Untitled
Nacht? In welcher Zeitzone sind wir eigentlich?« Für diesen Scherz erntete sie einige Lächeln. Wir waren vierzig Leute, eine Mischung aus Polizei und FBI, das allerdings eindeutig das Kommando bei diesen morgendlichen Razzien führte. Betsey teilte uns in Teams ein. Ich war in ihrer Gruppe.
Alle waren einsatzbereit und unglaublich aufgeputscht, als wir zu einem zweistöckigen Haus an der High Street in Massapequa fuhren. In diesem Vorort schien noch niemand auf zu sein. Ein Hund bellte in einem Garten in der Nähe. Tau glitzerte auf den gepflegten Rasenflächen ringsum. Hier, wo Detective Brian Macdougall mit seiner verprügelten Frau und der verbitterten, wütenden Tochter wohnte, schien es sich wirklich gut leben zu lassen.
Betsey sprach in ihr Handie-Talkie. Dafür, dass sie an vorderster Front war, wirkte sie extrem ruhig. »Sprechprobe.« Dann: »Team A, durch die Vordertür. Team B -Küche. Team C – Veranda. Team D ist die Nachhut. Jetzt los! Schnappt ihn euch!«
Auf Betseys Zeichen hin stürmten die Polizisten und FBIAgenten zum Haus und schwärmten aus. Betsey und ich schauten zu, da wir Team D waren, die Nachhut.
Team A war rasch und sauber ins Haus gelangt.
Dann auch Team B. Von der Stelle, wo wir parkten, konnten wir das dritte Team nicht sehen. Sie waren hinter dem Haus verschwunden.
Von drinnen drang Geschrei heraus. Dann hörten wir ein lautes Paff . Eindeutig ein Gewehrschuss.
»O Scheiße!« Betsey schaute entsetzt zu mir herüber. »Macdougall hat auf uns gewartet. Wie konnte das passieren, zum Teufel?«
Es folgten weitere Gewehrschüsse. Jemand schrie. Eine Frau kreischte und fluchte. War es Veronica Macdougalls Mutter?
Betsey und ich sprangen aus dem Auto und liefen zum Haus der Macdougalls, gingen aber noch nicht hinein. Ich dachte daran, dass vier weitere Wohnungen in Brooklyn jetzt ebenfalls gestürmt wurden. Ich hoffte, dass es dort nicht überall solchen Ärger gab wie hier.
»Meldet euch«, sagte Betsey in ihr Handie-Talkie. »Was geht da drinnen vor? Mike? Was ist schief gelaufen?«
»Rice ist ausgefallen. Ich bin vor dem Elternschlafzimmer im ersten Stock. Macdougall und Frau sind drinnen.«
»Wie geht es Rice?«, fragte Betsey sehr besorgt.
»Brustwunde. Er ist bei Bewusstsein. Aber die Wunde blutet stark. Rufen Sie sofort einen Krankenwagen. Macdougall hat auf ihn geschossen.«
Plötzlich ging im ersten Stock ein Fenster auf. Ich sah eine Gestalt auf das angebaute Garagendach springen und gebückt weiterlaufen.
Betsey und ich rannten auf den Mann zu. Ich erinnerte mich, dass sie an der Georgetown-Universität eine gute LacrosseSpielerin gewesen war. Sie war immer noch verdammt schnell.
»Er ist draußen ! Macdougall ist auf dem Garagendach«, meldete sie den anderen.
»Ich kriege ihn!«, sagte ich. Er lief auf dem Garagendach zu einer Ecke, wo eine Reihe Tannen stand. Ich konnte nicht sehen, was hinter den Bäumen war. Wahrscheinlich der nächste Garten, das nächste Haus.
»Macdougall!«, brüllte ich aus voller Brust. »Halt! Polizei! Bleiben Sie stehen, oder ich schieße!«
Er blickte nicht zurück, blieb nicht stehen, zögerte keine Sekunde. Macdougall sprang in die Tannen.
I ch rannte mit eingezogenem Kopf durchs Unterholz, das mir die Arme zerkratzte, bis sie bluteten. Brian Macdougall war in dem Nachbargarten noch nicht weit gekommen.
Ich lief ungefähr ein Dutzend Schritte hinter ihm, dann warf ich mich auf ihn. Ich zielte mit meiner rechten Schulter gegen seine Kniekehlen. Ich wollte Macdougall verletzen, möglichst schmerzhaft.
Er schlug hart zu Boden, war aber ebenso mit Adrenalin voll gepumpt wie ich. Er wand sich aus meinen Armen. Blitzschnell war er wieder auf den Beinen – ich jedoch auch. »Sie hätten unten bleiben sollen«, sagte ich. »Sie dürfen keine Fehler machen. Und aufzuspringen war ein Fehler.«
Ich verpasste Macdougall eine harte rechte Gerade. Das fühlte sich gut an. Sein Kopf schnellte fünfzehn Zentimeter zurück.
Ich tänzelte hin und her. Macdougall schlug einen wilden Haken, der mich weit verfehlte. Dafür landete ich wieder einen Treffer. Er knickte in den Knien ein, ging aber nicht zu Boden. Er war wirklich ein zäher Straßenbulle.
»Ich bin beeindruckt«, sagte ich, um ihn zu reizen. »Aber Sie hätten trotzdem unten bleiben sollen.«
»Alex!« Ich hörte Betseys Schrei, als sie durch den Garten lief.
Macdougall boxte ziemlich gut, aber seine Schläge waren zu vorhersehbar, sodass seine Faust nur meine Stirn
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