen», sagte Peter und drückte ihn in der nächsten Runde für fast sechs Sekunden auf die Matte.
    «Schon besser», sagte Mr. Matsu, als er sich befreit hatte, «aber bitte nicht Beherrschung verlieren, sehr nachteilig, wenn Beherrschung verlieren in Begegnung von langer Dauer.»
    Dann gab es noch eine Reihe von Fimmeln und Absurditäten bei Peter: die endlose Herumbummelei im Badezimmer, das ausgewachsene Lamento um einen Pickel oder einen nachlässig aufgerollten Regenschirm, die quälende und irrationale Schreckensvorstellung,

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