Untitled
schnell ihrer Jüngsten zu, um das umstrittene Spielzeug zu beschlagnahmen. «Zumindest in diesem Haus wird ordentlich geteilt», verkündete sie. «Entweder jeder darf das Gewehr einmal haben, oder keiner von euch bekommt es.»
«Ja, wenn es nur überall so wäre, Mary», sagte Harriet.
In diesem Moment fiel die Eingangstür hinter Charles ins Schloß.
«Du bist aber früh da, Charles!» rief Lady Mary. «Das ist schön. Und schau einmal, wer gekommen ist.»
«Harriet!» Er kam auf sie zu und nahm ihre Hand in seine beiden Hände. «Ich bin sehr froh, dich hier zu sehen. Bleibst du zum Abendessen? Ich habe heute versucht, Peter zu erreichen, und man hat mir gesagt, er sei verreist.»
«Ohne Vorwarnung werde ich nicht zum Abendessen bleiben», sagte Harriet. «Vielleicht gibt es heute Koteletts, für jeden eins. Aber ich würde mich freuen, wenn wir uns später einmal dafür verabreden, und dann mit Peter.»
«Wenn er zurückkommt», sagte Charles, «kannst du ihm bitte sagen, ich würde ihn gerne sprechen? Wir haben Mr. Warrens Erpresser gefunden.»
Keiler und das Wiesel waren nach der Beschreibung von Mr. Warren auf Anhieb identifiziert worden. Die Gefängnisverwaltung war so freundlich gewesen, die Pseudonyme um die richtigen Namen zu ergänzen, und es waren Steckbriefe verteilt worden. Ein wachsamer Bobby hatte die beiden Männer in Croydon entdeckt, als er zu einem Pub gerufen wurde, um eine Schlägerei zu beenden. Es handelte sich um zwei alte, der Polizei gut bekannte Knastbrüder, und Charles rechnete mit einer hartnäckigen Weigerung zu kooperieren. Er war auch darauf gefaßt, daß sie jene aggressive Wahrung ihrer Rechte an den Tag legen würden, die üblicherweise diejenigen auszeichnet, die lange Jahre sozusagen beruflich mit der Polizei zu tun gehabt haben.
Aber als es nun zu einer Begegnung kam, war sein erster Eindruck der, daß die Schurken gänzlich eingeschüchtert waren. Charles hatte nur einen Blick auf Keilers Bulldoggengesicht und seinen dumpfen Blick geworfen und sich entschlossen, die beiden zusammen zu vernehmen. Wenn nicht gar vollkommen beschränkt, so war Keiler doch offensichtlich keine Leuchte. Das Wiesel dagegen war eine gerissene Stadtratte, die sich mit geringfügigen Vergehen über Wasser hielt. Ihrer Spitznamen entledigt, waren sie nun Brown respektive Pettifer.
«Soviel ich weiß, hat man Sie bereits auf ihre Rechte hingewiesen?» begann Charles das Verhör.
«Jawohl, Sir.»
«Ihnen ist klar, daß es sich hier um eine ernste Angelegenheit handelt. Eine Frau ist ermordet worden, und wir haben Grund zu der Annahme, daß Sie beide ihr mit schwerer Körperverletzung gedroht haben. Es sieht ganz schön übel für euch aus, Jungs.»
«Die Erpressung geht auf unser Konto, das stimmt, aber angerührt haben wir die Lady nicht», sagte das Wiesel. Er schien wahrlich zu zittern und klammerte sich am Tisch fest, um seine Hände ruhigzuhalten.
«Also gut, von Anfang an. Ist es richtig, daß Sie Mr. Warren im Gefängnis kennengelernt haben?»
«Jawohl, Sir. Das war kein Ort für den armen Kerl. Der konnte ja gar nicht auf sich selber aufpassen, Inspector, wie 'n Baby in Windeln. In einer Tour hat er was abgekriegt. Tierquälerei nenn ich das, so einen hilflosen Depp zu dem Gesindel unter Seiner Majestät Obhut zu stecken.»
«Wollen Sie sagen, Warren ist in der Haft mißhandelt worden?»
«Na und ob, ganz übel war das», sagte das Wiesel. «Die Kippen haben sie ihm geklaut und sich über ihn lustig gemacht, sobald er den Mund aufgemacht hat, wegen seinem großtuerischen Akzent, und sein Essen vollgesaut, na, Sie wissen ja, wie das da läuft, Inspector. Also hat er uns leid getan, Keiler und mir. Das heißt, mir tat er leid, und Keiler hat ein paar von den Rüpeln gegen 'ne Wand geschmissen, nur so, damit sie ihn in Ruhe lassen.»
«Und nachdem Sie sich zu seinen Beschützern aufgeschwungen hatten, kam Ihnen die Idee einer freundlichen kleinen Erpressung», stellte Charles fest.
«Am Anfang noch nicht. Aber dann hat er sich dauernd an uns rangehängt, was man ihm ja auch nicht übelnehmen konnte, schließlich gab es Leute, die haben versucht, ihn abzupassen, sobald Keiler mal woanders hingeguckt hat. Aber wir mußten uns dann bis zum Erbrechen sein endloses Gequatsche anhören, von wegen, wie wundervoll seine blöde Tochter ist. Seine Tochter hier, seine Tochter da – da hätte selbst ein Heiliger das Kotzen von gekriegt. Sie haben ihm wohl noch nie zuhören müssen, was,
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