Untitled
abfahren und hielt planmäßig am Kennedy Center, dem Weißen Haus, dem Lincoln Memorial, dem Vietnam Memorial, dem Smithsonian und anderen beliebten Sehenswürdigkeiten in Washington. Das Busunternehmen nannte sich »Washington On Wheels«. Die Fahrgäste waren Mitarbeiter der MetroHartfordVersicherungsgruppe.
Sechzehn Frauen und zwei Kinder saßen im Bus, als der Fahrer, Joseph Denyeau, gegen neun Uhr vierzig die Tür schloss. »Alle an Bord – bereit für mehrere Museen, historische Schauplätze und Lunch? «, sagte der Fahrer ins Mikrofon.
Eine Firmenmitarbeiterin namens Mary Jordan, die vorn saß, stand auf und wandte sich an die Gruppe. Jordan war Anfang dreißig, attraktiv, liebenswert und fleißig. Zu den wichtigen Damen im Bus war sie höflich, ohne schmeichlerisch oder gar unterwürfig zu sein. Bei der MetroHartford hatte man ihr den Spitznamen »Fröhliche Mary« gegeben.
»Sie alle kennen die Programmpunkte, die heute Vormittag anstehen«, sagte sie. Dann lächelte sie strahlend. »Aber vielleicht sollten wir das alles vergessen und einen lüpfen gehen. Kleiner Scherz«, fügte sie schnell hinzu.
»He, das hört sich gut an, Mary«, sagte eine Dame. »Lassen Sie uns in eine richtige Bar gehen. Wohin geht Teddy Kennedy, um seinen Aufwachtrunk zu nehmen?«
Der Bus fuhr langsam die Hotelauffahrt hinunter und dann auf die Connecticut Avenue. Wenige Minuten später bog er auf die Oliver Street ein, die durch eine Wohngegend führte. Es war eine Abkürzung, die Busfahrer oft vom Mayflower aus nahmen.
Aus einer Einfahrt, ungefähr eine halbe Querstraße weiter, schob sich rückwärts ein dunkelblauer Chevy-Kombi. Offenbar sah der Fahrer den Bus nicht – aber der sah den Chevrolet. Er bremste weich und hielt mitten auf der Straße.
Der Chevy-Fahrer bremste nicht einmal, als der Busfahrer hupte. Denyeau sagte sich, dass der Mann es offenbar satt hatte, dass die vielen Laster und Busse diese Seitenstraße als Abkürzung benutzten. Welchen anderen Grund konnte es geben, dass der Kerl jetzt einfach dasaß und ihn wütend anstarrte.
Plötzlich tauchten zwei maskierte Männer hinter einer hohen Hecke auf. Der eine stellte sich direkt vor den Bus, der andere stieß knapp eine Handbreit vor dem Kopf des Busfahrers eine Pistole durchs offene Fenster.
»Mach die Tür auf oder du bist tot, Joseph«, brüllte er den Fahrer an. »Keinem passiert was, wenn du artig bist. Du hast drei Sekunden, den Befehl zu befolgen. Eins …«
»Es ist offen, es ist offen«, rief Denyeau mit schriller, verängstigter Stimme. »Bleiben Sie ruhig.«
Mehrere Damen hielten mitten im Gespräch inne und schauten nach vorn. Mary Jordan rutschte hinter die Lehne des Fahrers. Sie saß allein. Sie konnte den Mann mit der Waffe sehen. Er zwinkerte ihr zu.
»Tun Sie, was er sagt, Joe«, flüsterte Mary Jordan. »Spielen Sie nicht den Helden.«
»Keine Angst. Der Gedanke ist mir nicht eine Sekunde lang gekommen.«
Schnell stieg der bewaffnete maskierte Mann in den Bus. Er zielte mit einer automatischen Walther auf die Fahrgäste. Einige begannen zu schreien.
»Das ist eine Geiselnahme!«, rief der Maskierte. »Uns geht es nur darum, von der MetroHartford Geld zu bekommen. Ich verspreche Ihnen, niemand wird verletzt. Ich habe Kinder, Sie
haben Kinder. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass alle Kinder uns morgen früh Wiedersehen.«
I m Bus wurde es eigenartig still. Sogar die kleinen Kinder gaben keinen Laut von sich.
Brian Macdougall beherrschte die Situation und genoss es ungemein, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. »Es gibt ein paar Verhaltensmaßregeln. Erstens, keiner schreit. Zweitens, niemand weint, nicht mal die Kinder. Drittens, niemand ruft nach Hilfe. Ist bis jetzt alles klar? Alles kapiert?«
Die Fahrgäste starrten mit offenem Mund auf den Mann mit der Pistole. Ein zweiter Mann war auf das Dach des Busses geklettert und wechselte das Nummernschild aus, anhand dessen die Polizei den Bus aus der Luft leicht identifizieren konnte.
»Ich hab gefragt, ob bis jetzt alles klar ist! «, brüllte Brian Macdougall.
Die Frauen und Kinder nickten und antworteten mit erstickten Stimmen.
»Nächster Punkt der Geschäftsordnung. Jeder, der ein Handy hat, gibt es nach vorn – sofort. Wie wir alle wissen, kann die Polizei Anrufe von Handys zurückverfolgen. Es ist nicht einfach, aber möglich. Jeder, der noch ein Handy bei sich hat, wenn wir eine Leibesvisitation durchführen, wird getötet. Das gilt auch für Kinder. So
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