Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Schuldgefühl, Verfolgungswahn und Pflichtbewusstsein zerrten furchtbar an mir. Diese Furien hatten mich gejagt, erwischt und hielten mich nun gnadenlos fest wie in einem Schraubstock. Die Familie des Bankdirektors war in Sicherheit. Was war mit meiner?
    Ich wurde mit dem Schwesternzimmer auf Jannies Etage verbunden und sprach mit Schwester Julietta Newton, die manchmal bei Jannie ins Zimmer geschaut hatte, wenn ich sie besuchte. Julietta erinnerte mich an eine alte Freundin, Nina Childs, eine Krankenschwester, die vor einem Jahr gestorben war.
    »Hier Alex Cross. Tut mir Leid, Sie zu stören, Julietta, aber ich versuche, meine Großmutter zu erreichen. Oder meine Tochter Jannie.«
    »Nana ist im Moment nicht auf der Station«, erklärte mir die Schwester. »Jannie ist gerade für eine Kernspintomographie nach unten gefahren worden. Es war ein Termin frei, und Dr. Petito wollte, dass Jannie ihn wahrnimmt. Ihre Großmutter begleitet sie.«
    »Ich bin schon unterwegs. Ist bei Jannie alles in Ordnung?«
    Die Schwester zögerte, ehe sie antwortete. »Sie hatte einen weiteren Anfall, Detective. Aber jetzt ist ihr Zustand stabil.«
    Ich raste von Rosslyn zurück zum Krankenhaus und schaffte es in knapp fünfzehn Minuten. Ich stürmte zur Station B-1 hinunter und gelangte zu einer Abteilung, an der DIAGNOSTISCHE UNTERSUCHUNGEN stand. Es war spät, kurz vor zweiundzwanzig Uhr. Am Empfang war niemand, deshalb eilte ich weiter und rannte einen hellblauen Korridor hinunter, der um diese späte Stunde unheimlich wirkte und böse Ahnungen heraufbeschwor.
    Als ich mich dem Raum mit dem Schild KERNSPINTOMOGRAPHIE näherte, tauchte aus einer Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors ein medizinisch-technischer Assistent auf. Er erschreckte mich, denn in meinen Gedanken war ich bei meiner Sorge um Jannie.
    »Kann ich Ihnen helfen? Dürfen Sie sich überhaupt hier aufhalten, Sir?«
    »Ich bin Jannie Cross' Vater, Detective Alex Cross. Bei meiner Tochter wird gerade eine Kernspintomographie vorgenommen. Jannie hatte heute Abend wieder einen Anfall.«
    Der Mann nickte. »Sie ist hier. Ich zeige Ihnen den Weg. Ich glaube, sie hat schon die Hälfte der Untersuchung geschafft. Unser letzter Patient heute Abend.«
     
    D er MTA führte mich zum Kernspinlabor, wo Nana Wache hielt. Sie bemühte sich, äußerlich ruhig zu wirken und ihre gewohnte Selbstbeherrschung zu zeigen. Diesmal jedoch funktionierte es nicht. Ich sah die Furcht in ihren Augen – aber vielleicht war das auch eine Projektion meiner eigenen Gefühle.
    Ich schaute zum Kernspintomographen hinüber. Wirklich das neueste Modell. Es war offener und weniger einengend als die Apparate, die ich bisher gesehen hatte. Ich hatte selbst zweimal in der Röhre gesteckt und kannte den Vorgang. Jannie lag im Innern flach auf dem Rücken. Sandsäcke hielten ihren Kopf auf beiden Seiten fest. Das Bild der kleinen Jannie, allein und reglos in diesem eindrucksvollen Apparat, machte mir Sorgen. Ebenso wie ihr dritter Anfall in zwei Tagen.
    »Kann sie uns hören?«, fragte ich.
    Nana hielt die Hände trichterförmig an die Ohren. »Sie hört
    da drinnen Musik. Aber du kannst ihre Hand halten, Alex. Die Berührung erkennt sie bestimmt.«
    Ich nahm Jannies Hand und drückte sie leicht. Sie erwiderte den Druck. Sie wusste, dass ich es war.
    »Was ist passiert, während ich weg war?«, fragte ich Nana.
    »Wir hatten Glück, wirklich ein Riesenglück«, sagte sie. »Dr. Petito kam bei der Visite herein. Er unterhielt sich gerade mit Jannie, als sie einen Grand-mal-Anfall bekam. Daraufhin ordnete er die Kernspintomographie an, und sie hatten gerade einen Platz frei. Ehrlich gesagt, sind sie für Jannie länger geblieben.«
    Ich setzte mich, weil mir die Beine versagten. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen, und er war noch nicht vorüber. Mein Herz raste immer noch, ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Und dem Rest meines Körpers ging es nicht viel besser.
    »Mach dir bloß keine Vorwürfe«, sagte Nana. »Wie ich schon sagte – wir hatten Riesenglück. Der beste Arzt des Krankenhauses war gerade in Jannies Zimmer.«
    »Ich mache niemandem Vorwürfe«, sagte ich, aber das stimmte nicht.
    Nana runzelte die Stirn. »Wenn du während des Anfalls bei ihr gewesen wärst, wäre sie jetzt trotzdem in dieser Röhre. Und falls du denkst, es könnte das Boxen gewesen sein – Dr. Petito hat gesagt, dass es wohl kaum in Frage kommt. Die Schlagwirkung war im Grunde minimal, hat er

Weitere Kostenlose Bücher