Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
gescheitert», versicherte Harriet. Sie stellte sich amüsiert Miss Hillyard im Anstandsunterricht vor, und Miss de Vine, wie sie sich Charme antrainierte.
    «O Gott, was ist das?» rief Lady Mary.
    Sie waren an einem Zeitungsstand vorbeigekommen. Die Schlagzeile lautete nicht mehr: «Schönheit aus der besseren Gesellschaft ermordet» oder «Schauspielerin verschwunden». Jetzt hieß es: «Hitlers Truppen besetzen das Rheinland. Grober Verstoß gegen den Versailler Vertrag».
    Harriet kaufte eine Zeitung. Die beiden Frauen versuchten, sie gleich zu lesen, aber der heftige Wind riß sie ihnen fast aus den Händen. Also faltete Harriet sie zusammen, um die Lektüre an einem windgeschützten Ort fortzusetzen. Die Parkers hatten ein schmuckes Wohnzimmer, in dem einige wenige Dinge offensichtlich dem Hause Wimsey entstammten – ein schönes niederländisches Seestück über dem Kamin und ein eleganter Louis-Quinze-Sekretär –, sie wirkten so, als wenn es sie aus einer anderen Welt hierherverschlagen hätte. Die zwei Frauen breiteten die Zeitung auf dem Couchtisch aus und begannen, die Köpfe zusammengesteckt, zu lesen.
    « Im Stechschritt marschierten deutsche Truppen gestern im Morgengrauen ins Rheinland ein, sieben Stunden bevor Hitler im Reichstag bekanntgab, daß er die Wiederbesetzung der Entmilitarisierten Zone befohlen habe, und die Verträge von Versailles und Locarno für ungültig erklärte …»
    «Es wird wieder Krieg geben», sagte Lady Mary. «Wir müssen den Mann aufhalten.»
    «Ich weiß nicht, wie. Das Land besteht zur Hälfte aus Pazifi
    sten», gab Harriet zu bedenken. «Und viele Leute werden sagen, wir waren in Versailles Deutschland gegenüber zu hart, er holt sich doch bloß seinen eigenen Hinterhof zurück. Sollten wir die Angelegenheit nicht einfach dem Völkerbund überlassen?»
    «Und gar nichts tun?»
    «Darauf läuft es dann wohl hinaus, nicht wahr? Der Völkerbund hat Mussolini nicht aufgehalten oder Abessinien geholfen.»
    «Zumindest», sagte Lady Mary überraschenderweise, «sollte das den Leuten jetzt verdeutlichen, daß es die Rechten sind, vor denen sie sich zu fürchten haben, und nicht die Linken.»
    «Das Klügste wird wohl sein, beide zu fürchten», meinte Harriet.
    «Ich habe eine Zeitlang für die Kommunisten gearbeitet», sagte Lady Mary. «Da gibt es niemand, vor dem man sich fürchten müßte, es sei denn, man gehört zu den ganz großen Geldsäcken. Ich finde es widerlich, wie die Hautevolee ständig über die ‹Bolschewisten› herzieht, während Mussolini und Hitler es sehr viel schlimmer treiben. Die haben doch bloß Angst um ihre verdammten Bankguthaben. Ich hasse es, wenn Leute durch geerbtes Geld reich werden, es macht sie dumm.»
    «Peters Hirn scheint es aber nicht angegriffen zu haben, oder?» gab Harriet zu bedenken.
    «Ich rede nicht von Peter, sondern von Gerald. Das meiste von Peters Geld ist ja nicht geerbt, wußtest du das nicht? Peter bekam seinen Anteil und hat ihn seither aus eigener Kraft wieder und wieder vervielfacht.»
    «Macht ihn denn das dann aber nicht zu einem ganz besonders schlimmen Kapitalisten?»
    «Ach, ich weiß es nicht, Harriet. Es ist alles so kompliziert. Man denkt natürlich, was für eine Ungeheuerlichkeit es ist, das Haus voller Dienstboten zu haben, während es oben im Norden Menschen gibt, die in den Städten hungern und barfuß herumlaufen. Und dann denkt man sich, na ja, meine Dienstboten haben wenigstens Schuhe an den Füßen und einen Job. Aber was die Leute angeht, die herumlaufen und Stimmung für die Falangisten machen oder für die Cagoulards … Es gibt ja sogar welche, die vor Hitler kriechen wollen. Und dabei ist er ein so vulgärer Bösewicht!»
    «Wen meinst du denn damit, Mary?»
    «Ich meine Oswald Mosley und diese dämliche Unity Mitford», erklärte Mary.
    «Vielleicht hast du recht. Ich weiß nichts weiter über die beiden. Aber ich weiß, die Welt wird in zwei Teile zerfallen, und dann gnade Gott denen, die dazwischen stehen», sagte Harriet düster. «Bist du immer noch Kommunistin, Mary?»
    «O nein, nicht wirklich. Aber es ist so eine schöne Idee. Wenn man es sich einmal überlegt, ist es wie die Apostelgeschichte. Es geht mir nicht um die Russen, es sind die Prinzipien, die mich faszinieren.»
    «Peter hat einmal gesagt, das erste, was Prinzipien tun, ist, Leute umzubringen», bemerkte Harriet.
    Während ihrer Unterhaltung war ein lauter Streit zwischen den Kindern losgebrochen, und Mary wandte sich

Weitere Kostenlose Bücher