Untitled
Cavalierre drehte sich auf dem Beifahrersitz zu mir um. »Die First Union, die Chase, die First Virginia und die Citibank sind inzwischen alle mit uns verbunden. Es war ihre Entscheidung – wir haben keinen Druck auf sie ausgeübt. Außerdem hatten wir mehrere Dutzend Agenten in die Gegend in und um Washington beordert, um einsatzbereit zu sein, sobald wieder eine Bank überfallen würde. Bei der Zweigstelle in Rosslyn waren wir in weniger als zehn Minuten. Trotzdem sind die Täter uns entwischt.«
»Hast du die Polizei in Rosslyn schon angerufen, Kyle?«, fragte ich.
Kyle nickte. »Wir haben angerufen, Alex. Wir wollen niemandem auf die Zehen treten, wenn es nicht nötig ist. Sie sind schon auf dem Weg zur Zweigstelle.«
Ich schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. »Aber nicht zum Haus des Direktors.«
»Wir wollen das Haus zuerst selbst in Augenschein nehmen«, antwortete Agentin Cavalierre anstelle von Kyle. »Die Mörder machen keine Fehler. Wir dürfen uns ebenfalls keine leisten.« Sie war kurz angebunden, beinahe schroff zu mir. Mir missfiel ihr Tonfall, aber ihr schien es egal zu sein, was ich dachte.
»Rosslyn hat eine sehr gute Polizeieinheit«, erklärte ich ihr. »Ich habe früher schon mit den Leuten zusammengearbeitet. Sie auch?« Ich hatte das Gefühl, die Menschen, die ich kannte und respektierte, ihr gegenüber verteidigen zu müssen.
Kyle seufzte. »Weißt du, alles hängt davon ab, wer als Erster reagiert. Das ist das Problem. Betsey hat Recht, wir dürfen uns keine Fehler leisten. Die Verbrecher machen auch keine.«
Wir bogen in die High Street in Rosslyn ein. Die Gegend wirkte friedlich und heiter: schöne gepflegte Rasenflächen,
Doppelgaragen, große Häuser, alte und neue.
Sie bringen immer jemanden um, dachte ich unwillkürlich. Eine Familie haben sie schon auf dem Gewissen.
Wir parkten vor einer beeindruckenden Villa im Kolonialstil; auf dem hellgelben Briefkasten stand eine große rote Zahl: 315. Hinter uns hielt eine weitere dunkle Limousine – weitere Agenten. Je mehr, desto angsteinflößender.
»Die Räuber sind wahrscheinlich über alle Berge«, sagte Kyle ins Walkie-Talkie. »Aber denkt daran – man kann nie wissen! Diese Kerle sind Mörder. Und sie scheinen es zu genießen.«
M an kann nie wissen, dachte ich. Wie zutreffend und furchteinflößend das bisweilen sein konnte.
War es ein Teil dessen, was mich bei meiner Arbeit nicht losließ? Der Adrenalinstoß, dem nichts gleichkam, das ich je erlebt hatte? Die Ungewissheit jedes neuen Falles? Der Nervenkitzel der Jagd? Eine dunkle Seite von mir? Was war es? Dass gelegentlich das Gute über das Böse siegte? Und oft das Böse über das Gute?
Ich zog die Glock aus dem Holster und bemühte mich, einen klaren Kopf zu bekommen und alle störenden Gedanken zu verbannen, sodass meine Reaktionsschnelligkeit und meine Reflexe in den nächsten Sekunden nicht beeinträchtigt sein würden. Kyle, Betsey Cavalierre und ich liefen zur Vordertür. Wir hielten unsere Waffen schussbereit. Alle wirkten gefasst, wie Profis, aber auch nervös.
Man kann nie wissen.
Von außen war das Haus totenstill. Irgendwo in der Nähe bellte ein Hund. Ein Baby weinte. Das Weinen kam aber nicht aus dem Haus des Bankdirektors.
Bei den ersten beiden Banküberfällen war jemand gestorben. Das war bis jetzt das einzig erkennbare Muster. Ein Ritual des Mörders? Seine Warnung? Handelte es sich um einen Bankräuber, der stets mordete? Oder umgekehrt? Was, in Gottes Namen, lief hier ab?
»Ich gehe als Erster rein«, sagte ich zu Kyle. Ich bat ihn nicht um Erlaubnis. »Wir sind in Washington. Jedenfalls in der Nähe.«
Kyle verzichtete darauf, mit mir zu streiten. Agentin Cavalierre schwieg. Ihre dunklen Augen studierten mein Gesicht. Ob sie schon mal in vorderster Linie gewesen ist?, fragte ich mich. Was fühlte sie jetzt, in diesem Moment? Hatte sie je ihre Waffe benutzt?
Die Haustür war nicht verschlossen. Sie hatten sie offen gelassen. Mit Absicht? Oder weil sie überstürzt geflohen waren?
Ich ging hinein. Schnell, lautlos. Ich hoffte das Beste, rechnete aber mit dem Schlimmsten. Eingangsflur, Wohnzimmer und Küche waren dunkel, abgesehen vom Schein einer blinkenden Digitaluhr am Herd. Das einzige Geräusch war das Summen des Kühlschranks.
Agentin Cavalierre gab uns ein Handzeichen, dass wir drei uns aufteilen sollten. Im Haus war nicht einmal ein Flüstern zu hören. Das war gar nicht gut. Wo war die Familie?
Ich schlich geduckt zur
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